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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 1): Die Bildhauer — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4968#0024

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20

Die Bildhauer.

sei hier im Allgemeinen zunächst folgendes bemerkt. Der Beginn der Künstler-
geschichte ist streng zu scheiden von dem Beginne der Kunstgeschichte. Dass
die letztere in höhere Zeiten hinaufreicht, unterliegt keinem Zweifel: Homers
Gedichte lehren es unwidersprechlich. ,1a die Betrachtung homerischer Kunst-
werke, namentlich des Schildes und seiner streng künstlerischen Gomposition,
kann auf den Verdacht führen, dass die Kunst in jener Zeit auf einer Stufe
gestanden, von der sie in der nächstfolgenden Epoche wieder herabgegangen,
wie ja auch in der Poesie die Gykliker den Homer nicht mehr erreichten. Diesen
Punkt näher zu erörtern, ist hier nicht der Ort. Genug, wie man die nach-
homerischen Dichter nach ihm Homeriden genannt hat, so Messen die Nach-
folger des Daedalos so lange Daedaliden, als nicht ein neuer Anlass zu leben-
digerer Entfaltung der Kunst gegeben ward. Erst als die Kunstübung ihre
Gleichartigkeit verlor, als durch die Bearbeitung neuer Stoffe, Metalle, Marmor,
Elfenbein u. a. sich die Stylarten der Kunst vervielfältigten, als zu gleicher
Zeit die Literatur so weit vorgeschritten war, dass sie historische Nachrichten
in grösserer Menge zu bewahren vermochte, treten aus der Gattung einzelne
Namen hervor. Der Zusammenhang der einzelnen Person mit der Gattung
macht sich aber zunächst noch vielfältig in Geschlechtsregistern geltend: eine
Reihe von Künstlern heissen Söhne oder Schüler des Daedalos, d. h. sie gehen
aus der Kunstschule oder Innung hervor, die in Daedalos ihren Begründer er-
26 kennt. Besonders aber musste der Name des Einzelnen hervortreten, wenn er
unabhängig von diesem Zunftzusammenhange an einem neuen Orte neue Bahnen
brach. Und in der That stehen die Künstler, welche wir zunächst zu behandeln
haben, ausserhalb des Kreises der Daedaliden. Wir beginnen mit

Sniilis,

des Eukleides Sohn, aus Aegina. Pausaniasx) nennt ihn einen Zeitgenossen
des Daedalos, aber nicht von gleicher Berühmtheit: des Daedalos Ruhm sei
durch weite Wanderungen weit verbreitet worden, von Reisen des Smilis da-
gegen kenne man nur die nach Samos und Elis. Durch die Zusammenstellung
mit Daedalos ist nun freilich der Zeitbestimmung ein grosser Spielraum er-
öffnet, und neuere Forscher haben sich diesen auch in sofern zu Nutze zu
machen gesucht, als sie Smilis, wie Daedalos, für einen Gattungsnamen er-
klärten, der den Bildschnitzer bedeute, und diesen Smilis in demselben Sinne
an die Spitze der aeginetischen Kunstübung stellten, wie Daedalos bei der
attischen. Um diese Ansicht zu prüfen, stellen wir zunächst die Nachrichten
Uber seine Werke zusammen.

1) In Samos machte er das Holzbild der Hera. Ausser Pausanias (1.1.)
berichtet dies Clemens Alexandrinus (protr. 13) aus den samischen Büchern
eines uns unbekannten Olympichos, ferner Athenagoras (leg. pr. Ch. 14, p. 61),
endlich auch Kallimachus nach den Verbesserungen Bentley's und anderer bei
Euseb. praep. evang. III, 8:

'I VII. 4. 4.
 
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