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II Die knieenden Figuren der altgriechischen Runst.
treffen. Herkömmlich ist dieselbe Stehung bei den Personen,
welche Kampfbäbne zum Wettspiele bereit haiten (vgl. Annali
1863 Tav. & und das bekannte Relief am Sessel des Dionysos-
priesters). Nirgends aber habe ich sie in anmuthigerer Weise
angewendet gesehen, als auf den Vasen von Bengazi, welche
jetzt einen auserwählten Schmuck des britischen Museums
bilden. Da sitzt die als Gröttin gedachte Heiena in der Mitte
des Bildes, und in der Höhe ihres Kopfes ist ein Eros, Pofthos]
genannt, mit einem Bein knieend, auf das emsigste beschäftigt,
ihr den Kranz in das Haar zu hechten. Endlich kommt das
Motiv des Halbknieens bei Darsteilungen des Bades zur An-
wendung, wie dies durch ahgemein bekannte Figuren bezeugt
wird.
Es ist aber nicht meine Absicht, die Mannigfaltigkeit der
hierher gehörigen Kunstmotive zu erschöpfen, sondern nur die-
jenige Anwendung näher zu betrachten, weiche das Halbknieen
in der älteren Kunst gefunden hat; eine Anwendung, welche
nicht so wie bei den genannten Beispielen dem Beschauenden
unmittelbar einleuchtet; sie nimmt desbalb eine eingehendere
Erörterung in Anspruch und zwar um so mehr, da sie zu den
charakteristischen Ztigen altgriechischer Zeichnung gehört und
wohl häußg bertihrt, aber auffälligerweise noch niemals im Zu-
sammenhange behandelt und deshalb mancherlei Missverständ-
nissen bis heute ausgesetzt gewesen ist.
Ich giaube am sichersten zu gehen, wenn ich die Beispiele,
welche mit Htiife der beigegebenen Bildtafel (II) erörtert wer-
den sollen, in zwei Reihen vertheile, indem ich zuerst diejenigen
Fälie bespreche, wo die Haltung der ganzen Figur über die
Bedeutung des Motivs keinen Zweifel läfst, und dann zu den-
jenigen tibergehe, deren Deutung nur durch Analogie mit den
Beispielen der ersten Reibe festgestellt werden kann. Zum
Scblusse wird die geschichtliche Entwickelung dieses plastischen
Ausdrucks zur Spraclie kommen.
Zu der ersten Reihe rechne ich diejenigen Figuren, welche
unverkennbar in lebimfter Bewegung begriffen sind. Es sind
beflügeite oder unbefitigelte Gestaiten, bei denen das eine Bein
so gebogen ist, dafs die Haitung an ein Knieen erinnert. Daher
kommt es auch, dafs man die Figur Nr. 7 auf der Rückseite
eines elischen Tetradrachmons und die ganz entsprechende
Nr. 6 auf den Münzen, welclie Marion zugeschrieben werden,
II Die knieenden Figuren der altgriechischen Runst.
treffen. Herkömmlich ist dieselbe Stehung bei den Personen,
welche Kampfbäbne zum Wettspiele bereit haiten (vgl. Annali
1863 Tav. & und das bekannte Relief am Sessel des Dionysos-
priesters). Nirgends aber habe ich sie in anmuthigerer Weise
angewendet gesehen, als auf den Vasen von Bengazi, welche
jetzt einen auserwählten Schmuck des britischen Museums
bilden. Da sitzt die als Gröttin gedachte Heiena in der Mitte
des Bildes, und in der Höhe ihres Kopfes ist ein Eros, Pofthos]
genannt, mit einem Bein knieend, auf das emsigste beschäftigt,
ihr den Kranz in das Haar zu hechten. Endlich kommt das
Motiv des Halbknieens bei Darsteilungen des Bades zur An-
wendung, wie dies durch ahgemein bekannte Figuren bezeugt
wird.
Es ist aber nicht meine Absicht, die Mannigfaltigkeit der
hierher gehörigen Kunstmotive zu erschöpfen, sondern nur die-
jenige Anwendung näher zu betrachten, weiche das Halbknieen
in der älteren Kunst gefunden hat; eine Anwendung, welche
nicht so wie bei den genannten Beispielen dem Beschauenden
unmittelbar einleuchtet; sie nimmt desbalb eine eingehendere
Erörterung in Anspruch und zwar um so mehr, da sie zu den
charakteristischen Ztigen altgriechischer Zeichnung gehört und
wohl häußg bertihrt, aber auffälligerweise noch niemals im Zu-
sammenhange behandelt und deshalb mancherlei Missverständ-
nissen bis heute ausgesetzt gewesen ist.
Ich giaube am sichersten zu gehen, wenn ich die Beispiele,
welche mit Htiife der beigegebenen Bildtafel (II) erörtert wer-
den sollen, in zwei Reihen vertheile, indem ich zuerst diejenigen
Fälie bespreche, wo die Haltung der ganzen Figur über die
Bedeutung des Motivs keinen Zweifel läfst, und dann zu den-
jenigen tibergehe, deren Deutung nur durch Analogie mit den
Beispielen der ersten Reibe festgestellt werden kann. Zum
Scblusse wird die geschichtliche Entwickelung dieses plastischen
Ausdrucks zur Spraclie kommen.
Zu der ersten Reihe rechne ich diejenigen Figuren, welche
unverkennbar in lebimfter Bewegung begriffen sind. Es sind
beflügeite oder unbefitigelte Gestaiten, bei denen das eine Bein
so gebogen ist, dafs die Haitung an ein Knieen erinnert. Daher
kommt es auch, dafs man die Figur Nr. 7 auf der Rückseite
eines elischen Tetradrachmons und die ganz entsprechende
Nr. 6 auf den Münzen, welclie Marion zugeschrieben werden,