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hotte», erst so spät urkundlich genannt
werden?
Antwort: Keltenofen befand sich zn die-
ser Zeit offenbar noch niebt in Ravensburg
nnd Friedrich war ohne Zweifel noch nicht
selbständig, daher auch nicht steuerpflichtig.
Aber woher hat dann Dursch diese Namen ?
Bnsl sagt mit Neckt: Herrich konnte diesen
Namen in Ebens „Geschickte der Stadt
Ravensburg" (1830) finden, wo er übri-
gens als Bildhauer angeführt ist. Aber
gerade dieser letztere Umstand sollte uns
belehren, daß Herrich und seine Ge-
währsmänner nicht aus diesem Bucke
geschöpft haben, sondern damals schon
in den Ravensburger Stenerlistcn geblättert
haben müssen, allerdings aufmerksam gemacht
durch das genannte Buck, welches auch den
Namen des Malers Tagbrecht sckon erwähnt.
Ich habe diesen Tagbrecht in meinem ange-
führten Aufsatz über Schramm beigezogen,
»m zu zeigen, wie man damals überhaupt
Kunstgeschichte machte. Hatte man einen
Namen, so war man gleich bereit, dem
Künstler auch Werke znzuschreiben. Busl
verstehe ich nicht recht, wenn er mir vor-
hält, ich hätte die Untersuchung auf den
Kopf gestellt, das Ende zum Anfang ge-
macht. Ich habe ja nur behauptet: aus
den vorliegenden Notizen könne noch nicht
auf eine höhere Kunstthätigkeit Tag-
brechts geschlossen werden. Daß der Name
schon im Bürgeranfnahmebnch von 1364
vorkommt, wußte ich freilich nicht, es war
mir nur daran gelegen, festznslellen, daß die
Namen Tagbrecht nnd Holbein nicht als
Maler der Fresken im Karmeliterkloster
zn Ravensburg anzusehen sind, wie im „Kor-
respondenzblatt" des Gesamivereins 1856
behauptet worden ist. Und gerade dieses
Datum könnte uns wieder einen Finger-
zeig geben, wer der Erfinder aller dieser
Märchen ist. In . eben demselben Jahr
erschien Dnrschs Nachtrag, wäre es nicht
denkbar, daß beide Hypothesen, die geschickt
gemacht nnd den Charakter der Ursprüng-
lichkeit an sich tragen, ans eine und die-
selbe Quelle znrückzuführen sind, ich meine
auf die Person des Herrn Proknrator
Abel^), welcher eben die Notiz über die an-
geblichen Maler Tagbrecht und Holbein
im „Korrespondenzblatt" brachte. Dieser
') Der bekannte Knnstsmnmler.
war mit Dursch nnd Häßler auf der Ulmer
Versammlung vom Jahr 1855 nnd dort
wurde ohne Zweifel die Inschrift geschmiedet.
Schon im Jahr 1849 hat der Ulmer Alter-
tumsverein einige Nachbildungen von Holz-
schnitzwerken aus der Dnrschschen Samm-
lung publiziert, welche aus der Feder Dnrschs
mit einer Beschreibung begleitet wurden
(s. 6. Bericht d. Vereins, S. 26 ff.), auch
hier wird der Bildhauer Schramm er-
wähnt, „der in der zweiten Hälfte des
15. Jahrhunderts in Ravensburg arbeitete".
Wie bescheiden ist doch diese Notiz gegen-
über der von Dursch sieben Jahre später
angeführten Inschrift! Ganz unwichtig ist
auch die von Dursch angegebene Schreib-
weise Kelltenofer nicht; sie entspricht weder
der Lesart im Bürgeraufnahmebuch noch
der bei Eben, doch läßt sich darüber streiten,
da auch das Steuerbuch in der Schreib-
weise nicht konsequent ist; jedenfalls ist
aber die Lesart Keltenofen (Kaltofen), nicht
Keltenhofer oder Kelltenofer, die bessere,
nnd bei einer Inschrift, die nicht von Zu-
fälligkeiten des Schreibers abhängig ist,
wird man wohl annehmen müssen, daß
dort Keltenosen, wie es im Bürgeranf-
nahmebnch steht, gestanden haben müsse.
Ueberblicken wir nochmals den Gang
unserer Untersuchungen, so kommen wir
zu folgendem Resultat:
1. In Erwägung, daß die angebliche
Inschrift in ihrer Form keineswegs mir
den anderwärts erhaltenen Künstlerinschrif-
ten zn vereinbaren ist;
2. daß der Name Schramm in der an-
gegebenen Zeit in Ravensburg nicht ge-
nannt nnd erst 25 Jahre später ein Bild-
hauer Friedrich nnd ein Maler Kelten-
ofen urkundlich beglaubigt ist;
3. daß die Inschrift von keinem Augen-
zeugen und erst im Jahr 1856 nieder-
geschrieben worden ist und
4. daß beim Verkauf der Madonna
nach Berlin im Jahr 1850 von dem
Namen Schramm und der Inschrift gar
keine Notiz genommen wird, — kommen wir
zn dem Schluß, daß die ganze Inschrift
erfunden nnd ein Bildhauer Friedrich
Schramm um die Wende des 15. Jahr-
hunderts in Ravensburg überhaupt nicht
existiert hat.
Sch tu ß b e IN er kn» g. — Ei» eigenes Ge-
schick fügt es, daß die in dieser Zeitschrift (tV.
hotte», erst so spät urkundlich genannt
werden?
Antwort: Keltenofen befand sich zn die-
ser Zeit offenbar noch niebt in Ravensburg
nnd Friedrich war ohne Zweifel noch nicht
selbständig, daher auch nicht steuerpflichtig.
Aber woher hat dann Dursch diese Namen ?
Bnsl sagt mit Neckt: Herrich konnte diesen
Namen in Ebens „Geschickte der Stadt
Ravensburg" (1830) finden, wo er übri-
gens als Bildhauer angeführt ist. Aber
gerade dieser letztere Umstand sollte uns
belehren, daß Herrich und seine Ge-
währsmänner nicht aus diesem Bucke
geschöpft haben, sondern damals schon
in den Ravensburger Stenerlistcn geblättert
haben müssen, allerdings aufmerksam gemacht
durch das genannte Buck, welches auch den
Namen des Malers Tagbrecht sckon erwähnt.
Ich habe diesen Tagbrecht in meinem ange-
führten Aufsatz über Schramm beigezogen,
»m zu zeigen, wie man damals überhaupt
Kunstgeschichte machte. Hatte man einen
Namen, so war man gleich bereit, dem
Künstler auch Werke znzuschreiben. Busl
verstehe ich nicht recht, wenn er mir vor-
hält, ich hätte die Untersuchung auf den
Kopf gestellt, das Ende zum Anfang ge-
macht. Ich habe ja nur behauptet: aus
den vorliegenden Notizen könne noch nicht
auf eine höhere Kunstthätigkeit Tag-
brechts geschlossen werden. Daß der Name
schon im Bürgeranfnahmebnch von 1364
vorkommt, wußte ich freilich nicht, es war
mir nur daran gelegen, festznslellen, daß die
Namen Tagbrecht nnd Holbein nicht als
Maler der Fresken im Karmeliterkloster
zn Ravensburg anzusehen sind, wie im „Kor-
respondenzblatt" des Gesamivereins 1856
behauptet worden ist. Und gerade dieses
Datum könnte uns wieder einen Finger-
zeig geben, wer der Erfinder aller dieser
Märchen ist. In . eben demselben Jahr
erschien Dnrschs Nachtrag, wäre es nicht
denkbar, daß beide Hypothesen, die geschickt
gemacht nnd den Charakter der Ursprüng-
lichkeit an sich tragen, ans eine und die-
selbe Quelle znrückzuführen sind, ich meine
auf die Person des Herrn Proknrator
Abel^), welcher eben die Notiz über die an-
geblichen Maler Tagbrecht und Holbein
im „Korrespondenzblatt" brachte. Dieser
') Der bekannte Knnstsmnmler.
war mit Dursch nnd Häßler auf der Ulmer
Versammlung vom Jahr 1855 nnd dort
wurde ohne Zweifel die Inschrift geschmiedet.
Schon im Jahr 1849 hat der Ulmer Alter-
tumsverein einige Nachbildungen von Holz-
schnitzwerken aus der Dnrschschen Samm-
lung publiziert, welche aus der Feder Dnrschs
mit einer Beschreibung begleitet wurden
(s. 6. Bericht d. Vereins, S. 26 ff.), auch
hier wird der Bildhauer Schramm er-
wähnt, „der in der zweiten Hälfte des
15. Jahrhunderts in Ravensburg arbeitete".
Wie bescheiden ist doch diese Notiz gegen-
über der von Dursch sieben Jahre später
angeführten Inschrift! Ganz unwichtig ist
auch die von Dursch angegebene Schreib-
weise Kelltenofer nicht; sie entspricht weder
der Lesart im Bürgeraufnahmebuch noch
der bei Eben, doch läßt sich darüber streiten,
da auch das Steuerbuch in der Schreib-
weise nicht konsequent ist; jedenfalls ist
aber die Lesart Keltenofen (Kaltofen), nicht
Keltenhofer oder Kelltenofer, die bessere,
nnd bei einer Inschrift, die nicht von Zu-
fälligkeiten des Schreibers abhängig ist,
wird man wohl annehmen müssen, daß
dort Keltenosen, wie es im Bürgeranf-
nahmebnch steht, gestanden haben müsse.
Ueberblicken wir nochmals den Gang
unserer Untersuchungen, so kommen wir
zu folgendem Resultat:
1. In Erwägung, daß die angebliche
Inschrift in ihrer Form keineswegs mir
den anderwärts erhaltenen Künstlerinschrif-
ten zn vereinbaren ist;
2. daß der Name Schramm in der an-
gegebenen Zeit in Ravensburg nicht ge-
nannt nnd erst 25 Jahre später ein Bild-
hauer Friedrich nnd ein Maler Kelten-
ofen urkundlich beglaubigt ist;
3. daß die Inschrift von keinem Augen-
zeugen und erst im Jahr 1856 nieder-
geschrieben worden ist und
4. daß beim Verkauf der Madonna
nach Berlin im Jahr 1850 von dem
Namen Schramm und der Inschrift gar
keine Notiz genommen wird, — kommen wir
zn dem Schluß, daß die ganze Inschrift
erfunden nnd ein Bildhauer Friedrich
Schramm um die Wende des 15. Jahr-
hunderts in Ravensburg überhaupt nicht
existiert hat.
Sch tu ß b e IN er kn» g. — Ei» eigenes Ge-
schick fügt es, daß die in dieser Zeitschrift (tV.