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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 14.1896

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Beck, Paul A.: Zeitblomsche Darstellung vom Tode Marias und andere Zeitblomiana
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https://doi.org/10.11588/diglit.15915#0176

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katholischen Pfarrdorf Bingen in Hvhen-
zollern befindet sich an der Wand der
einen Seitenkapelle ans einer oblongen
Tafel gleichfalls eine sowohl in Lehners
„Kunstwerke der Pfarrkirche von Bingen w."
als in dein neu erschienenen Prachtwerke:
„Die Bau- und Knnstdenkmale der Hohen-
zollcrnschen Lande re." (zwischen S. 216
und 217) abgebildete Darstellung des
TodeS Marias von Zeitbkom (siehe
diese Zeitschrift a. a. O. S. 86) wie die-
selbe, umgeben von den Aposteln, außer-
halb oes Bettes halb schwebend, halb
liegend stirbt. Diese Tafel bildete früher
einen Bestandteil eines größeren Gemäl-
des Hund wurde durch Zersägen des letzteren
gewonnen) sowie mit allen übrigen Bil-
dern und den fünf Holzskulpturen einen
ganzen CykluS von Scenen aus dem Leben
der Mutter Gottes an dem ehemaligen
Hoch- (und Flügel-) Altar. Das dritte
allerdings bis jetzt weniger bekannte, in
dieser Zeitschr. a. a. O. (S. 81/82) gleich-
falls näher beschriebene, in Lützows „Zeit-
schr. f. bildende Kunst", 1893, S. 121 ff.,
zur Abbildung gebrachte Bild, früher ein
Altarwerk in Mickhausen a. Schmutter,
jetzt im Nationalmuseum zu Budapest, zeigt
ans den ehemaligen, jetzt zu einer Tafel
vereinigten Außenseiten eine Versammlung
der . Jünger im Gemach der hl. Jungfrau,
welche an einem Betpulte kniet und ihren
Tod erwartet. — Die Malwerke mit dem
Tode der hl. Jungfrau sind überhaupt un-
zählig und scheiden sich, wie gesagt, in der
Hauptsache in die Darstellung, wie die-
selbe im Bett, und wie sie außerhalb des-
selben stirbt, welch letztere sich nicht so
selten findet. Sonst gleichen sich dieselben
meist so ziemlich und liegen wenig origi-
nale Kompositionen vor, scheinen vielmehr
die meisten diesem oder jenem Vorbilde
nachgemacht worden zu sein. Die be-
rühmteste, den Namen des „Meisters des
Todes der Maria" — für welchen viel-
fach der von 1505—1515 zu Cal?ar und
Köln, später in Italien thätige Maler
Jan Joe st (s. pjx Litt. Nachweise über
denselben im Sigmaringer Gemäldekatalvg,
S. 16 zn Nr. 46) gehalten wird —
tragende, in der ä. Pinakothek zu Mün-
chen befindliche Darstellung faßt den Her-
gang ganz wie eine Slerbescene ans dem
15. Jcihrhnndert auf:

In geräumigem Saale liegt unter einem
Prachtbaldachin die sterbende Mutier Christi:
Johannes hält unter Thräneu die brennende
Sterbekerze in ihrer Hand. Während ein Teil
der Apostel betet, die andern mit Herbeischaffeu
des Weihwasserbeckens, wieder andere mit dem
Aufachen der Kohlen im Rauchfasse beschäftigt
sind,' kniet Petrus als funktionierender Priester
im Pluuiale zu Fußen des Lagers, um die kirch-
liche Handlung zn vollziehen. — In derselben
Pinakothek befindet sich ferner eine aus dem
Neichsslift Wette »Hausen stammende, im
Laufe der Zeit aus der Schleißheimer Galerie
nach München herübergekommeue Darstellung
Atariin Schaffners, wie die Gottesmutter
den Lod außerhalb des Bettes, zwischen
den Aposteln stehend und in sich zusammen-
sinkend, erwartet. Ein ähnliches dem Schaff-
ner zugeschriebenes, aber insofern zweifel-
haftes Gemälde, die Rückseite eines ans der
Vvrseite die Krönung Marias zeigenden Bildes,
ist in der Burgkapelle auf dem Lichtenstein.
Noch viel bedenklicher in Bezug auf die Pro-
venienz ist eine im selbe» Schlosse befindliche
Darstellung angeblich von Martin Schvn-
ga u er (!), aus welcher die Gottesmutter nicht
knieeud, sondern auf dem Tvtbette liegend und
von den Aposteln umgeben stirbt. Roch eine
weitere dem M. Wohlgemutst zugeschriebeue
Darstellung, über welche wir uns ei» Ur-
teil nicht erlauben, liegt am selben Orte vor.
Eine interessante, bis jetzt weniger bekannte,
besonders gut in der Gruppierung und charak-
teristischen Zeichnung der Köpfe gehaltene,
von einem früher im dortigen Schlosse ausge-
stellten gotischen Flügelaltar stammende in dem
schon cik. Prachtwerk (zwischen S. 66 und 67)
abgeb ldete Darstellung eines unbekannten —
Zeitblom nicht fernstehenden — Meisters ist in
der Pfarrkirche vvu Diesseu in Hohenzollern
zn sehen: Um die, in halb liegender, halb
sitzender Stellung auf einem Bette ruhende
heilige Jungfrau drängen sich — nach der
ebendaselbst von diesen! trefflichen Gemälde ge-
gebenen Beschreibung —- in sichtlicher Auf-
regung die zwölf Apvstel. Gruppierung und
Gewandung (einer der Apostel ist ganz not-
dürftig bekleidet, die übrigen alle barfüßig! geben
den Anschein, als vb die Nachricht vom Sterben
der Gottesmutter überraschend gekommen. Der
hl. Johannes hält die Sterbekerze, der hl. Petrus
in geistlicher Tracht den Weihwasserwcdel. Ein
anderer trägt das Nauchsaß. Zn Füßen des
Sterbelagers knieen zwei Apvstel, auS einem
Buch die Sterbegebete lesend. Der eine hält in
der' linken Hand eine Brille, in der anderen ein
Kreuz, wohl daS Sterbekreuz. Im Hintergrund
des ganz dahinteustehenden Bettes, auf goldge-
mustertem Untergrund zeigt sich — eine auch
sonst häufige Zugabe — die assumptio, Gott
Vater (sonst mehr Christus) hält die (in Gestalt
eines Kindes dargestellte) Seele der entschlafenen
Jungfrau liebreich an seine Brust gedrückt. Eine
beachtenswerte, indes nicht der schwäbischen, eher
ivohl der Alt-Niederländer Schule augchörige
Darstellung weist endlich noch die Pfarrkirche von
Scharen stetten auf.
 
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