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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 1): Die Bildhauer — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4968#0354

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350

Die Bildhauer.

Werken sah Pausanias (V, 17, 4) das vergoldete Bild eines sitzenden Knaben
im Heraeum zu Olympia; und Plinius (34, 84) rühmt als vortrefflich einen
Knaben, welcher eine Gans würgt, d. h. um den Hals gepackt hat: denn wahr-
scheinlich ist die in mehreren Wiederholungen vorkommende Gruppe des Knaben,

501 welcher eine Gans mit Gewalt zurückzuhalten strebt, auf des Boethos Original
zurückzuführen i). Endlich haben wir noch Kunde von dem Bilde eines As-
klepios als Knaben durch die Epigramme einer in den Trajansthermen zu Rom
gefundenen Basis. Es ward nicht zur Zeit des Künstlers, sondern später dem
Gotte von einem Arzte Nikomedes aus Smyrna geweiht: G. I. Gr. n. 5674.
Anall. II, p. 384, n. 9 u. 10. Die drei statuarischen Werke des Boethos, von
welchen wir etwas wissen, sind also sämmtlich Kinderfiguren.

Menodotos und Diodotos sind zuerst von Winckelmann (Werke VI, 1,
S. 38) erwähnt worden: „Zu Rom war im sechszehnten Jahrhunderte ein Her-
cules von zween Meistern gearbeitet, wie eine Inschrift, welche an dieser Statue
stand, anzeiget; ich fand dieselbe in einem Plinius, Basler Ausgabe von 1525,
mit geschriebenen Anmerkungen von Fulvius Ursinus und Barthol. Aegius, in
der Bibliothek des Herrn von Stosch zu Florenz. Die Inschrift ist folgende:

MHNOAOTOE KAI
AIOAOTOE Ol BOHQ07
NIKOMHAEIE
EflOlOYN

C. I. Gr. n. 6164. Ausserdem soll sich zu Gaeta eine Basis mit der In-
schrift :

EPMHE
AIOAOTOZ
BOHQOY
( . 0OY)

Enoi . .

gefunden haben: C. I. Gr. n. 6146. Da indessen der Nominativ des voran-
gestellten Götternamens auffällig ist, und die Inschrift aus den Papieren Ligorio's
stammt, so ist auf ihre Echtheit nicht viel zu bauen. Dadurch aber fällt ein
leiser Verdacht auf die zuerst angeführte. Denn wenn auch Ursinus nicht seihst
Fälscher war, so nahm er doch vieles Falsche auf Treue und Glauben von
Ligorio auf. Lassen wir indessen diesen Verdacht für jetzt ruhen, so muss sich

502 uns die Frage aufdrängen, ob der Vater dieser Künstler mit dem vorher be-
bandelten Boethos identisch ist. Die Angabe des Vaterlandes derselben würde
zur Verneinung nicht genügen: denn Nikomedia ist eine Chalkedon benachbarte
Stadt von Bithynien, nach welcher als der Hauptstadt des Landes Boethos leicht
übersiedeln konnte. Schwieriger ist eine Entscheidung hinsichtlich der Zeit.
Freilich fällt auch diese weg, sofern wir annehmen, dass die Inschrift sich aut
einer Gopie, nicht auf der Originalstatue befand. Lebte indessen Boethos, wie
es möglich ist, einige Zeit vor der Unterjochung Griechenlands durch die Romer,
so ist auch an dem Imperfectum euolow auf dem Werke seiner Söhne nicht
weiter Anstoss zu nehmen. Etwas Gewisses lässt sich indessen nicht ausmachen.

l) Vgl. Jahn, Ber. d. Büchs. Ges. 1848, II, S. 48. Woraus die Variante der Ham-
berger Handschrift: puer sex annis (aus anno eorrigirt) anserem strangulat, anstatt: puer
eximie anserem strangulat, entstanden sein mag, vermag ich so wenig wie Jahn anzugeben.
 
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