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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 1): Die Bildhauer — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4968#0022

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18

Die Uililhnuer.

mythologischen Ausbildung der Sage überall entgegentritt. Er ist ein wahrer
Odysseus in der Kunst., voll neuer Gedanken, sinnig im Erfinden, gewandt im
Ausführen, und jede Schwierigkeit scheint, weit entfernt ihm Verlegenheiten zu
bereiten, vielmehr stets von Neuem ihm die Veranlassung darzubieten. durch
Ueberwindung derselben zu überraschen und zu glänzen.

Natürlich hat diese ganze Gestaltung der Persönlichkeit für die Künstler-
geschichte keinen besonderen Werth. Denn wie schon bemerkt ist. die Person
gehört der Sage an. und die Thatsachen, die in ihr verkörpert erscheinen, liegen
weit aus einander, dem Räume wie der Zeit nach. Leider ist ihr keine weitere
Ausbildung zu Theil geworden. Stände Daedalos in einem Kreise von Künst-
lern . wie Odysseus in der Mitte einer Reihe von Helden, so würde sich trotz
aller poetischen Ausschmückung doch manches Factum, mancher Gegensatz in
der Kunstübung der mehr historischen Zeit wenigstens im Keime nachweisen
lassen. Aber, den einzigen Talos ausgenommen, erscheint nirgends ein Künstler
neben ihm (denn über Smilis s. unten); man hat auf ihn allein fast alles über-
tragen , was überhaupt von den Anfängen griechischer Kunst bekannt war.
Dazu kommt aber, dass die Sage ihre hauptsächlichste Ausbildung von Athen
aus und dadurch ein wesentlich attisches Gepräge erhielt. So wird Daedalos
vorzugsweise Stammvater der attischen Kunst: oi dno JcuÖä'kov und iqya-
OTiioiov tov 'Attiväw ist namentlich bei Pausanias vollkommen gleichbedeutend.
Wir aber gerathen dadurch in die Verlegenheit, dass wir, wo eine Nachricht
mit dem Namen des Daedalos verbunden ist, fast nie mit Sicherheit zu unter-
scheiden vermögen, ob wir es mit den Anfängen griechischer Kunst überhaupt
oder speciell der attischen zu thun haben. Wir ziehen es vor, lieber diese
Schwierigkeit ohne Hehl einzugestehen, als noch länger durch schwankende
Vermuthungen feinere Unterschiede feststellen zu wollen. Die Begrenzung der
daedalischen Kunst gegen die historische Zeit wird sich uns in den spätem
Untersuchungen von selbst ergeben.

Hier mögen zunächst zwei Künstler folgen, von denen der eine mehr der
Sage, als der Geschichte, der andere umgekehrt mehr der Geschichte, als der
Sage angehört.

Epeios,

Sohn des Panopeus, ist aus Homer als der Verfertiger des hölzernen Rosses
bekannt, mit dessen Hülfe Troja erobert ward. Nicht deshalb aber verdient er
hier genannt zu werden, sondern weil Plato l) ihn neben Daedalos und Theo-
doras von Samos als Künstler (dvöoiavronut.6^) anführt und Pausanias2) ihm
sogar ein Xoanon des Hermes beilegt, das er zu Argos sah. Diese Angaben
beweisen wenigstens, dass die Kunst schon in sehr alter Zeit auch in Argos
geübt ward, und es ist möglich, dass sich dort die Künstlersage an den Namen
des Epeios knüpfte; doch stehen die ältesten uns bekannten Künstler aus Argos
mit ihm nicht in einem Schulzusammenhange, wie er sich bei den Daedaliden
bis tief in die historische Zeit hinab findet.

Dibutades [Butades],
ein Töpfer aus Sikyon, soll zu Korinth die Plastik, das Bilden in weichen

!) .To p. 533 A. -') II. 19, G.
 
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