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Curtius, Ernst
Gesammelte Abhandlungen (Band 2) — Berlin, 1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.33815#0026

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I. Studien zur Geschichte der Artemis.

von einem Ende der griechischen Welt zum anderen allen Volks-
genossen bekannt und vertraut. Inschriften auf attischen Her-
men wie y/Iog (Athenaion X 528) bezeugen

ein nahes persönliches Verhältnifs der Einzelnen zur Göttin,
und endlich kann der in alien Zeiten und Landschaften weit
verhreitete Name Artemidoros auch für die volksthümliche Be-
deutung des Oultus als ein urkundliches Zeugnifs gelten.

Das Aelteste bewährt sich im Volksleben auch dadurch,
dafs es am tiefsten wurzelt und am dauerhaftesten ist. Das zeigt
sich hei Artemis an den Orten, wo später andere Gottheiten
in den Vordergrund getreten sind. Bei Eidesleistungen püegten
sich veraltete Oulte in Ehren zu erhalten, wie z. B. der des
Palaimon am Isthmos (Pelop. II 542). So blieb man auch in
PeHene der Artemis als Schwurgöttin treu (Paus. 12, 27), und
wie man in Attika an ihrem Dienste festhielt, ist durch eine
neugefundene Steinurkunde in merkwürdiger Weise an das Licht
getreten. Eine von Milchhöfer entdeckte Altarinschrift zeugt
von einer um Artemis Kolainis vereinigten Gemeinde mit eigenen
Beamten; der Eponymos des Jahres heifst Aristobulos; er führte
also den Beinamen der Göttin, die wir als Aristobule in Melite
kennen, als Eigennamen. Es war hier also eine ähnliche Ge-
nossenschaft, wie die der Dionysiasten im. Peiraieus, indern eine
seit unvordenklichen Zeiten im Lande ansässige Gottheit inner-
halb eines engeren Kreises ihren besonderen Oult hatte. Dieser
Altar gehört einer spätrömischen Zeit an, und wie zähe die
Artemisdiener an ihrem Oulte festgehalten haben, zeigt aufser
mehrfachwiederkehrendenOrtsnamen: efg ?*orV/^?epor,

(Pelop. 11 445; Rofs, Inselreisen IV 137) ein Denkmal christ-
licher Zeit, ein magischer Nagel, der nehen signum dei et
signum Ohristi den Namen der domina Artmiz erkennen läfst
(Archäologische Zeitung IV 311).

Dafs der Dienst der Artemis dem ältesten Inhalt des
religiösen Bewufstseins der Griechen angehöre, bewährt sich
in ihrem Verhältnisse zu den anderen göttlichen Wesen. Sie
schliefst sich dem pelasgischen Urgotte, der allem Volk gemein-
sam war, unmittelbar an; sie ist nach alten Landessagen des
Zeus Gattin oder Tochter; in Sikyon wie in Argos war sie neben
Zeus als ebenbürtige Gottheit irn Bilde dargestellt (Welcker I
S. 596). Dann verbindet sie sich mit denjenigen Wesen, welclie
neben Zeus ursprünglich in allen Ländern geglaubt und verehrt
 
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