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Curtius, Ernst
Gesammelte Abhandlungen (Band 2) — Berlin, 1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.33815#0217

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VI. Die Darstellungen des Kairos.

20 i

Gestus der rechten Haud wie auf dem Turiner Relief, welchen
der Herausgeher richtig deutet (il fait descendre la coupe droite).
Der alte Kopf steht aber mit dem nackten Ephebenkörper in
grellem Widerspruch, und durch ein handgreifiiches Mifsver-
ständnifs ist aus dem sichelförmigen Scheermesser, mit welchem
der Nachahmer nichts anzufangen wufste, eine Himmelskugel
geworden, die garkeinen Sinn hatOj Aufserdem ist die Gruppe
durch eine ebenfaRs unkiare Figur erweitert, welche sich aus
einem mit Feuer angefüllten Gefäfs zu erheben scheint.

Dieselbe Darsteilung hat Lupulus im Iter Yenusinum als
Titelvignette abgebddet, wo die jugendliche hermenartige Figur
mit ihrer Rechten die höhere Schale zu sttitzen scheint. Ob
dieser Stein mit dem Petershurger identisch ist, weifs ich nicht
zu entscheiden; sicherlich aber hat dies Denkmal keinen hesseren
Anspruch auf antiken Ursprung.-) Das sind die letzten Aus-
läufer der Kairosbilder, deren wechselvolle Geschichte ich auf-
zuklären gesuclit habeF)

^) Ueber die haibmondförmigen Rasirmesser aus Bronze hat Helbig
neuerdings im römisehen Institut gehandelt. (Archäoiog. Zeitung XXXII
()874) 8. 168.) Friederichs erklärte diese Instrumente (im Antiquarium
n. 1217—1221) für Deräthe des Lederarbeiters, ihm folgt Blümner, Tech-
nologie und Terminologie der Gewerbe und Ktinste bei den Griechen und
Römern I S. 282.

") Michaelis Archarigeli Lupuli Iter Venusinum vetustis monumentis.
illustratum. Neapoli 1793. 4. p. 49. (Tripaldae in hortis Principis Abelli-
natium vetus anaglyphum ante hos dies effossum.) Als Fälschung von
Jahn angesehen, während Brunn nur die Inschrift für

falsch halten wolite. Die volikommene Uebereinstimmung zwischen dem
Hontferrand'schen Relief und dem bei Lupulus bezeugt auch Conze, Archäo-
logische Zeitung 1867 8. 73*.

0 Zum Schlufs erinnere ich noch an den Heroldsruf, welcher von
Julian in den Caesares p. 318d dem Hermes in den Mund gelegt wird
und die Beziehung des Kairos zum Stadion recht deutlich macht:

Vgl. über griechische Heroldsrufe M. Haupt in den Nuove Memorie dell'
Instituto di corr. arch. 1865 p. 209.
 
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