II. Die knieenden Figuren der altgriechischen Kunst.
117
wir auf der Dareiosvase die tributpdichtigen Gemeinden in
zitternder Unterwürßgkeit vor dem königlichen Zahlmeister, so
auf Spiegeizeichnungen Aktaion und den üherwundenen Amykos
in die Kniee sinken (Gerhard, Vasenhilder Taf. 153, 157); so
liegt Dryas gnadedehend vor dem rasenden Lykurgos (Müiler-
Wieseler II, 440), ehenso der sogenannte Niohide der Glypto-
thek, in welchem ich den durch den nahenden Adler bestürzten
Ganymedes zu erkennen glaube.
Diese Ausdrucksweise kann in Bezug auf die Personen und
Begebenheiten verschiedener Deutung unterliegen; an sich aber
ist sie vollkommen verständhch und steht mit dem Sprachge-
hrauche der Alten, bei denen /oru den Begritf des
Demüthigens, i'AoJuc AU /oJrtc, ^öro u. a. den der
gebrochenen Kraft bezeichnet, in völligem Einklange und be-
darf keiner eingehenderen Erläuterung.
Schwieriger ist die Stellung des Halbknieens, wo das eine
Bein mit dem Knie den Boden berührt, das andere entweder
ausgestreckt oder aufgestützt ist, eine Stellung welche bei den
alten Künstlern viel häußger vorkommt, weil sie den Vortheil
einer gröfseren Mannigfaltigkeit der Linien und lebendigerer
Motive darbot. Deshalb ist sie in den verschiedensten Stilarten mit
Vorfiebe angewendet, theils im ähnlichen Sinne wie das volle
Knieen (z. B. bei dem vom Wetterstrahle getroffenen Kapaneus
und bei belasteten Figuren, welche auf ihrem Nacken tragen),
oder es liegen ihr besondere Motive zu Grunde.
Es ist z. B. die Steliung der im Hinterhalte Lauernden
und insbesondere der Bogenschützen, welche in sicherer Deckung
ihre WaEe richten (Toi;drca cig yörc xexccd-cxowg Diod. XVII,
115). Es ist ferner die Stellung solcher Personen, die sich
mit einern niedriger gestellten Gegenstande angelegentlich be-
schäftigen, wie der sein Geschofs zurechtmachende Skythe in
den Antiq. du Bosph. Taf. XXXIII, oder die auf den Miinzen
des Bundesgenossenkriegcs bei dem Opferthiere niederkauernden
Personen (J. Friedlaender Osk. Münz. S. 82); es ist die Stellung
aufmerksamer Wächter, wie des Hermes, welcher ein arn Boden
liegendes Kind htitet (Nuove Memorie p. 126), und desseiben
Gottes, wenn er die Leier eründet, auf dem Blacas'schen Diskos
(MtiHer-Wieseler II 320). Ebenso sind die mit Weinschläuchen
beschäftigten Satyrn und die in Holz oder Thon arbeitenden
Handwerker in halbknieender Stellung bei ihrer Arbeit zu
117
wir auf der Dareiosvase die tributpdichtigen Gemeinden in
zitternder Unterwürßgkeit vor dem königlichen Zahlmeister, so
auf Spiegeizeichnungen Aktaion und den üherwundenen Amykos
in die Kniee sinken (Gerhard, Vasenhilder Taf. 153, 157); so
liegt Dryas gnadedehend vor dem rasenden Lykurgos (Müiler-
Wieseler II, 440), ehenso der sogenannte Niohide der Glypto-
thek, in welchem ich den durch den nahenden Adler bestürzten
Ganymedes zu erkennen glaube.
Diese Ausdrucksweise kann in Bezug auf die Personen und
Begebenheiten verschiedener Deutung unterliegen; an sich aber
ist sie vollkommen verständhch und steht mit dem Sprachge-
hrauche der Alten, bei denen /oru den Begritf des
Demüthigens, i'AoJuc AU /oJrtc, ^öro u. a. den der
gebrochenen Kraft bezeichnet, in völligem Einklange und be-
darf keiner eingehenderen Erläuterung.
Schwieriger ist die Stellung des Halbknieens, wo das eine
Bein mit dem Knie den Boden berührt, das andere entweder
ausgestreckt oder aufgestützt ist, eine Stellung welche bei den
alten Künstlern viel häußger vorkommt, weil sie den Vortheil
einer gröfseren Mannigfaltigkeit der Linien und lebendigerer
Motive darbot. Deshalb ist sie in den verschiedensten Stilarten mit
Vorfiebe angewendet, theils im ähnlichen Sinne wie das volle
Knieen (z. B. bei dem vom Wetterstrahle getroffenen Kapaneus
und bei belasteten Figuren, welche auf ihrem Nacken tragen),
oder es liegen ihr besondere Motive zu Grunde.
Es ist z. B. die Steliung der im Hinterhalte Lauernden
und insbesondere der Bogenschützen, welche in sicherer Deckung
ihre WaEe richten (Toi;drca cig yörc xexccd-cxowg Diod. XVII,
115). Es ist ferner die Stellung solcher Personen, die sich
mit einern niedriger gestellten Gegenstande angelegentlich be-
schäftigen, wie der sein Geschofs zurechtmachende Skythe in
den Antiq. du Bosph. Taf. XXXIII, oder die auf den Miinzen
des Bundesgenossenkriegcs bei dem Opferthiere niederkauernden
Personen (J. Friedlaender Osk. Münz. S. 82); es ist die Stellung
aufmerksamer Wächter, wie des Hermes, welcher ein arn Boden
liegendes Kind htitet (Nuove Memorie p. 126), und desseiben
Gottes, wenn er die Leier eründet, auf dem Blacas'schen Diskos
(MtiHer-Wieseler II 320). Ebenso sind die mit Weinschläuchen
beschäftigten Satyrn und die in Holz oder Thon arbeitenden
Handwerker in halbknieender Stellung bei ihrer Arbeit zu