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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Hrsg.]
Designtheoretisches Kolloquium — 14.1990

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Bürdek, Bernhard E.: Elektronik und Vernunft
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https://doi.org/10.11588/diglit.31838#0013
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Bernhard E. Bürdek

Elektronik und Vernunft

Zur Debatte um die Ent-Materialisierung im
Design

Theorie, Praxis und Ausbildung des Designs
befinden sich gegenwärtig in einer dramati-
schen Situation des Umbruchs. War die Ent-
wicklung dieser Disziplin in den vergangenen
Jahrzehnten eigentlich recht ungebrochen ver-
laufen - ich meine damit die Kontinuität vom
Bauhaus über die Hochschule für Gestaltung
Ulm zur Post-Modernen bzw. Neo-Modernen
der Gegenwart - so zeichnet sich jetzt unter
dem Stichwort „Digitalisierung“ der wohl gra-
vierendste Paradigmawechsel der Disziplin
ab.

Dieser kommt jedoch nicht vollkommen über-
raschend, denn schon zu Beginn dersiebziger
Jahre hat der amerikanische Soziologe Daniel
Bell IM darauf hingewiesen, daß wir uns im
Übergang zu einer postindustriellen oder
nachindustriellen Gesellschaft befinden. Er
beschrieb dies in fünf Dimensionen:

1. Im wirtschaftlichen Sektor:

d. h. es findet ein Übergang von einer güter-
produzierenden zu einer Dienstleistungs-
gesellschaft statt;

2. In der Berufsstruktur:

d. h. eine Klasse professionalisierter und
technisch quaiifizierter Berufe wird den Vor-
rang erhalten;

3. Im axialen Prinzip:

d. h. theoretisches Wissen als Quelle von
Innovationen und Ausgangspunkt der ge-
sellschaftlich-politischen Programmatik wird
in den Mittelpunkt rücken;

4. In der Zukunftsorientierung:

d. h. die Steuerung des technischen Fort-
schritts und die Bewertung der Technologie;

5. In der Entscheidungsbildung:

d. h. die Schaffung einer neuen „intellektuel-
len Technologie“.

Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den
Bell’schen Thesen findet gegenwärtig nur in
marginalen Beiträgen einiger weniger zum
Thema „gesellschaftliche Modernisierung“
statt, viel stärker hört man weit und breit das
hohle Getöne über Design-Management.

Ich möchte dazu zumindest aus aktuellem An-
laß ein paar kritische Anmerkungen vorneh-
men. Als Mitte derßOer Jahre insbesondere im
angelsächsischen Raum das Thema „Design-
Methodologie“ in den Vordergrund rückte, be-
gannen wir in der BRD im Zuge unserer Arbei-
ten zur Entwicklung eines Instrumentariums
für die Produktplanung uns auch mit Design-
Management zu beschäftigen. Michael Farr
121 prägte damals diesen Begriff, den wir 13/
dann für den deutschsprachigen Raum publik
machten.

Uns ging es damals im wesentlichen darum,
weniger inhaltliche Aussagen zu neuen Pro-
dukt-Konzepten zu machen, als vielmehr die
organisatorischen Rahmenbedingungen zu
entwickeln, in denen Innovationen in der Un-
ternehmensstruktur ermöglicht werden:

Unter Design-Management wurde eine
Tätigkeit verstanden, die auf der Basis
der planenden Vorbereitung der Zukunft
fixierte Design-Ziele im Unternehmen an-
strebt.

Wir haben damals zwei große Aufgabenberei-
che gesehen, die zu lösen waren:

- die Entwicklung unternehmerischer Zielsy-
steme

- und die methodische Informationsverarbei-
tung

wobei gerade letzteres dann extensiv bearbei-
tet wurde und in Bergen von Check-Listen,
Entscheidungstabellen etc. mündete. Einige
von Ihnen kennen ja sicherlich auch meine
Arbeiten aus den 70er Jahren, die sich damit
beschäftigten, und insbesondere auch hier in
Halle rezipiert wurden. Dies hatte für die
betriebsinternen Beratungen und Schulungen
schon seine Berechtigung, konnten doch mit
diesen Materialien die Abläufe und Entschei-
dungsprozesse transparent gemacht werden.
Design-Management wurde dann eigentlich
präziser als Koordination aller Design-Aktivitä-

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