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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 21.1903

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Beck, Paul A.: Zeit- und Sittenverwechslungen (Anachronismen) in der darstellenden Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.18333#0043

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gut spanisch, ganz wie ein Grande ge-
kleidet, das Schwert an der Seile, ent-
gegen I! Hat nicht da und dort aus
Malwerken der Künstler den Speisenden
statt des Opferlammes einen Fisch oder
wohl gar einen Schinken oder eine Wurst
in die Schüssel gelegt? (Weimarisches
Magazin rc., I. S. 378.) Haben nicht
andere — so auf einem in einer tirolischen
Stadt hart an der dentschwelschen Sprach-
grenze befindlichen Gemälde -— als Christus
zum Tode geführt ward, ihm zwei ihn
dazu vorbereitende Kapuziner beigegeben,
deren einer ihm das Kruzifix vorhält?
Zu Zerbst war ein Bild, ans welchem
Satan den aus dem Grabe auferstehenden
Heiland mit einer Karlhanne zu erschießen
droht siVlolnri, Hist. s. s. ImaZ. et
kictur. O. IV c. iz p. 411). Auf
einem Gemälde zu Bordeaux sieht man
Christus bei seiner Himmelfahrt wie
Ganymed auf einem Adler sitzen.
Den Evangelisten Lukas erblickt man nicht
selten mit der Tvnsnr. Und — dann
vollends, in welchem Anfpntze und
mit welchen Znthaten, in welchen Alti-
tuden ist nicht vielfach die heilige Jung-
frau, insbesondere in der Zopfzeit, wo die
Figuren derselben und der Heiligen viel-
fach bekleidet waren, darae"ellt
()nn§sri, Oissertatio de inanidus
picturis, c. 1 K 16; ). Oerllardi,
Coniessio cntlrolica, p>. 578; ? ertucll,
Orronic. Uortens. p. 292; Ooe^ii,
Ois8. de laalneis anirnarurn § 2). Be-
kannt ist ja, wie manche, namentlich ita-
lienische Maler der Nenaissancezeit ihren
Madonnen- und Heiligendarstellnngen die
Bildnisse ihrer Geliebten unterlegt, n, was
man auch einigen modernen Mal.ru nach-
sagt. Selbst der gottbegnadete Raphael
wählte scköne Kinder als Bilder für seine
Engelsköpfe und verwandle die Bilder
schöner römischer Matronen ans seinen
unsterblichen Gemälden. In manchen
österreichischen und bayerischen Kirchen sah
man die Kaiserin Maria Theresia, bekannt-
lich eine schöne Fran, als Muttergotles
dargestelll. Am meisten leistete hierin die
Zopfzeit, und hinter manchen gemalten
Gestalten von Heiligiunen in den vielen,
meist recht stattlichen Zopsknchen Schwa
bens stecken die Porträts der Maler-
Liebsten ! Das konnte auch der große

Farbenkünstler Martin Knoller aus
Steinach (1725—1804) in seinen un-
sterblichen Fresken der Neresheimer
Klosterkirche nicht lassen, wenn er
auf sein Kapitalbild unter der dritten
mittleren, der Hauptkuppel, die hl. Afra,
eine wahre, üppige Prachtgestalt, hinmalte,
unter welcher sich die schöne Tochter des
Storchenwirts im nahen Städtchen Neres-
heim barg, welche der Maler nicht ungern
sah („D. A." VI, 1888, „Das Kloster
und Klosterkirche in Neresheim", S. 62/63
und 86). Auch sein Konterfei hat er da-
bei nicht vergessen, und sehnsüchtig blickt
er nach der hl. Afra hinüber; als Modell
der Maria habe ihm eine Schmi.dSfran
von Großküchen gedient, welche „heiden-
mäßig schön" gewesen sei. — Zum
Stärksten dieser Art wird das ganz aparte
Hochaltarblatt in der früher den Barfüßer-
mönchen zu Turin gehörigen, 1635 von
Herzog Viktor Amadeus gestifteten Kirche
zur hl. Thereia von Maler Wilh.
Caccia (geb. 1568) gehöien, welches
man für eine der besten Darstellungen
dieser Heiligen und dieses Malers hält
(Italien, von Lady Morgan, ans dem
Englischen, Weimar, 1821, S. 8). Ans
diesem höchst sonderbaren Gemälde steht
nämlich Christus in der Gestalt des
Amors, im Begriff, einen Pfeil in das
Herz der schonen Heiligen zu schießen,
wozu die heilige Jungfrau zu lächeln
scheint und selbst die gleichgültigen Gesichts-
züge des hl. Joseph einen gefälligen Aus-
druck annehmen. — Den ewigen, nie
alternden Gott sieht man auf vielen
Malwerken als einen alten Mann mit
runzlichtem Antlitze und einem weißgranen
Baue (klartlrolinus de ernce p>. Z4; klr.
Hollr kictor errang in Historia sacra,
lüps. 1679; P illabricii, Disp. cxua
Historia sacra contra nonnullos Illcto-
runr errores vindicatur, TVtorl, 1684).
Hier dürfen wir wohl auch eines
merkwürdigen allegorischen und darum
zulässigen Gemäldes in der Kirche des
Städtchens Werder in der Mark ge-
denken, auf welchem der H e il a n d alsein
Arzt bezw. als Apotheker dargestellt
ist; in der einen Wagschale liegen K>enz-
wurzeln (Tausendguldenkiant), daneben
stehen verschiedene Flaschen und Apolheker-
büchsen mit Mixturen herum, deren Auf-
 
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