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dezeichncre ^andgraf Mc»ritz den Rünstler, üverwog in Dilichs Person bei weirenr den Gelehrtelr. Das
Hauprverdienst Dilichs liegc meines Erachtens aber darin, daß er als Erster es unternahm, Land und
Eeuce mit ausgesprochen künstlerischen Absichten zu beschreiben. bVenn wir daher auch seinen zeir-
genössischen ^obrednern nicht beistimmen können, die ihn mit einein Apelles und Dürer vergleichen, so
werden wir andererseirs nichr verkennen, welchen Lorcschritt Dilichs Runst im Dergleiche mit seinen
nachsten V>organgern, Sebastian Münster und Meißner, bedeutec. DLlich schilderc als Erster das
„inalerische und roinancische" Heimachland. Mit Beziehung auf unseren Gegenstand ist es bemerkens-
werch, wie er cheoretisch die malerische ^andschaft schilderr. In dem einleicenden allgemeinen Theile
seiner Hessischen Lhronik uncernimmt er es, den Gegensatz zwischen dem alten Lhattenlande und dem
Hessen seiner Zeit klar zu stellen. Vlachdem er ausgeführt, wie nach den Berichten der „alten GcrLbenten"
zu der alten Lhatten Zeiten >Zessen „ungestalt, wüste, rauh, unartig, aber reich an OLeh gewesen sei",
fahrt er fort: „Giehe zu ein solche Wiltnuß hat sich in so fruchtbaren und lustigen Grt durch den
Segen Gocces verkehrec . . . Gchau doch an die liebligkeic der schönen und lustigen Thale und wie die-
selben von so vielfaltigen Farben der Rraucer und Blumen glanzen und leuchten, schau an den schönen
Prospect und Ansehen der so hohen Berge und Felsen, den lieblichen angenehmen Gchatten der lufftigen,
ja lustigen Walder, schaue an den geschlachten Boden der Lelder und Hügel und Lhre schönen Früchce,
die weintragigen Berge, die großen und kleinen siießenden Wasser, wil geschweigen, wie arcig hin und
wieder die großen und kleinen Gtädte, die hohen Berghauser, die Llecken, Lastelle, Dörfer
und Schlösser disponieret und versetzt sein. Wahrlich wird sich alsdann eine besondere
Anmuch und Eieblichkeit in diesem Eande befinden." In dem nachsten Abschnirce beronc er
nochmals ausdrücklich das malerische Ansehen der Stadce und Burgen von außen, d. h. also Ln der
Landschaft. „Aber dem außeren Ansehen nach sind sowohl die Dörfer als Stadte ansehnlich, wegen
ihrer hohen Rirch- und anderen Thürmen und der beiliegenden hohen Berghauser und Gchlösser, Ln
maßen dann wenig Stadce, bei welchen nit etwa ein solch Haus und prachtig Gebau zu sehen oder
zum wenigsten ein Antiquitat und anzergung eines alten Gemauers von denselben noch übrig, wie selbs
aus beigesetzten Abrissen klarlich erscheinen wird. . . . Auf den Hügeln um die Scadte siehec man
auch noch die zerfallene Thürme und Warten, so vor etlichen hundert Iahren wegen des vielfaltigen
Streifens der Aeisigen . . . erbauet worden."
Die beigesetzten „Abrisse" sind zwei reizende Rupferstiche, von denen der eine das alte, der
andere das neue Hessenland darstellt, jedesmal dieselbe Gegend. Auf dem ersten Bilde erscheint sie
waldbedeckt, im Vordergrunde ein Gumpf, rechts davon armliche Hütten, links eine altchattische Be-
festigungsanlage. Auf den Hügeln und Bergen des Hintergrundes nichcs als Wald. Die Gegend dcs
zweiten BLldes Lst ganz in sonnige Heiterkeit gecaucht; an Stelle des Gumpfes ist ein murmelnder Bach
gecreten, der im lauschigen Grunde zwei Mühlen creibt; über die solide Gteinbrücke trabt ein Reiter
einem stattlichen Burgbau zu, der ssehr charakteristisch und wahr!) eine machtige R.uine des Mittel-
alters vorstellt, in die ein gefalliger inoderner Gchloßbau hineingesetzt ist; im Hincergrunde sieht man
eine thurmreiche Stadt, darüber auf steilem Felsen eine Warce und nicht weit davon ein stolzes Schloß
auf einem Berge. In der Ferne erkennt man die verschwommenen Nmrisse weiterer Burgen auf
hohem Gebirge. Wir sinden also auf diesem Bilde alle Bestandtheile vercreten, die man auch heuce
noch anwendet, um die Landschafc als malerisch zu charakterisiren, vor allen Dingen Burgen und Ruinen.
Wie durchaus maßgebend Dilich Ln dieser Beziehung für das 17. Iahrhunderc gewesen ist,
können wir daraus enmehmen, daß die Bilder Dilichs von Merian in seiner lopoZrapkia ^l388!ae
nicht nur benutzt, sondern meistens sogar unmittelbar abgezeichnet sind, wahrend sich der Lhronist Winkel-
mann noch hunderc Iahre spater ebenso unbefangen die asthetischen Ausführungen Dilichs aneignec.
Eine wie große Rolle die Burg und die Ruine in der Sagenbildung der letzten Iahrhunderte
spielt, welche Bedeutung sie in der Poesie, Belletristik, und beschreibenden Darstellung und nicht weniger
in der Malkunst, namentlich der ersten Halfte des 19. Iahrhunderrs haben, davon brauche ich HLer
kein Bild zu encwerfen, da dies als allgemein bekannt vorausgesetzt werden darf.
Wenn wir uns nun fragen, woran liegt es denn eigentlich, daß von der Burg oder einer
Ruine ein solcher Reiz und Zauber ausgeht, daß ihr Anblick solche romantische Gefühle in uns weckt,
so ist die Antwort darauf nicht eben leicht zu geben. Das rein asthetische Wohlgefallen an der Burg
im Landschaftöbilde erklarc sich noch am ehesten. Ein solches, in den meisten Fallen sehr augenfallig
dezeichncre ^andgraf Mc»ritz den Rünstler, üverwog in Dilichs Person bei weirenr den Gelehrtelr. Das
Hauprverdienst Dilichs liegc meines Erachtens aber darin, daß er als Erster es unternahm, Land und
Eeuce mit ausgesprochen künstlerischen Absichten zu beschreiben. bVenn wir daher auch seinen zeir-
genössischen ^obrednern nicht beistimmen können, die ihn mit einein Apelles und Dürer vergleichen, so
werden wir andererseirs nichr verkennen, welchen Lorcschritt Dilichs Runst im Dergleiche mit seinen
nachsten V>organgern, Sebastian Münster und Meißner, bedeutec. DLlich schilderc als Erster das
„inalerische und roinancische" Heimachland. Mit Beziehung auf unseren Gegenstand ist es bemerkens-
werch, wie er cheoretisch die malerische ^andschaft schilderr. In dem einleicenden allgemeinen Theile
seiner Hessischen Lhronik uncernimmt er es, den Gegensatz zwischen dem alten Lhattenlande und dem
Hessen seiner Zeit klar zu stellen. Vlachdem er ausgeführt, wie nach den Berichten der „alten GcrLbenten"
zu der alten Lhatten Zeiten >Zessen „ungestalt, wüste, rauh, unartig, aber reich an OLeh gewesen sei",
fahrt er fort: „Giehe zu ein solche Wiltnuß hat sich in so fruchtbaren und lustigen Grt durch den
Segen Gocces verkehrec . . . Gchau doch an die liebligkeic der schönen und lustigen Thale und wie die-
selben von so vielfaltigen Farben der Rraucer und Blumen glanzen und leuchten, schau an den schönen
Prospect und Ansehen der so hohen Berge und Felsen, den lieblichen angenehmen Gchatten der lufftigen,
ja lustigen Walder, schaue an den geschlachten Boden der Lelder und Hügel und Lhre schönen Früchce,
die weintragigen Berge, die großen und kleinen siießenden Wasser, wil geschweigen, wie arcig hin und
wieder die großen und kleinen Gtädte, die hohen Berghauser, die Llecken, Lastelle, Dörfer
und Schlösser disponieret und versetzt sein. Wahrlich wird sich alsdann eine besondere
Anmuch und Eieblichkeit in diesem Eande befinden." In dem nachsten Abschnirce beronc er
nochmals ausdrücklich das malerische Ansehen der Stadce und Burgen von außen, d. h. also Ln der
Landschaft. „Aber dem außeren Ansehen nach sind sowohl die Dörfer als Stadte ansehnlich, wegen
ihrer hohen Rirch- und anderen Thürmen und der beiliegenden hohen Berghauser und Gchlösser, Ln
maßen dann wenig Stadce, bei welchen nit etwa ein solch Haus und prachtig Gebau zu sehen oder
zum wenigsten ein Antiquitat und anzergung eines alten Gemauers von denselben noch übrig, wie selbs
aus beigesetzten Abrissen klarlich erscheinen wird. . . . Auf den Hügeln um die Scadte siehec man
auch noch die zerfallene Thürme und Warten, so vor etlichen hundert Iahren wegen des vielfaltigen
Streifens der Aeisigen . . . erbauet worden."
Die beigesetzten „Abrisse" sind zwei reizende Rupferstiche, von denen der eine das alte, der
andere das neue Hessenland darstellt, jedesmal dieselbe Gegend. Auf dem ersten Bilde erscheint sie
waldbedeckt, im Vordergrunde ein Gumpf, rechts davon armliche Hütten, links eine altchattische Be-
festigungsanlage. Auf den Hügeln und Bergen des Hintergrundes nichcs als Wald. Die Gegend dcs
zweiten BLldes Lst ganz in sonnige Heiterkeit gecaucht; an Stelle des Gumpfes ist ein murmelnder Bach
gecreten, der im lauschigen Grunde zwei Mühlen creibt; über die solide Gteinbrücke trabt ein Reiter
einem stattlichen Burgbau zu, der ssehr charakteristisch und wahr!) eine machtige R.uine des Mittel-
alters vorstellt, in die ein gefalliger inoderner Gchloßbau hineingesetzt ist; im Hincergrunde sieht man
eine thurmreiche Stadt, darüber auf steilem Felsen eine Warce und nicht weit davon ein stolzes Schloß
auf einem Berge. In der Ferne erkennt man die verschwommenen Nmrisse weiterer Burgen auf
hohem Gebirge. Wir sinden also auf diesem Bilde alle Bestandtheile vercreten, die man auch heuce
noch anwendet, um die Landschafc als malerisch zu charakterisiren, vor allen Dingen Burgen und Ruinen.
Wie durchaus maßgebend Dilich Ln dieser Beziehung für das 17. Iahrhunderc gewesen ist,
können wir daraus enmehmen, daß die Bilder Dilichs von Merian in seiner lopoZrapkia ^l388!ae
nicht nur benutzt, sondern meistens sogar unmittelbar abgezeichnet sind, wahrend sich der Lhronist Winkel-
mann noch hunderc Iahre spater ebenso unbefangen die asthetischen Ausführungen Dilichs aneignec.
Eine wie große Rolle die Burg und die Ruine in der Sagenbildung der letzten Iahrhunderte
spielt, welche Bedeutung sie in der Poesie, Belletristik, und beschreibenden Darstellung und nicht weniger
in der Malkunst, namentlich der ersten Halfte des 19. Iahrhunderrs haben, davon brauche ich HLer
kein Bild zu encwerfen, da dies als allgemein bekannt vorausgesetzt werden darf.
Wenn wir uns nun fragen, woran liegt es denn eigentlich, daß von der Burg oder einer
Ruine ein solcher Reiz und Zauber ausgeht, daß ihr Anblick solche romantische Gefühle in uns weckt,
so ist die Antwort darauf nicht eben leicht zu geben. Das rein asthetische Wohlgefallen an der Burg
im Landschaftöbilde erklarc sich noch am ehesten. Ein solches, in den meisten Fallen sehr augenfallig