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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 21.1903

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Kob, Baltaßar; Krauß, Joseph: Zeitgenössische Aufzeichnungen aus Unlingen über die Kriegsjahre 1799 und 1800
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https://doi.org/10.11588/diglit.18333#0103

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Joseph Schirmer, Hirschwirt von hier und
ihm zum Handgeld geben 122 fl., die
22 fl. auf die Hand, die hundert Gulden
bei der Gemeinde zu 4 prozint verzinslich
stehen, hat auch 6 Jahr Kapitulation.
Damit wier wieder zu den leidigen
Krigszeiteu schreiten, so laset es sich nicht
mehr viel machen, den der Feind ist wirk-
lich vor der Thür. Schon am 3ten Mai
gingen die K. K. Nitterade an und dauerte
Tag und Nacht gleich fort. Da hatten
wir nichts anderes zu thnn, als in allen
Hänßern zu kochen, dan in diesen 4 oder
5 Tagen wurden täglich 2 bis 3000 Mann
gespiesen. Erbärmlich waren die Leute
geplaget, doch die Gefahr vom Feinde über-
fallen zu werden und die so viel Tausend
Vlesierte und Elend zugerichteten Leute
machten uns ganz zaghaft. Forcht —
Angst — Kleinmuth — Schrecken, was
wir zu erdenken, ist alles auf einmal in
unfern Ort eingernckt. —
Den 7ten May Abends um 8 Uhr
haben wir die Traurige Nachricht erhalten,
daß biß Morgen 4 Uhr das Haubtquartir bey
uns einrücken werde. Gleich darauf haben
wir alle Häußer durchsuchen müssen, alle
Häußer räumen und die kleinste elendeste
Zimmer zu Offiziers Loscht) machen müßen.
Dan nun die Quartier allbereit gemacht
gewesen, da mußten wir aus dem underen
Anger eine Bruck über die Käuzen schlagen,
dan die 2te Bruck in dem Briel, die 3te
über daß bechle und dan die 4te Brucken
bcy des Wrangen Banren Gertle. Da
haben wir in zeit 2 Stunden dieße 4
Brucken müßen verfertigt haben, und ist
auch geschehen. Da ruckte schon um 7 Uhr
die Haubtarme an, und die Straßen konnte
nicht Mehr faßen die Leute und Wagen,
welche kassieren, dan es kassieren so viel
Leut, daß durch obesagte Brucken eine
neye Straße geschaffen wurde und so viel
Leute und Wegen kassieren, daß man sich
verwundert hat, daß die Welt so viel tragen
konnte. Der Dorfesch war wirklich win-
terig, und es waren nicht 50 Jauchert,
welche nicht belageret, und aber gantz rui-
niert zu sein scheint es dann. Rings um
das Dorf herum lagerten alle K. K. Trnpen
und man mußte ihnen schon mehr als 20
Klafter Holz in das Lager fihren. Um
4 Uhr punkto ruckte das Hanptquatier an,
und General Kray loschieret im Pfarrhof,

der Erzherzog Ferdinand im Kloster,')
alle Generale, Offeziers loschierten da und
dort. Doch bald ist dieße Kostbare Ein-
quatierung wieder verschwunden, dann um
8 Uhr ruckhten zu allen Winkhel die Ge-
nerale und Offeziers anß, und hatten zu
thnn über Kopf und Halst, damit sie noch
vor den Franzoßen ans Biberach und dann
auf Mettenberg, gegen Ulm vorrnckhten.
Die Armee ruket auch vor sich, dan sic
glaubten die Franzoßen werden zu ihnen
an den Bußen Berg anrucken, aber sie
waren gescheider und zogen sich nacher
Bibcrach zu unsserem aller grossen Glück,
dan wan an dem Bußen Berg were eine
Schlacht vorgegangen, so weren wir in
der allergreßten Gefahr gewesten um unsere
Häußer und sogar vielleicht Manche um
daß Leben zu kommen. WaS den Winter
Esch anbelangt so hat man geglaubt, es
werde gar nichts mehr geben, dan es war
trucken, doch kam gleich ein Regen darauf,
und die Cent ist noch sehr gut ausgefallen.
Da hatten wir den 8ten May nichts mer
übrig als noch etliche 60 Man Biget,
welche, nachdem im Dorf alles aufgezehrt
war, die noch 14 Stuck Schwein nieder-
stachen und selbe mit nahmen, daß ist die
schöne Folge vom Kaiserlichen Haubt-
qnartier und dessen Arme, nun sei» wir
wirklich ganz Vogelfrey.
Unsere Pferd sind die meiste bei K. K.
Niterade in Vorspan und sein einige bis
3 : 4 Wochen dabei gewesen, was noch
da gewesen, haben sich ans die Alp ge-
suchtest und sind auch unter die Franzosen
gekommen, das wir im ganzen Ort kein
Pferd mehr gehabt haben. Dazu ist die
große Saat gewesen und man aus Mangel
der Zugstück hat die Kie angespannen und
die Gersten nur in die gefolgte Erde gesähet
und geeget, es hat doch mittelmäßig Gerste
gegeben — Gott sei Dank.
Da kam der 9te Mai angebrochen. Forcht,
Angst und Schrecken waren ans den Gassen
und in den Häußer», und alles zitterte
wirklich, den der Feind die Franzosen
rucken schon wirklich über den breiten
st Das ehemalige, unter Joseph II. aufge-
hobene Franziskaner-Nonnenkloster wurde anno
1783 an die Gemeinde Unlingen verkauft. Doch
durften die Nonnen in demselben bleiben und
erst nach Aussterben derselben (1830) durfte die
Gemeinde über die Gebäude verfügen.
 
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