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Beck, Paul [Editor]; Hofele, Engelbert [Editor]; Diözese Rottenburg [Editor]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 16.1898

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Beck, Paul A.: Schwäbische Biographien: Matthäus Kern, Maler aus Riedhausen (1801-1852)
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https://doi.org/10.11588/diglit.18488#0055

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künden eine glückliche Erfindungsgabe so-
wie ein reiches sinniges Gemüt. Hoben
die unvergänglichen Lieder des Schwaben
Uhl and an dem Oberschwaben Konr.
Kreuzer, einen ebenbürtigen Komponisten
gefunden, so haben sie nicht minder in
dem Oberschwaben Kern einen würdigen
Bildner bekommen! — Ab und zu ver-
suchte er sich auch im Historienfach; in
seine Heimatkirche Niedhauseu malte er
i. I. 1834 noch in seinen jüngeren Jahren
um 36 sl. ein Altarblatt: LnncNn ^nnn
in perpstunm memorium (nach einem
berühmten Gnadenbild in Wien: Die
hl. Anna in grünem Kleide mit gelbem
Mantel darüber, sitzt mit begeistert er-
hobenem Arm, die linke Hand um die
zur Seite knieende Maria schlingend, mit
der rechten nach dem aufgeschlagenen Buche
(alten Testamente?) weisend), in welches
Maria schaut, zu dessen Figuren der
Maria und der hl. Anna er seine ältere
Tochter und seine Gattin benützte und
in den Jahren 1849/50, schon schwer lei-
dend, in die Kapelle in dem benachbarten
Weiler Laubach ein Freskostück. Außer
diesen zwei, nicht zu seinen bedeutenderen
Arbeiten gehörigen Gemälden besitzt sein Hei-
matland meines Wissens nichts von seiner
Hand. Ebenso war er in den graphischen
Künsten erfahren; namentlich pflegte er,
der damaligen Kunstrichtung entsprechend,
die Lithographie; er hat zahlreiche Por-
träts meisterhaft lithographiert und auch
in Kupfer und Stahl gestochen und ra-
diert. Außer Einzelbildnissen hat er noch
mehrere große Porträtcyklen lithographiert
und zwar 1841 den Cyklus lebender
österreichischer Dichter auf ein Blatt, so
von Halm, Vogl, Deinhardstein, Baucrn-
feld, Castelli, Zedlitz, Saphir n. a.; im
Jahre 1844 die Tiroler Helden von
1809 und i. I. 1848 den „Landtag in
Preßburg" mit über 48 Bildnissen auf
einem Blatt. Leider ist er znr verviel-
fältigenden Reproduktion seiner auserle-
senen zahlreichen Kabinettsstücke fast gar
nicht gekommen.
In dieses reiche vielseitige Künstlerleben
griffen die Stnrmesjahre 1848/49 leider
mit rauher Hand ein; der Hof, die hohen
Herrschaften und mit ihnen die Kunst,
flohen die in ihrem Innersten aufgewühlte,
sonst so friedliche und heitere Kaiserstadt,

welche auch Kern, ohne Beschäftigung und
Arbeit geworden, verließ. Er wandte sich,
unwillkürlich vom Heimatsdrange erfaßt,
zunächst in sein Vaterland (nach Ried-
hansen und KönigSeggwald), welches ihm
natürlich in damaligen Zeiten an Knnst-
auflrägen auch nichts bieten konnte, und
dann nach der Schweiz, unausgesetzt seiner
Kunst lebend, meist mit Freskenmalereien
für Kirchen beschäftigt und sich und seiner
zurückgebliebenen Familie das Leben er-
möglichend. Doch sagte seiner Kunst,
deren Force ohnedies mehr in der Ka-
binettsmalerei, als in dem Historiensach
lag, diese reine „Brotarbeit" auf die
Dauer nicht zu und erlahmte nach und
nach .unter der Wucht der Zeitereignisse
und seiner persönlichen Verhältnisse seine
Knnstlerkraft. Schwer leidend kehrte er
i. I. 1851 nach dem inzwischen fast ganz
veränderten Wien zu den Seinen zurück, um
hier schon das Jahr darauf, am 22. Juni —
viel zu früh für seine Familie und die Kunst
— zu sterben; er wurde in dein bereits
längst ausgelassenen Schmelzer Friedhof
beerdigt und ist seine Grabstätte nickt
mehr erhalten. — Kern gehörte der ka-
tholischen Konfession an und war mit
Franziska Dichtl aus Bremberg bei Re-
gensbnrg verehelicht und hinterließ 6
Kinder, 2 Söhne, von welche» der letzte,
Ferdinand, i. I. 1894 starb, und 4 Töchter,
von welchen nur noch 2 am Leben sind, näm-
lich Fürstin Johanna von Jablvnowska,
verehelicht mit dem 1868 st k. k. Käm-
merer und Generalmajor Fürsten Moriz
Jablonowski, und Klara, vermählt mit
dem Kanzler des griechischen Konsulates
in Wien, Demeter v. Damianos, welchen
(bezw. der letzteren Sohn, dem akademischen
Maler Peter v. Damianos) der Verfasser
großenteils diese Lebensnachrichten zu ver-
danken hat. Nach den zwei vorhandenen
aquarellierten Selbstporträts, von welchen
wir anbei daS eine vom Jahre 1838 im
Lichtdruck reproduzieren ließen, war Kern
ein schöner Mann von großem, schlankem,
kräftigem Körperbau, breitschultrig, mit
braunem, schöngelocktem Haar, ernsten,
braunen Angen, schlanken, feinen Händen
— eine echte, schöne Künstlererscheinnng!
Diesem Aenßeren entsprach nach dem Ur-
teile noch von Zeitgenossen auch das innere
edle gehaltvolle Wesen des Mgnnes; er
 
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