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Das Reich schien sich in einem blühenden Zustande
zu befinden, das Oberhaupt aber war nicht geachtet,
und die Minister waren untereinander aus Eigennutz
uneinig. Unter einer solchen Regierung mußten die
kleinsten Veranlassungen große Ereignisse herbeifüh-
ren und die Ranke des Serails hatten auf die ganze
Reichsregierung Einfluß. Der Kislar - Agha
oder der erste schwarze Verschnittene, der die Frauen
des Serails bewachte, war die Veranlassung des
berühmten candischen Kriegs. Dieser Verschnittene,
der einen eben so zwecklosen als barbarischen Luxus
trieb, hatte in seinem Harem eine große Menge
Frauen. Er kaufte eine, die schwanger war und
einen Sohn zur Welt brachte. Man wühlte sie
zur Amme des jungen Prinzen Mehemed. Der
Kaiser hatte zu diesem Frauenzimmer und ihrem
Sohne, den man den Sohn des Verschnittenen
nannte, eine große Zuneigung. Als die Lieblings-
sultanin diesen schwachen Monarchen zwang, die
Gegenstände ihrer Eifersucht von seinem Hofe zu
entfernen, bat der Kislar-Agha um die Er-
laubniß, mit seiner angeblichen Familie eine Wall-
fahrt nach Mekka zu machen. Diese Reise wur-
de mit so großer Pracht unternommen, daß das
Volk glaubte, man schicke eine Sultanin und einen
Sohn Ibrahims nach Mekka, und die Ge-
genwart des ersten Beamten des Serails machte
dies Gerücht wahrscheinlich. Er schiffte sich nach
Das Reich schien sich in einem blühenden Zustande
zu befinden, das Oberhaupt aber war nicht geachtet,
und die Minister waren untereinander aus Eigennutz
uneinig. Unter einer solchen Regierung mußten die
kleinsten Veranlassungen große Ereignisse herbeifüh-
ren und die Ranke des Serails hatten auf die ganze
Reichsregierung Einfluß. Der Kislar - Agha
oder der erste schwarze Verschnittene, der die Frauen
des Serails bewachte, war die Veranlassung des
berühmten candischen Kriegs. Dieser Verschnittene,
der einen eben so zwecklosen als barbarischen Luxus
trieb, hatte in seinem Harem eine große Menge
Frauen. Er kaufte eine, die schwanger war und
einen Sohn zur Welt brachte. Man wühlte sie
zur Amme des jungen Prinzen Mehemed. Der
Kaiser hatte zu diesem Frauenzimmer und ihrem
Sohne, den man den Sohn des Verschnittenen
nannte, eine große Zuneigung. Als die Lieblings-
sultanin diesen schwachen Monarchen zwang, die
Gegenstände ihrer Eifersucht von seinem Hofe zu
entfernen, bat der Kislar-Agha um die Er-
laubniß, mit seiner angeblichen Familie eine Wall-
fahrt nach Mekka zu machen. Diese Reise wur-
de mit so großer Pracht unternommen, daß das
Volk glaubte, man schicke eine Sultanin und einen
Sohn Ibrahims nach Mekka, und die Ge-
genwart des ersten Beamten des Serails machte
dies Gerücht wahrscheinlich. Er schiffte sich nach