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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 7.1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.13516#0123

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107

Korrespondenzen.

6 Weimar, Ende März. (Aus dem Atelier von
Genelli; Permanente Kunstausstellung). Das
Atelier des Malers Genelli war in den letzten Tagen
der Wallfahrtsort der Weimarischen Kunstfreunde. Eine
ursprünglich zur Ausschmückung eines Gartensaales für
Freskomalerei gedachte Schilderung aus der griechischen
Sage hat der Meister als Oelbild dargestellt. Es zer-
fällt in ein großes Mittelbild „Herakles Musagetes bei
Omphale seine Thaten singend," neun Zwickelbildern
darüber, zur Ausschmückung der großen Hohlkehle ge-
dacht, welche vier „Darstellungen aus dem Leben des
Ganymed bei den Göttern" sowie fünf solche „aus dem
Leben des Herakles" bringen und einen grau in Grau ge-
malten Sockelsries, einen „Bachentenzug" darstellend. Das
Ganze ist mit dekorativer Architektur umrahmt und zeigt
in dieser zu beiden Seiten zwei ebenfalls grau in Gran
gemalte Rundbilder mit „Liebesscencn eines Pan." Die
Anordnung des Bildes erinnert an die Loggia des Pa-
lastes Farnese in Rom oder an die Dekorationen des
Palastes del Te in Mantua. Die herrliche an Gedanken-
reichthum und Großartigkeit durch kein neueres _ Bild
übertroffene Schilderung, gemalt mit einer Meisterschaft,
die in der Bescheidenheit ihrer Mittel so recht das Nich-
tige effekthaschender Kunststückchen jeigt, läßt nur bedauern,
daß sie nicht wirklich als Freskobild und in einem größe-
ren Maaßstabe zur Ausführung gekommen ist. Es wäre
dann eines der bedeutendsten Bilder unserer Zeit, an dem
sich Alles vereinigt fände, mit unmittelbar und ergreifend
als großartig Schönes zu wirken, gleichzeitig aber auch
für die spätesten Zeilen als Blüthe unserer Knnst-
schöpfungen zu gelten. Jetzt gibt cs einen Beweis mehr
für die Armseligkeit deutscher Kunstzustände, welche den
Meister zwingen, ein solches AnSknnftsmittcl zu wählen, um
für seine Schöpfungen den Besteller zu finden. Das Bild
kommt in den Besitz des Herrn von Schack in München.

In der permanenten Kunstausstellung wurden
gegen Ende Februar noch ausgestellt: „Gemsjäger in der
Gegend des Monte Rosa" vom Grafen v. Harrach und
eine Landschaft von v. Schlicht; beides größere Oel-
bilder, von welchem das erste als Bavourstück in der
Färbung und Technik, das letztere als glückliche, harmo-
nisch gestimmte Komposition genannt werden muß. Der
März betrog mich um die in meinem letzten Berichte
ausgesprochene Hoffnung bezüglich der M artersteig -
scheu Savonarolabildcr; erbrachte: „Savonarola in der
Folterkammer." Wie eine solche Verirrung möglich ist,
bleibt unerklärlich. Savonarola hängt an einem Stricke
frei schwebend, an welchem zwei Mönche ziehen! Es
fehlt nichts als die heraushängende Zunge, um den Ein-
druck zum widerlichsten zu machen. Von dem wider-
wärtigen Anblick, welchen die hämischen und grinsenden
Gesichter der Inquisitoren und der dabei sitzenden Geist-
lichen gewähren, darf dem eben Gesagten gegenüber nicht
gesprochen werden. Ein solches Hohnsprechen aller Schön-
heit kann wohl als einzig dastehend bezeichnet werden
und begründet für den Äkaler solcher Bilder vielleicht
Ruhm, welchen er auf andere Weise zu erringen nicht
fähig scheint. — Ein Genrcbildchen von Schwerdtge-

burth „die Wittwe" und eine Aquarelle von Hummel
„Gegend bei Marino im Albanergebirge" sind bis jetzt
die einzigen noch hinzugekommcncn Bilder. Das erste
war lieblich und zeigte Empfindung, das andere spricht
weniger an.

% Bremen, Ende März. (Die Ausstellung des
Norddeutschen Gesammtvereins lk. Schluß). Viel
Talent spricht, wie es neulich Ihr Weimarscher Korrespondent
angab, ans dem Bilde des junge» Otto Schwer dge-
burth: „Thomas Münzer als Gefangener vor den Fürsten
in Frankenhausen", das in der Komposition und in der
Charakteristik der Fürsten durchaus bedeutend ist. Münzer
dagegen ist zu feierlich ehrwürdig; die Färbung auch, viel-
leicht als Folge der Martersteig'sckcn Schule, zii hart. Der
Name des letztgenannten, in der Darstellung der Ncfor-
mationszeit bekanntlich unerschöpflichen Künstlers veranlaßt
mich auch zur Erwähnung seiner beiden hier vorhandenen
historischen Genrebilder aus dem Leben Illrich's von Hut-
ten, deren krankhaft eckige und harte Personen fast eben-
so wenig anziehen, wie sein „Einzug Lnthcr's in Worms".
— Ein Künstler, der sich auch hier wieder in der Wahl von
seiner künstlerischen Befähigung adäquaten Stoffe vergriffen
hat, ist W. Bolkhardt in Düsseldorf, der uns mit einem
neuen, großen Bilde „Ans dem Krankenzimmer Karl's II.
von England" bedacht hat. Da ist weder gegen die Kom-
position, noch gegen den Ausdruck der einzelnen Gestalten
Etwas einzuwenden, aber die Fehler in Zeichnung und
plastischer Mvdellirnng stören ebenso sehr, wie in manchen
Thcilcn das Kolorit. — In sehr ansprechender Weise ist
der oft behandelte Gegenstand „König Enzio im Gefängniß
von Lucia Biadagola getröstet" von Heinr. Weißbrod
in München behandelt.

Wie ich den Ucbergang zum Genrefache nicht würdiger
machen kann, als mit Gey er'S (Augsburg) „Verhaftung
eines Patriciers im dreißigjährigen Kriege", der, wenn
auch nicht frei von theatralischer Auffassung, die Stoffe,
wie gewöhnlich, mit wunderbarer Virtuosität behandelt und
dabei die Persönlichkeiten treffend characterisirt, so habe ich
zwei, wenn auch inhaltlich gegen einander kontrastirende,
doch beide in ihrer Art ausgezeichnete Werke an die Spitze
des Genres zu stellen. Das eine ist der von Ihnen und
Anderen vielfach gerühmte, unvergleichliche „Sclaven-
transport durch die Wüste" von Gentz, das andere der
erst kürzlich entstandene „Kirmeßanfang" von Hiddemann
in Düsseldorf, der uns in den Garten eines ländlichen
Wirthshanses führt, wo sich bei einer großen Versamm-
lung von Landlcntcn die Musikanten einstcllcn. Der Geiger,
offenbar ein Schneider von Profession, präsentirt sich in
tiefster Devotion dem wirthlichen Ehepaar, das schon längst
über die silberne Hochzeit hinaus zu sein scheint. Hinter
ihm der einen kräftigen Tusch blasende Trompeter und die
anderen Musikanten. Links Gruppen von Zechenden; rechts
im Vordergründe eine Kegelbahn, auf der ein Alter in der
natürlichsten Stellung von der Welt seine Kugel schiebt.
Im Hintergründe, auf der Terrasse des Wirthshanses, die
von den Bauern abgesonderte vornehme Welt. Ueberall ein
Reichthum an sinnvoll erfundenen und ergötzlichen Motiven.
-- (Forts, folgt.)

Kunst-Chronik.

Berlin. — I» der Kunsthandlung von Amsler L
Ruthardt (Behrenstraße) sind für kurze Zeit die drei
letzten großen landschaftlichen Zeichnungen von Preller
in Weimar ausgestellt, welche mit den früher schon hier
gesehenen 12 Blättern einen zusammenhängenden Kreis
von Darstellungen zur „Odyssee" bilden. — In dieser Voll-
ständigkeit liegen die herrlichen Jllnstrationen zu den Ge-
sängen Homcr's auch in photographischer Nachbildung vor.

— — Die am 26. v. M. im Gebäude des Kricgs-
ministeriums, Leipzigerstraße 5., von dem „Comitü für den
Verkauf für Kaiserswörth" eröffnete Ausstelln n g erweckte,
ganz abgesehen von den damit verknüpften Wohlthätigkeits-
Jntercssen, auch von künstlerischem Standpunkte aus eine
warme Theilnahme. Bedeutende Dilettantinnen hatten
hier in Aquarellen und Oelbildern die Früchte ihres Genies
zur Schau gestellt, und wir erinnern nur an die Leistungen
 
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