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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Editor]
Designtheoretisches Kolloquium — 14.1990

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Kolbe, Peter: Ein Referenzmodell für den Gestaltungsentwurf von Produkten via Computer - zur Notwendigkeit theoretisch konzeptioneller Forschung im Industrie-Design
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https://doi.org/10.11588/diglit.31838#0050
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Nachteile des traditionellen Zeichen/Modell-

baus:

- wesentlich (I): keine „on Iine“-Einbindung
des Designentwurfs in den arbeitsteiligen
Produktentwurf als Ganzes. Industrie-Desi-
gner, Konstrukteur und Technologe arbeiten
an unterschiedlichen Zeichen/Modellen.
Der Informationsaustausch, die interdiszi-
plinäre Kommunikation erfolgt „off line“, der
Industrie-Designer übergibt sein (!) Modell,
zeigt bzw. repräsentiert es und beschreibt
es separat.

- hoher zeichnerischer Mehraufwand bei Va-
riationen bzw. Manipulationen des Entwurfs
- vor allem auch dann, wenn wesentliche
Entwurfskomponenten beibehalten und wie-
derholt dargestellt werden müssen

- hoher Aufwand bei der Erstellung realitäts-
naher Rendering-Zeichnungen in der End-
phase des grafischen Entwurfs (Sisyphus-
Arbeit von „Rendering-Sklaven“ /4, 5/.)

- kein Ausschluß formaler Fehler zwischen
grafisch-zeichnerischem 2D-Entwurf - auf
dem 2D-Repräsentationsmedium - und rea-
lem 3D-Modell /siehe z. B. 4 u. 5/

- uneffiziente bibliografische Aufzeichnung
bzw. Speicherung der Modellentwürfe mit
uneffektivem Zugriff auf die aufgezeichne-
ten Informationen sowie schlechter Über-
blick

Demgegenüber ist der informationelle Zei-
chen/Modellbau mit Hilfe von Computersyste-
men gegenwärtig eine ernst zu nehmende
Herausforderung für den Gestaltentwurf im
Industrie-Design.Worin bestehen die Vor- und
Nachteile des informationellen Modell- und
Werkzeugbaus via Computer?

Die nachfolgende Zusammenstellung verdeut-

licht, daß die Nachteile der traditionellen Vor-

teile des traditionellen Zeichen/Modellbaus:

- hocheffiziente Umsetzung von Gestaltideen
auf externe Repräsentationsmedien (Infor-
mationseingabe): „direkt vom Kopf über die
Hand auf das Zeichenblatt“;

Voraussetzung:

intensive Ausbildung (Erwerb darstellungs-
technischer Fähigkeiten und Kenntnisse!)

- direkte, gestaltanaloge Modellrepräsenta-
tion ohne Notwendigkeit einer mathema-
tisch-naturwissenschaftlich fundierten Mo-
dellierung und Wissensaufbereitung. Der In-
formationsaustausch mit dem Modell inner-
halb des Entwurfs erfolgt direkt („evokativ“)
- d. h. ohne „Umweg“ über eine abstrakt-
logische Modellbildung

- effiziente, ganzheitlich-sukzessive Ent-
wurfsweise für den Gestaltentwurf insge-
samt: langes „Offenhalten des Entwurfs“
durch unscharfe und vage Anfangsskizzen,
die sich auf das wesentliche konzentrieren.
Damit bleiben potentielle Konkretisierungs-
möglichkeiten erhalten und erst in der End-
phase der ganzheitlich-sukzessiven Verfei-
nerung wird der exakte Finish-Entwurf er-
reicht. Das Ganze wird vor dem Detail/Teil
entworfen!

- unmittelbare (interne) Einbindung von Wis-
sen aus der gestalterischen Grundlagen-
Ausbildung. Das betrifft vor allem formale
(d. h. bedeutungsfreie) Aussagen zurvisuel-
len Gestaltung, die empirisch die spezifi-
schen Eigenschaften und Organisationsfor-
men unseres visuellen Wahrnehmungssy-
stems reflektieren.

Entwurfsweise mit dem Einsatz von Compu-
tern in der Regel verschwinden, aber die Vor-
teile nicht erreicht werden. Das Ziel muß ohne
Zweifel im Erreichen beider Vorteile liegen,
wobei eine Effektivitätssteigerung bei der
strukturanalogen Informationseingabe und die
Unterstützung der ganzheitlich-sukzessiven
Entwurfsweise zu den Schwerpunkten ge-
hören.

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