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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 16.1898

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Paulus, Nikolaus: Tetzel und Kraft in Ulm
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https://doi.org/10.11588/diglit.18488#0120

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auf das Kurfürstentum Brandenburg be-
schränkt?) ES ist also jedes Zusammen-
treffen Tetzels mit Pfarrer K. Kraft aus-
geschlossen.
Noch eher könnte man ein Zusammen-
treffen des Ablaßprcdigers mit Konrads
Vorgänger, Ulrich Kraft, von 1500
bis 1516 Pfarrer in Ulm, annehmen;
auch hätten spätere Schriftsteller die beide»
Kraft leicht mit einander verwechseln können.
Sehen wir also, ob nicht vielleicht Ulrich
Kraft gegen Tetzel ausgetreten sei.
Von Mitte 1510 bis 1516 kann dies
nicht geschehen sein, da innerhalb dieser
Zeit Tetzel in Süddeutschland keinen Ablaß
gepredigt hat. Allerdings behauptet der
protestantische Tetzelbiograph Körner:
„Es wird mit mehr Sicherheit berichtet,
daß Tetzel um 1512 in Nürnberg und in
Ulm, hier jedoch unter Konrad Krafts
kräftigem Widerstand sein Wesen trieb,
und von da nach Innsbruck ging, woselbst
er um eines Ehebruchs willen, dessen man
ihn überführte, von Kaiser Maximilian 1.
zum Säcken verurteilt, von dem gerade
anwesenden Kurfürsten Friedrich dem Weisen
losgebeten und dann zu lebenslänglichem
Gefängnis nach Leipzig gesendet worden,
aber auf eingelegte Fürbitte nach einigen
Zähren wieder loSgekommen sein soll."^)
Daß Tetzel um 1512 von Konrad
Kraft, der erst 1516 Pfarrer wurde, nicht
bekämpft worden sei, ist auch für Keidel
selbstverständlich. Was jedoch die Inns-
brucker Angelegenheit betrifft, so schließt
er sich den Ausführungen Körners voll
und ganz an: „Das einzige, was wir aus
dieser Zeit (Mitte 1510 bis 1514) be-
stimmt von ihm wissen, ist, daß er in
Innsbruck wegen Ehebruchs zum Wasser-
lod im Inn verurteilt und vom Kurfürsten
Friedrich von Sachsen loSgebcteu wurde."
Körner habe hiefür „unanfechtbare Zeugen"
angeführt. Zur selben Zeit, wo Keidel
dies schrieb, habe ich jedoch im „Histo-
rischen Jahrbuch" (1895, S. 62 ff.) dar-
gethan, daß die „unanfechtbaren" Zeugen
sich lediglich auf eine Aeußerung Luthers
stützen, der erst 1541, also über 20 Jahre
nach Tetzels Tod, die betreffende An-
schuldigung in einer seiner maßlosesten
Streitschriften vorgebracht hat; ich habe
zugleich dargethan, daß die lutherische
Anklage nichts anders als eine Ver-

leumdung sei, und die „Historische Zeit-
schrift" (Band 75 (1895), S. 370) hat
mir hierin beigestimmt.
Nicht um 1512, sondern Ende 1509
und zu Aniang des Jahres 1510 ist Tetzel
in Süddeutschland gewesen, als Subkom-
missär Christian Bomhauers, der
vom 11. Juli 1507 bis zum 11. Juli 1510
in den Kirchenprovinzen Köln, Trier und
Mainz sowie in den exemten Diöceseu
Meißen und Bamberg einen Ablaß für
den deutschen Ritterorden in Livland pre-
digen ließ. Sehr wahrscheinlich ist es,
daß Tetzel bei dieser Gelegenheit auch nach
Ulm kam. Anfangs Januar 1510 schrieb
er von Straßburg aus au den Stifls-
dekan in Bautzen, er hoffe, um Ostern
in Bautzen zu sein; zuvor müsse er sich
jedoch nach Nürnberg, Würzburg und
Bamberg begeben, um bei den Behörden
dieser Städle die Zulassung des Ablasses
nachzusuchen.Z Obschon in dem Briefe
von Ulm keine Rede ist, so wird mau
doch annehmen dürfen, daß Tetzel auch
der schwäbischen Reichsstadt einen kurzen
Besuch abgestattet hat. Wenigstens steht
fest, daß in den ersten Monaten des
Jahres 1510 die Ablaßkommissäre —
ihre Namen werden nicht angegeben —
um Zulassung des Livländer Ablasses beim
Ulmer Magistrat anhielten. Der Rat ließ
ihnen sagen, es sei ihm zwar beschwerlich,
ihrem Ansuchen uachzukommen, doch wolle
er, wie andere Städte, die Ablaßverkün-
digung am Ostermontag beginnen lassen?)
Da Tetzel um Ostern in Bautzen sein
wollte, so kann er die Ablaßverkündigung
nicht geleitet haben; er hat daher auch
die ihm von Dietrich zngeschriebene Pre-
digt in Ulm nicht gehalten.
Wie steht es aber mit dem damaligen
Pfarrer Ulrich Kraft? Hat dieser viel-
leicht den Ablaß für Livland, den der
Magistrat nur ungern zuließ, auf der
Kanzel bekämpft? Nicht im geringsten!
Er ließ sich vielmehr von Bomhauer oder
dessen Stellvertreter, also wohl von Tetzel,
als Ablaßkommissär für Ulm anfstellen,
wie dies ein von ihm Unterzeichneter Ab-
laßbrief vom Jahre 1510 beweist?) Als
Ablaßkommissär für Schwaben war er
übrigens schon in den Jahren 1501 und
1502 im Aufträge des Legaten Peraudi
thätig gewesen?) Wie kann man also
 
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