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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 1.1899-1900

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Nr. 10
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Krollmann, Christian: Die Burg in der Landschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.31728#0080

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Die Burg in der Landschaft.

wird nicht viele uncer uns Deutscherr geben, die nicht schon den eigenthünrlichen Zauber
selbst erfcchren hätten, den die malerischen Burgen des Ntittelalters oder Lhre moos
bewachsenen Trümmer auf das deutsche Gemüth von Alters her ausüben. Schwerlich
wird sich unter den zahlreichen Burgruinen Deutschlands eine stnden, die, mag sie noch so
unbedeutend, noch so einsam sein, nicht alljahrlich, wenn der Gommer ruft, von den
Bewohnern der naheren oder weiteren Umgebuitg oder von weit herpilgernden Touristen aufgesucht
wird, die jener lockende Zauber anzieht. Wie wir uns die römische Lampagna nicht ohne die gewaltigen
Bogen eines antiken Aquaductö, wie wir uns eine chinesische Gegend nicht ohne eine vielstöckige s)agode
denken können, so gehört vor unserem geistigen Auge in das mittel- und süddeutsche ^andschaftsbild
eine ragende Burg oder eine einsame Ruine. Was ware der Xhein ohne seine Burgen, was die
Dogesen, die Bergstraße, der Schwarzwald, was Tyrol?

Es ist merkwürdig, zu beobachten, wie früh diese romantischen Gefühle für seine malerischen
Burgen und Schlöfser Ln unserem Dolke erwachten. Man möchte annehmen, von dem Augenblicke an,

wo diese festen SLtze des Xitterthums im Allgemeinen
ihren praktischen Werth verloren, habe sich die Phan
tasie des volkes Lhrer mit besonderer Liebe angenommen;
wenigstens sehen wir bereirs im Reformationszeitalcer,
also Ln der Epoche des Unterganges der eigentlichen
„Xitterburgen", Burg und Ruine Ln den gleichzeitigen
Landschaftsbildern als bloßes Zierstück auftauchen. Ganz
im Gegensatz dazu finden wir auf alreren ?lbbildungen
die Wehrbaucen stets als erwas Vlebensachliches, als
Gchauplatz der Historie, aber nichc um ihrer selbst willen
dargestellt. Deshalb sind diese Darstellungen auch mehr
Bildzeichen für die MLtwelr, als deutliche BLlder für
die ^lachwelt, die den Gegenstand selbst nicht vor Augen
hac. So das BLld auf dem berühmren Teppich von
Bayeup, die alceste Burgendarstellung, die wir besitzen,
so die Bilder in den Handschriften unserer Minne
sanger, so auch die Darstellung auf dem Gobelin Ln
der s)farrkirche zu Gelnhausen. Auch die Bilder-
chroniken des 15. Iahrhundercs, von denen namentlich
die Schweizer viele Bilder von Belagerung und
Erstürmung von Burgen haben, gehen nicht über
diesen Gtandpunkt hinaus. Ebensowenig der hessische
Lhronist Wiegand Gerstenberger, dessen Handschrift in der Landesbibliothek zu Lassel einige
Abbildungen von Burgen aufweist, die sehr anachronistisch, aber wenig künstlerisch sind ss. Abb. l).

Erst hunderc Iahre nach Gerstenberger begegnet man einem Talence, das eine bewußre Empfin
dung für die schöne Eandschaft und den malerischen Xeiz der Burgen und Schlösser i n der Landschaft
offenbarc. Das ist Wilhelm Dilich aus Wabern, also gleichfalls ein Hesse. Da DLlich im Anfange des
17. Iahrhundercs auf veranlassung des kunstsinnigen Landgrafen Moritz von Hessen zum Studium der
^Rriegskunst in den ^liederlanden geweilt hat, laßt sich annehmen, daß die ^andschafcer der alceren
niederlandischen Gchule nicht ohne Einfiuß auf Lhn geblieben sind. DLlich war Geograph und HLstorio-
graph am Hofe des -Landgrafen, spater hatte er eine ahnliche Stellung in kursachsischen Diensten inne.
Wie er seine geographische und geschichtsschreiberische Thatigkeit aufgefaßt hat, davon zeugen seine zahl
reichen hinterlassenen Werke, namentlich die Hessische Lhronik. Man hat namlich durchaus den Ein
druck, als sei ihm die Geographie, d. h. die Landesbeschreibung, mit Leder und Zeichenstift die Haupt
sache gewesen, wahrend seine persönliche Theilnahme für das Historische weit geringer Lst. Man möchtc
fast sagen, erst wurden die Bilder angefercigt, dann, weil das Publicuin es verlangt, oder anders die
Unrerstützung der Lürsten nicht zu erlangen war, ein Text dazu geschrieben. Der „Abreißer", so

s - s'

Abb.
 
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