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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 16.1898

DOI Artikel:
Schön, Theodor: Die Klosterhöfe in der Reichsstadt Reutlingen, [12]
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.18488#0077

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verlesen. Am 4. Mai 1669 antwortete
der Rat dem Abt:
„nur dem Abte und seinen Konvcntualen sei
für sich und die Bedienten des Hofs privatim
bei verschlossenem Hofe in der Kapelle zu beton
und Messe zu lesen, aus guter Nachbarschaft
nach gesehen, gegen Fremde aber, Taufen,
Beichte, Kommunion immer Verbot und Abstellung
gcthan worden."
Am 4. Mai 1669 antwortete der Abt:
er nehme die Religionsübung in Anspruch und
stieße sich an dein Ausdruck „nachgeseheu". Er
könne nichts Erhebliches darin finden, den Hof
abzusperren, wenn die hl. Messe gelesen werde,
und wolle keinen üblichen katholischen Gebrauch
ausgeschlossen und die im Hofe geborenen Kinder
der Hofmeister daselbst getauft wissen, wie schon
zuvor und nicht heimlich geschehen sei, da zu-
weilen geistliche und weltliche Obrigkeitspersonen
dabei Gevatterschaft verrichtet hätten.
Am 1. Juni 1669 antwortete der Nat
und legte Gewicht darauf, daß die Stadt
wie die längst antiquierte St. Johannes-
kapelle zeige, den ganzen Kultus hätte
einstellen können. Jedenfalls wäre der
Hof wegen der auf Rentlinger Territorium
verübten Vergehen von der Jurisdiktion
der Stadt nicht epempt.')
Inzwischen hatte der Abt sich an einen
Juristen, der aber nicht Zwiefalter Hof-
meister in Reutlingen war, an I. Michael
Schatz, ). 11. Or. gewandt, welcher am
23. März 1669 schrieb:
„dem Hofmeister und seinen Hausgenossen sei
die Religionsübung, besonders wenn Zwifnltische
Religiösen da gewesen, nie verweigert worden, er
meine, daß sie es itzt nicht im Sinn haben.
Fremde werden sie aber nicht gern zulassen. Als
die Schweden sich gegen die Seestädte heraus-
gelasscn, habe der Rath eine Wache vor den Hof
gestellt. Nach der Nördlinger Schlacht sei man
in guter Nachbarschaft gestanden und seines Wis-
sens sei durch kein Rathsdekret dem Kult Ein-
halt gethan worden. Aber bei den Bürgern
seien wegen der Fremden ungleiche Reden ge-
gangen. Man habe aber gethan, als höre man
es nicht."
Infolge dieses Schreibens antwortete
der Abt der Stadt am 4. Juli 1669:
„die Sache könne ohne einen Dritten nicht
zu Ende gebracht werden und mit dein allzuvielen
Schriftenwechseln dürfte die gute, alte vertrauliche
und bis dahin löblich verspürte Nachbarschaft um
etwas außer gebührende Obacht gestellt werden.
Daher wolle er sich nicht in weiteres Re- und
Duplicieren einlassen, sondern was von seinen

') Tatsächlich wurden laut Ratsprotokvllen
gegen Mönche, die auf Reutlinger Territorium
gesündigt, und gegen Hofmeister, die auf dem-
selben Strafen vollzogen, z. B. eine Nähterin mit
der Geige um den Hals herumgeführt, vom Rat
Strafen erkannt (Gayler II, 273).

Vorfahre» auf ihu mit geuugsnmem Fug und
erlangtein Recht devolvirt worden, kontinuiren in
nachbarlicher Zuversicht, auch die Stadt werde,
ihrer Vorfahren löblicheil Exempel gemäß, ihn
nicht daran hindern, widrigen Falls ein kompetenter
Richter die Befugnisse eines als andern Thsil
erläutern werde."
Der Ncit gestattete auch nicht, daß die
Hofmeisterin des Grafen Friedrich Will),
v. Oertingcn ihr am 24. April 1669
geborenes Söhnchen in der Stadt katho-
lisch taufen lasse. Sie sollte cs entweder
außer der Stadt katholisch oder in der
Stadt lutherisch taufen. Letzteres geschah.
Nun ging es gut. Am 25. Januar 1671
bemerkte der Nat im Protokoll:
„Da auf die Remonstrationen der Stadt er-
folgt, daß der Zwifaltische Hofmeister keine frem-
den Pfaffen oder Laien aus der Stadt zum Got-
tesdienst in die Hofkapelle eingelassen, vielmehr
selbst, sonderlich an hohen Festen, nach Rotten-
burg oder sonst verreist sei: so habe auch der
Rath auf diejenigen gute Acht gebe» lassen, welche
dahin gegangen und sie gestraft, wodurch der
Zulauf verhindert worden. Dies; sei auch in
Zukunft das beste Auskunftsmittel, werde auch
von Zwiefalten dafür erachtet, dnrniit kein Streit
Als im Januar 1687 der Vikar Jo-
hann Jakob Eisenlohr scharf gegen den
Papst und die Katholiken predigte, standen
der Zwiefaltische Hofmeister und Ober-
amtmann vor der Kirchenlhür und hörten
alles mit an.
Im Jahre 1688 kamen ein quartierte
Soldaten in den Hof zum Gottesdienst.
I» diesem Jahre am Februar wurde durch
Natsdekret der Zwiefaltische Hofmeister
Bernhard Knittel, weil er kurz zuvor
einer Näherin im Hof wegen eines geringen
Gelddiebstahls die Geige an den Hals
stecken ließ, um 20 ReichSthaler gestraft.
(Bestbegründete rechtliche Rcpraesentatio
Beylage kl) Im gleichen Jahre kaufte
um geringen Preis ein aufmerksamer
Unterthan des Klosters bei einem Metzger
in Reutlingen bona 66s baereticunr"
nennt ihn Sulger II, 336) eine Statue
der allerseligsten, von einem Engel begrüßten
Jungfrau Maria, welche durch Größe,
Kunst und Altertum gleich ehrwürdig,
aber nach der Sitte des Volkes mehr zur
Sebau, als zur Verehrung vernachlässigt
im Winkel eines Gewölbes lag und einst
hierher vor Luthers Zeiten aus Schön-
berg von des Metzgers Vorfahren erb-

') Gayler, II, 274, 276.
 
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