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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 1): Die Bildhauer — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4968#0358

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354

Die Bildhauer.

welche sich mehr oder minder eng anzuschliessen der Künstler nicht vermeiden
konnte. Deshalb ist jetzt auch die Zahl derjenigen Künstler, als deren W erke
überhaupt Götterbilder namhaft gemacht werden, äusserst gering; und dieselben
gehören nicht einmal zu den berühmtesten, oder ihr Ruhm gründet sich wenig-
stens nicht gerade auf Werke dieser Art. Eben darum haben wir aber auch
vielleicht den Mangel weiterer Nachrichten gerade in dieser Beziehung weniger
zu beklagen, da sie uns wahrscheinlich über die innere Entwickelungsgeschichte
nicht viel Neues und Entscheidendes lehren würden. Ich glaube dies aus-
sprecben zu dürfen in Hinblick auf das, was unter den erhaltenen Werken

507 wirklich von Bedeutung ist, uns aber auch ganz aus den gewohnten Kreisen
herausführt: es entspricht so ganz dem übrigen historischen Charakter dieser
Epoche und gewährt uns gerade da. wo wir es wünschen, so wichtige Auf-
schlüsse , dass wir uns gern dem Glauben hingeben: es sei in diesen wenigen
Nachrichten wirklich in der Hauptsache erschöpft, was für die weitere eigen-
thümliche Entwickelung der Kunst von Belang war.

Die alten Republiken, welche zumeist auf die Tugend ihrer Bürger
gegründet waren, sind bereits im Beginne dieses Zeitraums vernichtet, im Innern
zerfallen und machtlos geworden. Selbst der achaeische Bund, mit dessen
Untergang diese Periode schliesst, war weniger aus dem Streben nach grosser
politischer Machtentfaltung, als aus einem Gefühle der Schwäche hervorgegangen,
welches den unvermeidlich drohenden Untergang durch gemeinsame Abwehr
aufzuhalten suchte. Von grossen künstlerischen Unternehmungen im Geiste der
früheren Zeit ist daher hier nicht die Rede. Die politische Macht befand sich
in den Händen des Königthums. In seinem Dienste aber ward der Kunst eine
andere Aufgabe zu Theil, als in den früheren Republiken, welche, stets eifer-
süchtig auf den Ruhm des Einzelnen, es vorzogen, lieber die Thaten der Vor-
fahren, als die der Zeitgenossen zu feiern. Die Könige wollten Verherrlichung
der eigenen Tbaten; und so sehr sie dabei nach alter Weise der Götter als der
Urheber alles Glückes gedenken mochten, die Beziehung auf die Gegenwart
musste doch in weit schärferer Weise betont und hervorgehoben werden. Dass
und wie es geschehen, lehren in glänzender Weise die noch erhaltenen Statuen
der Gallier, Denkmäler der Siege des Attalos und Eumenes über einen gefähr-
lichen, wegen seines wilden Muthes gefürchteten Volksstamm. Sie gehören der
historischen Kunst im strengsten Sinne des Wortes an. — Aber neben der
politischen Auctorität der Könige hatte sich in diesen Zeiten fortgeschrittener
Civilisation eine andere Macht zu hohem Ansehen zu erheben und ihre Selb-
ständigkeit zu bewahren gewusst, die Macht des auf Handel und Verkehr beru-
henden Reichthums. Hie erscheint am reinsten und in ihrer höchsten Entfal-
tung im Staate von Rbodos. Durch Bewahrung einer gewissen Neutralität und,
darauf gestützt, durch die Vermittelung des Handels, selbst zwischen feindlichen

508 Völkern und Reichen, gewann diese Republik nicht nur Duldung bei den ver-
schiedenen Herrschern, sondern machte sich ihnen fast unentbehrlich und erfreute
sich oft noch ganz besonderer Begünstigungen*), so dass der Reichthum des
Staates, wie seiner Bürger, bis ins Unglaubliche gewachsen sein muss. Während

ij Vgl. Droysen Hellenismus I. S. 473 flgdd. II, S. 574 flgdd.
 
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