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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 1): Die Bildhauer — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4968#0030

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26 Die Bildhauer.

Feuchtigkeit des Bddens unschädlich zu machen. Es kann nicht zweifelhaft
sein, auf welchen der nach einander errichteten Tempel diese Nachricht zu Be-
ziehen sei. Der älteste der Autochthonen Koresos und Ephesosx) gehört der
durchaus mythischen Zeit an. Der Bau nach dem Brande des Herostratos war
nicht ein Neubau, sondern eine Wiederherstellung'-). Es bleibt also nur der-
34 jenige übrig, welcher unter der Leitung des Ghersiphron, wie Plinius sagt, von
ganz Asien, wie richtiger Dionys von Halikarnass, von den Ioniern Kleinasiens
errichtet ward 3). Wenn nun Herodot ') erzählt, die meisten Säulen rührten von
Kroesus her, so erklärt sich dieser Umstand leicht so, dass der Tempel von
den Ioniern begonnen ward, ehe sie mit Kroesus in Krieg geriethen, dieser aber
nach ihrer Besiegung den Bau fortführte. Es dürfte freilich bei der Heiligkeit
des Zwecks auch nicht auffallen, wenn etwa Kroesus vor Beginn des Krieges
die Säulen den Ioniern zum Geschenk gemacht hätte. Docli würden wir auch
hieraus nichts bestimmtes über den Beginn des Baues folgern können, wüssten
wir nicht, dass das Gebälk auf den Säulen von Metagenes, dem Sohne des
ersten Architekten Ghersiphron, errichtet wurde s), woraus sich ergiebt, dass der
Tempel kaum so lange vor Kroesus begonnen sein konnte, als der Vater im
Alter vom Sohne entfernt steht, d. i. also etwa Ol. 50.

Sonach treffen alle Bestimmungen auf die Zeit zwischen Ol. 50—60 zu-
sammen , und damals also wird Rhoekos in Gemeinschaft mit Theodoras ge-
arbeitet haben, vielleicht so, dass er als der ältere ursprünglich der Lehrer des
zweiten war und darum später aus Missverständniss für den Vater gehalten
ward. Ebenso konnte Theodoras aber auch mit seinem Vater Telekles an einem
Werke gemeinschaftlich thätig gewesen sein, und die Angabe des Diodor und
Athenagoras würde demnach wenigstens theilweise auf Wahrheit beruhen. Für
die angegebene Zeit passt endlich auch die Verbindung mit Smilis, dem Zeit-
genossen der Schüler des Dipoenos und Skyllis, welche schon früher berührt
worden ist.

Von den Werken des Rhoekos und Theodoras ist ein Theil schon in den
bisherigen Erörterungen erwähnt worden. Zur bessern Uebersicht wird aber
auch eine Wiederholung in systematischer Anordnung nicht überflüssig sein.
Wir beginnen mit den architektonischen:

t) Das lemnische Labyrinth bauten sie in Gemeinschaft mit Smilis.
Es befanden sich an demselben 150 Säulen, die bei der Bearbeitung vermittelst
eines Mechanismus gedreht wurden, zu dessen Bewegung die Kraft eines Knaben
hinreichte. Zu Plinius Zeit waren nur noch wenige Ueberreste vorhanden
(Plin. 3G, 90).

2) Am Heraeon zu Samos war nach Herodot (III, 60) Rhoekos der erste
Architekt. Vitruv (VII, praef. § 12) aber erzählt, dass Theodoros über diesen
Tempel geschrieben habe. Er wird also wenigstens bei dem Bau thätig ge-
wesen sein. Der Tempel war von der dorischen Ordnung, das Bild von Smilis,
siehe oben.

1) Paus. VII, 2, 7. -) Strab. XIV, «40. Plin; IG, 79.
Dion. Hai. IV. 25. Strab. 1. 1. Vitr. VII, praef. § 16. coli. 12.
X, 2, 12.

3) Plin. 7, 37—38.
4) I. 92. -r') Vitr.
 
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