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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Editor]
Designtheoretisches Kolloquium — 14.1990

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Bürdek, Bernhard E.: Elektronik und Vernunft
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https://doi.org/10.11588/diglit.31838#0014
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ten und als Entscheidungsvorbereitung für die
Unternehmensleitung verstanden. Also letzt-
lich Tätigkeiten, die jeder Chef der Design-Ab-
teilung eines Unternehmens zu bewältigen
hat.

Ich war dann schon etwas überrascht, als nach
rund zwanzig Jahren dieser Begriff wieder auf-
tauchte, der anscheinend in Vergessenheit ge-
riet. Besonders aktiv zeigte sich das bereits
1976 gegründete DIM (Design Management
Institute) in Boston, dessen Aktivitäten inzwi-
schen auch Europa und Asien erreicht haben
/4/5/. In kürzester Zeit erschienen in zahlrei-
chen Wirtschaftsmagazinen Beiträge zum
Thema „Design-Management“. Mir fällt dabei
auf, daß immer wieder die gleichen Stories von
Firmen zum besten gegeben werden:

- die Braun AG in Kronberg

(der weltweit anerkannte Gralshüter der
,Guten Form 1)

- die C. Josef Lamy GmbFI in Heidelberg
(Schreibgeräte in der Design-Philosophie
der Braun AG, die wunderbare Wider-
sprüche produziert:

ein 15 Gramm schwerer Kugelschreiber
wird in einer 120 Gramm schweren reprä-
sentativen Verpackung verkauft)

- die Erco-Leuchten GmbH in Lüdenscheid
(Klaus-Jürgen Maack: wir verkaufen Licht
und nicht Leuchten)

- die Fa. Wilkhahn in Bad Münder
(Hersteller eines konsequent design-orien-
tierten Bürostuhl-Programms mit einem
Ökologie-Professor im Vorstand)

- die Küchenfirma Bulthaupt GmbH & Co.
in Aich

(ein klares Bekenntnis zur Tradition der
Moderne, ab 20 000,- DM bekommt man
hier eine wirkliche repräsentative Designer-
Küche)

- die Vorwerk & Co Teppichwerke in Hameln
(bekannt geworden durch die geschickte
Imitation einer Veranstaltung des Türklin-
kenherstellers FSB)

u. a. m.

Gemeinsam ist diesen allen die durchgängige
Design-Linie, die sich in den Produkten, im
graphischen Erscheinungsbild und teilweise in
den Gebäuden äußert. Dies nennt man eigent-
lich Corporate Design, und wenn man die Un-
ternehmens-Philosophie noch berücksichtigt,
dann kann gelegentlich sogar von Corporate
Identity Programmen gesprochen werden.
Auch darüber gibt es heute eine Vielzahl von
Publikationen, auf die ich hier nicht näher ein-
gehen möchte. Corporate Identity hat natürlich
auch mit Ritualen, mit Kult zu tun, was ich gar
nicht abstreiten möchte /6/. Ob man jedoch
dem deutschen Cl-Berater Roman Antonoff 111
noch folgen sollte, der in einem Expertenstate-
ment jüngst zum Thema „Identität“ sagte:
„Identität ist ein Phänomen auf drei Ebenen:
der logischen, der psychologischen und der
parapsychologischen ... Ganz kühl, fachlich
vom Standpunkt einer Cl-Lehre aus gesehen
ist unbestreitbar, daß Menschen am meisten
Identitätsenergie entwickeln, wenn die Sache
religiöse Dimensionen hat. Mit anderen Wor-
ten: wenn man auf der parapsychologischen
Ebene operiert. Hier ist nicht nur das Wissen,
hier ist vor allem der Glaube gefragt“, möchte
ich doch offenlassen.

Immerhin scheint es mir einmal notwendig
zu sein, auf die unzulängliche Vermischung
der Begrifflichkeiten hinzuweisen: Was derzeit
unter Design-Management verstanden wird,
meint schlichtweg Corporate Identity/Corpo-
rate Design-Strategien. Das dies ein wichti-
ges Arbeitsfeld darstellt, ist überhaupt keine
Frage. Es reicht heute natürlich nicht mehr
aus, daß Designer einzelne Produkte gestal-
ten. Vielmehr ist der Zusammenhang zwi-
schen Unternehmensphilosophie, Marketing-
Strategie, Produkt-Design etc. zu erarbeiten
181. Dies wäre jedoch ein anderes Thema.

Ein Design-Management, das inhaltlich be-
gründet ist, müßte vielmehr dazu beitragen,
daß Design nicht nur als Produktentwurf son-
dern auch als Verhaltensentwurf 191 verstan-
den und praktiziert wird. Ich meine damit ins-
besondere die Auseinandersetzung mit und
das Entwickeln von neuen Utopien, Visionen
und Konzepten /10/. Gerade in den neuen
Kommunikationstechnologien sind vollkom-
men neue Design-Konzepte (Stichwort: Inte-
gration der bisher einzelnen Produkte, neue
Formen der Benutzung solcher Geräte etc.)

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