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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 1.1899-1900

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Nr. 7
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Probst, Eugen: Von der mittelalterlichen Stadtbefestigung in Freiburg i.U., [1]
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Mielke, Robert: Der Neidkopf
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https://doi.org/10.11588/diglit.31728#0058

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jZ86 schon exisrirte ) (Abb. Z.) Der viereckige hohe Thurm dürfte in der Haupcsache seit seinenr Bau
ilnberührc geblieben sein. Iültgerelr Datums sind das Thor, das früher wohl spitzbogig gewesen ist sowie
das darüber befindliche Xeliefwappen, welcheö, wie eine angebrachte Iahreszahl mittheilt, l826 geschaffen
wurde. vorr hier in der Richtmrg bis zum Abgrunde über der Gaane lief eine mrr Letzen versehene Mauer
mit vorliegendem Grabcn. (Fortsetzung folgt.)

Der Zleidkopf.

AI einem Berliner Hause befindet sich ein haßlicher, verzerrcer weiblicher Ropf mit heraus-
hangender Zunge, den der Volksmund zur Nncerlage einer frei geschaffenen örtlichen Gage
gemacht hat und als „^leidkopf" kennr. Durch Namen und Gage hac der volksmund
hier wieder bestatigt, daß viele seiner Aeußerungen auf altgermanischen voraussetzungen
beruhen, denn wie fich aus einer Reihe verwandter Erscheinungen ergiebt, find solche
Wahrzeichen in der That nicht als Denkmale historischer Ereignisse aufzufassen, sondern als uralce
Symbole, um eine feindliche, von außen drohende Gewalt abzuwehren. Es find an vielen Gtellen
Deutschlands dergleichen Röpfe festgestellt svillingen i. Baden, Mülhausen i. Elsaß, Speier, Gro
ningen u. a.), beL denen Name, Gage oder auch die abschreckenden Züge jene Schutzkraft bestatigen.
Neberzeugend wird aber dLeser Ursprung der ^leidköpfe belegt durch eine große Anzahl von zum Theil
sehr alcen Inschriften, die an ihre Gtelle gecrecen find, bei denen die Abwehr eLner schadigenden Rrafc
nicht nur deutlich hervorgeht, sondern die auch die Anschauung bloßlegen, aus der die ^leidsymbole
erwachsen find. Es ist hier nicht der Mrc, darauf weiter einzugehen, da der Derfasser dies bereics an
einer anderen Gtelle (Monatsblatt der Gesellschaft für Heimathkunde der Mark Brandenburg, Iahr-
gang VII, 1899, S. 286) gethan hat, wo die Grte und Belege zusammengestellt find. ?lus dem Inhalt
dieser über ganz Deucschland verbreitecen Hausinschriften geht klar hervor, daß IIeid und UAßgunsr
als schadigende Rrafce gedacht find, gegen die man fich durch den Gpruch bezw. den Ropf zu schützen
versuchte. Aus derselben Einpfindung heraus laßt auch die skandinavische Egilsage eine IIeidstange
i^lid-Verwünschung) gegen Rönig Erichs Gebiec errichcet werden, um den Rönig, seine Gemahlin und
die Gchutzgeister des Landes zu verderben.

Da auch nach einem altislandischen Geseye (Weinhold, Alcnordisches Leben, S. 298) Schiffe
init einem Haupte am Bug nicht gegen das Eand fahren durften (man denke auch an den Bucentaur
der ^enetianer!), so haben wir in der Anwendung des Symbols dieselbe uralte Anschauung, auf der
die griechische Gorgonensage und vermuthlich auch die merkwürdige Bestattung in „Gesichtö
urnen" entstanden find, von denen u. A. einige mit graulich entstellten Zügen erst neuerdings auf dem
Boden von Alt-Rarchago aufgefunden worden find fkevue äe8 cleux moncle8 1899, G. 669). Isr
nun aber diese Deucung richtig, so müssen fich Neidköpfe gerade da finden, wo eine solche Abwehr
feindlicher Gewalten am nöthigsten ist, d. h. an Burg- und Gtadtthoren. In den meisten Fallen
dürfte die ursprüngliche Bedeucung schon zur Zeit Lhrer Anbringung nicht mehr allzu lebhaft in der
Erinnerung gewesen sein; doch gab man andererseitö, nachdem fie fich einmal in dem architektonischen
Gefüge einen Platz erworben hatten, diesen nunmehr zum Schmuck gewordenen Bestandtheil ficher nichc
mehr auf, wie wir es ja auch von den ehemaligen Gchutzsymbolen des „Donnerbesens" und der „Giebel
pferde" an niederdeutschen Hausern wissen. Go manche Röpfe an Gchlußsteinen mögen daher abgeblaßtc
Erinnerungen an den Vleidkopf sein; doch giebt es zweifellos noch viele, bei denen die herausgesteckre
Zunge, die verzerrcen Züge oder eine von antiker Runstüberlieferung abhangige Gorgonenmaske, welche
ja auch in altester Zeit mit heraushangender Zunge gebildet wurde, den Zusammenhang mit den Abwehr
symbolen noch deutlich verrathen. Es dürfre daher, und das ist der Zweck dieser Utittheilung, ver-
dienstlich sein, weitere Beobachtungen zu machen und an geeigneter Grelle zu veröffenclichen, um für
mancbe in Vergessenheir gerarhene Bildwerke den Denkmalswerth wieder zu erhöhcn.

*) Rahn: 5tatistik schweiz. Aunftdenkmäler, Anz. s. schweiz. Altertbk. IV, z

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