Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Curtius, Ernst
Gesammelte Abhandlungen (Band 2) — Berlin, 1894

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.33815#0312

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
296

XIV. Ueber die Dariusvase.

müssen. So ha,t ja auch Welcker die dargestellte Scene erkiärt.
Es fragt sich nur, oh nicht die Situation noch hestimmter auf-
gefafst werden kann und mufs.

Dreimal hat Dareios Krieg gegen Hellas beschlossen, das
dritte Mal ist er aher vor Vollendung seiner Rüstungen ge-
storhen. Es wäre also unpassend gewesen, den Beschlufs eines
Kriegs, dessen Ausführung seinem Nachfolger überlassen
hlieb und nach mancherlei Zwischenfälien erst vier Jahre nach
seinem Tode zu Stande kam, zum Gegenstande einer Dar-
stellung zu machen, deren Mittelpunkt Dareios ist. Auch
war es durchaus angemessen, die Persermacht auf diesem Bilde
in ihrer ungebrochenen Kraft darzustellen, wie sie vor der
Niederlage bei Marathon den Griechen gegenüberstand und
alles Insel- und Küstenland mit Schrecken erfüllte, die Zeit
der hlühenden Reichsmacht, wie sie in den Chören von Aeschylus
Persern an den Namen des Dareios geknüpft wird. Es kann
also nur der erste Kriegsbeschlufs, welcher die Aussendung des
Mardonios zur Folge hatte, oder der zweite, gegen Eretria und
Athen gerichtete, gemeint sein. Ehe wir uns in dieser Be-
ziehung entscheiden, müssen wir uns die Zeitverhältnisse an-
schaulicher machen, um uns von dem, was damals im Perser-
reiche vorging, und von den Parteiungen, welche die Grofsen
des Reichs hewegten, eine Vorstellung zu verschaffen.

So vollständig auch das ionische Küstenland nach dem
Falle von Milet dem Grofskönige unterworfen worden war, so
war man dennoch in Susa mit dem Erfolge nicht zufrieden. Es
war zu langsam gegangen und für die grofsen Mittel zu wenig
erreicht. Die Entsetzung aller oberen Befehlshaber in den
Seeprovinzen (Herod. VI, 43) zeugt von der Stimmung des
Grofskönigs; die Ungnade desselben traf besonders seinen
Bruder Artaphernes, der bis dahin die ionischen Angelegen-
heiten in seiner Hand gehabt hatte. Es war eine Demüthigung
dieses erfahrenen Staats- und Kriegsmanns, als Dareios den
jugendlichen Sohn seines Schwagers Gobryas, den eben mit
seiner Tochter vermählten Mardonios mit unbeschränkten Voll-
machten an die Spitze seiner Land- und Seemacht stellte und
sich von seiner feurigen Thatkraft glänzende Erfolge versprach.
Wie Mardonios an der Küste Ioniens hinauffuhr, liefs er sich
trotz der Ungeduld, mit welcher er dem Schauplatze seines
Ruhmes zueilte, so viel Zeit, um daselbst die wohlbedachten
 
Annotationen