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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 22.1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.18334#0183

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Fürstenhaus mächtig gefördert und geweckt. Er
ist ein Erzähler — wenn auch kein Historiker,
der er gar nicht sein wollte — ersten Ranges,
nicht bloß in seinen! „Lichtenstein", sondern anch
in seinen andern Schriften — man denke mir
an die geistvollen „Phantasien iin Bremer Rats-
keller", diese Apotheose des deutschen Burfchen-
tunis, und an seinen famosen „Herrn von Natas
auf der Mensur". Damit wollen wir uns genug
sein lassen und darf sich die Kritik, auch in histo-
rischer Richtung, bescheiden.

N e h e r, Alfons, diekatholis ch e und e v.
G e i st l i ch k e i t Wttrtte m bergs
(1803—l901). Beitrag zu einer So-
zialstatistik des geistlichen Standes,
Ravensburg, Verlag von Friedr. Alber,
1904, 81 SS.; br. 1 M.

Zum erstenmal seit Bestehen der Diözese
Notteuburg wird eine derartige, jedenfalls
nicht überflüssige und somit verdienstliche, Stati-
stik versucht, welche vorerst die Herkunft der
katholischen Geistlichen nach Ort, Stand und
Zeit, für den Protestant. Teil wenigstens nach
dein Beruf bietet. Nach einer Art von Einlei-
tung: S. 1—3 über „örtliche uud sozial berufliche
Abstammung der Württemberg, kath. und evang.
Geistlichkeit 1813 bzw. 1834—1901 bzw.1896" wird
im I. Kapitel (S. 3—2V) mit verschiedenen Unter-
abschnitten die „lokale Abstammung des
kath. Klerus" abgehandelt. Von 1813 bis
1901 wurden im Bistum Rottenburg 2507 Geist-
liche ausgeweiht; mit den 900—1060 Priestern,
die 1813 schon vorhanden waren, stieg die Zahl
auf ca. 3600; dem gegenüber steht (1902) ein
Bedarf von 997 Kirchenstellen (Pfründen) in 29
Landkapitcln für eine Gesamtseelenzahl von 650 311
Katholiken (mit heute 1093 Klerikern). Interessant
ist da namentlich die Zahl der während des
Studiums „Ausgetretenen" (S. 5—8): die Jahre
1351—60 mit 37,8 °/o, 186l—70 (die Zeit der
„Rottenburger Wirren") mit 36,9"/?, 1871 bis
1880 mit 31,9°/». Tie letzten 20 Jahre gingen
auf einen fast gleichbleibenden Grad von ca. 25 °/«
zurück. Aus der Unterabteilung „Stadt und Laud"
^S. 9—13) erhellt, daß aus Städten mit kleineren
(Württemberg ist ja das „Magisterland" der be-
kannten originellen kleinen „Lateinschulen" uud
der „Präzep toratskaplaneie n") oder grö-
ßeren Lehranstalten nicht weniger als °/5 der
Geistlichen stammen, vom Land ^/s. Von den
680 Pfarreien nnd Pfarrverwesereien des Landes
weisen 522 —76,9'/„ ortsgebürtige Geist-
liche auf, von l angefangen bis 128, welche Zahl
als Maximum das gesegnete Ellwangen erreicht.
Von anderen Orten brachte die Bischosstadt Rot-
tenbnrg 101, Mergentheini 40, Wangen i. A. 25,
Ehingen a. D. 79, Biberach 39, Waldsee 24, Weil-
diestadt 37, Weingarten 22, Gmünd S2, die Residenz-
stadt Stuttgart 28, Horb 27, Rottweil 64, Ravens-
burg 34, Riedlingen 27, Sanlgau 21, Laupheim 18,
Neuhausen a. F. 13, Buchau und Mengen je II,
Justingen auf der Alb 16 Geistliche u. f. w. her-
vor. Ganz fehlen 156 Gemeinden — 23,1 °/», also
fast darunter viele Diasporagemeinden. Uebri-
gens sind viele Kandidaten in auswärtige Klöster
getreten und auswärts ausgewciht, daher nicht

mitgerechnet. Das ll., wohl das wichtigste Ka-
pitel S. 21—39 befaßt sich mit der „beruflich-
sozialen Herkunft der Geistliche n", und
bestätigen die mühsamen Untersuchungen die schon
längst bekannte Tatsache, daß das Hauptkon-
tingent des katholischen Klerus aus dem
Bauern- und Handwerkerstand stammt,
etwa 2/z der Geistlichen; die zuweilen verbreitete
Meinung, daß der Bauernstand wenigstens die
Hälfte stelle, läßt sich nicht aufrecht erhalten.
In die 2/z teilen sich Handwerk nnd Bauern-
stand ziemlich in gleichen Maßen. Die weiteren
Gruppen: Handel, Militär, Justiz, Medizin, Unter-
richt und sonstige gelehrte Berufsarten stellen
kaum '/-; und die Hälfte dieses Drittels mit 198
Individuen liefert der kath. Volksschul-
lehrerstand. Die sog. oberen Klassen sind
also schwach vertreten; das Militär stellt bloß
1 Mann. Unter den übrigen höheren Berufen
sind wohl die Söhne von Regiernngs- und Ge-
richtsräten etwas besser vertreten, auch die
Aerztewelt mit 32 Personen, ausfallend nieder aber
wieder die anderen gelehrten Berufe, Professoren,
Gymnasial- und Reallehrer. Der Adel ist bei
der Verteilung nicht berücksichtigt. Das gerade
Gegenstück zur Zusammensetzung des kathol.
Klerus ist die oer p ro t est anti sch en Geistlich-
keit. Unter 2024 Protest. Geistlichen finden
sich 45 Bauernsöhne 2,76°/.). Also 45: 2024!
Aehnlich verhält es sich beim „Handwerk uud
höheren Gewerbe", welche es nur auf 13,73°/»
bringen. Beide Stünde, Landwirtschaft und Hand-
werk, machen aber im protestantischen Württem-
berg 77,65 °/° aus, welche nur 16,49°/» der Geist-
lichen stellen. Handel stellt 117, dienende Klasse
17 Individuen. „Seine Wurzeln hat der prote-
stantische Predigerberuf im Volk nicht!" Da-
gegen entnimmt er seiner Vertreter aus
den höheren Ständen, dem Militär-,
Staats- und Kirch endienst. Der württem-
bergische Staats dienst tritt unter 44 Berufsan-
gaben auf (die protestantischen Geistlichen verteilen
sich also auf viel mehr Berufe, als die katholischen,
ans 164 gegen 112). Die stärkste Gruppe mit —
sage — 669, also '/z der Gesamtgeistlichkeit,
rekrutiert sich aus dem protestantischen Psarr-
haus selbst, vom Landpfarrer bis zum Spezial
und Prälaten, welches damit zu einer wahren
Pflanzschule des Protest, geistlichen Berufes ge-
worden ist. Der protestantische Volksschul-
lehrerstand ist gegenüber dem katholischen
bloß mit 10°/» als gebender vertreten, weitere
11°/° stellt sonst Schule und Bildungswesen,
worunter die Mediziner ziemlich vertreten sind.
So ist die protestantische Geistlichkeit
ihrer Herkunft nach das gerade Widerspiel
der katholischen, die ans demokratischerer Grund-
lage ruht, während die erstere, schon durch ihre
Abstammung und dann dnrch den bekannten schwä-
bischen „Verwandtschastshimmel" nnd durch das
ebenso bekannte „Vetterleswesen" weit mehr in die
Staatsmaschine verflochten ist. Ein Hl. Kap.
(S. 40—45) ist der „zeitlichen Herknnst
und Tätigkeit des evang. Klerus" ge-
widmet; doch wir können hieraus nicht mehr ein-
gehen. Den Schluß der überaus fleißigen und
beachtenswerten Schrift machen ein Schlußwort
mit einer Reihe von beherzigenswerten anregen-
 
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