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Curtius, Ernst
Gesammelte Abhandlungen (Band 2) — Berlin, 1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.33815#0144

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III. Plastik der Hellenen an Quellen und Brunnen.

Yon den Anlagen, welche die im Felsen versteckte Quelle
zugänglich machten und entfernte Bergwasser in die Städte
hinahführten, hahe ich früher gehandelt(Bd. I S. 117f.). Hier
will ich nur von der Thätigkeit der hildenden Kunst reden:
denn wie der Quell das natürliche Leben um sich herum zu
vollerer Wirksamkeit erweckt, so hat er auch seit ältester Zeit
den menschlichen Kunsttrieb angeregt, sich gleichsam in IVett-
eifer mit der Natur thätig zu bezeigen.

Bei den Quellen sind die ältesten Heiiigthümer des Lan-
des. Hier Rnden wir Griechen wie Römer in ihrer ursprüng-
lichsten Reiigiosität, und von ailen auswärtigen Einhtissen arn
wenigsten herührt. Es wurde dieser Oultus nicht zurück-
gedrängt. Auch die Kunst der späteren Jahrhunderte konnte
sich nicht genug thun, um die Quellen durch Säuienhallen,
durch Anlage von Grotten, durch Mosaiken, durch Garten-
aniagen, durch Reliefs und Malerei zu schmücken; man sah
in den Brunnenhäusern die Findung der Queile dargesteiit,
wie die Legende sie zu erzählen wufste.Q In heilenistischer
und römischer Zeit machte sich Pracht und Ktinstlichkeit auf
Kosten der natürlichen Anmuth des Ortes geitend. Iuvenal
(III 12) klagt bei der Egeria, dafs die göttliche Nähe der
Nymphe durch fremdartigen Luxus zurückgedrängt werde und
Ovid läfst die Diana an soichen Quelien weilen, wo die Natur
selbst die künstlerische Ausstattung übernommen habe (simu-
laverat artem ingenio natura suo. Metam. III 158).

Bei den Griechen kam es nicht leicht zu solchem Gegen-
satz zwischen Kunst und Natur. Was sich hei ihnen an Bild-
werken nehen den Quellen fand, war zwiefacher Art. Entweder
waren sie gelegentlich hei denselben aufgestellt oder ursprüng-
lich für sie bestimmt und geschaffen.

Zu der gelegentlichen Ausstattung gehörten die Weih-
gahen, welche natürlich bei solchen Quellen am reicblichsten
vorhanden waren, welche in besonderem Rufe wohlthätiger oder
erquickender Wirkung standen, ferner bei Orakelquellen und
solchen, welche zu hochzeitlichem Gehrauche bestimmt waren.

In Platons Phaidros (230 B) wird ein Heiiigthum der
Nymphen und des Acheloos daran erkannt, dafs es mit Thon-

i) Frontinus, de aquae ductibus 10. Entdeckung der aqua Virgo:
Berlitier Cremmencatalog V 2 p. 327 (mit schlafender Nymphe).
 
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