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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 21.1903

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Bach, Max: Ueber die ursprüngliche Anlage des Klosters St. Gallen
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https://doi.org/10.11588/diglit.18333#0091

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Es ist schwer, sich von der c>l!e» Kloster-
kirche eine Vorstellung zu machen, da,
wie erwähnt, der alte Plan nicht zur
Richtschnur genommen werden darf. Nen-
wirth *) nimmt die Dimensionen des nur als
Projekt gedienten berühmten Planes an und
kommt so zu ganz falschen Resultaten.
Man muß den von Hardegger in Heft 17
der Bodenseeschriften 1888 veröffeinlichieu
Plan zu Grunde legen, welcher nach den
Umbanplänen des Gabriel Hecht und
alten Abbildungen rekonstruiert ist. Aber
auch dieser Plan ist ziem-
lich willkürlich entworfen
und hält sich nicht streng
an das vorhandene urkund-
liche Material und die ban-
geschichtlichen Normen. Eine
alle Verhältnisse berücksich-
tigende Rekonstruktion er-
gab als Resultat die Zeich-
nung 7^. Wir haben eine
dreischiffige Sänlenbasilika
mit Qnerschiff, Ost- und
Westchor je mit Krypten.
Der Hanptchor steht ge-
nau in der Verlängerung
des Mittelschiffs und ent-
hielt den Altar des hl. Gal-
lnS, welcher durch ein stei-
nernes Ziborium überbaut
war. Der Verfasser mar-
kierte als halbrunde Abside
den Abschluß des Mittel-
schiffs, davor befand sich
das Atrium, später Helm-
Hans genannt. Im 15. Jahr-
hundert mit der Kirche ver-
einigt, schloß sich dann die
St. Othmarskapelle an,
welche schon im 16. Jahr-
hundert als der älteste Teil
der Kirchenanlage galt und deren Krypta
aus karolingischer Zeit sich bis heute er-
halten hat.
Die Kirche war ursprünglich turmlcs,
doch schon unter Abt Hartmnt 872 -883
wird an der Nordseite der Kirche, in der
Nähe der Westkrypta, denn von dort führt
ein Gang in dieselbe, ein Turm gebaut,
welcher später der Schulturm hieß. Am


Klosterkirche St. Galle»,
im Ili. Jahrhundert.

') Sitzungsberichte der philos.-histor. Klasse
der Wiener Akademie 1884.

Chor gegen Ost stand in gleicher Linie
der Sapenturm, welcher von Abt Ulrich
v. Sap (1204 — 1219) erbaut und erst
im Jahre 176l mit vieler Mühe nieder-
gerissen wurde.
Zur Zeit des Chronisten Watt (Vadian)
bestand der Kirchenkomplex ans folgenden
Teilen: dem Münster, St. Michael- und
St. Olhmars-Kirchen; in dieser Reihen-
folge erscheinen sie auch auf den alten
Prospekten des 16. und 17. Jahrhunderts.
Zeichnung U erläutert diese Anlage. An
Stelle des romanischen
Chors tritt ein gotischer
Bau, welcher 1439—83
errichtet wurde und als
Mönchschor diente; er war
durch einen Lettner von
der Laienkirche, welche auch
St. Michaelskirche genannt
wird, getrennt. Diese Mi-
chaelskirche war aber nicht,
wie Hardegger annimmt,
in einer Flucht mit dem
Chor verbunden, sondern
trat etwas zurück; sie war
offenbar, obgleich durch
Brand vielfach zerstört und
wiederholt umgebaut, noch
in ihrer ursprünglichen An-
lage als romanische Ba-
silika zu erkennen, wie man
auf der Abbildung des
Klosters vor dem Umbau
noch sehen kann. Ungewiß
ist, ob darin »och die alten
Säulen gestanden haben,
denn nach dem Brande von
1314 mußte die ganze
Kirche erneuert werden, und
auch noch im 15. Jahrhun-
dert müssen allerlei Restau-
rationen erfolgt sein. Von einem durch-
greifenden Neubau zur gotischen Zeit wissen
aber die Chroniken nichts, denn eö heißt
ausdrücklich: „man wolt das Münster
gar dnrchnß also gebnwen Han; das wol-
tend die von der Stat Saut Gallen nit
liden"?)
Das ehemalige Atrium, später Helm-
Hans, war im 16. Jahrhundert noch nicht
') Z. v. Watt, Chronik der Aebte von Sankt
Gallen, herausg. von Götzinger 1875.
2) Chronik von Sicher 22.
 
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