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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 7.1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.13516#0223

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207

Tagen der Ausstellung sah man auch in dem Vorgemach
das Modell zum „heil. Lucas" ausgestellt, welches der hie-
sige Künstlerverein durch den Bildhauer E. G. Viviö
für unsere schöne Nikolai-Kirche ansführen läßt. Nach
diesem kleinen Modell zu urtheileu beginnt diese Statue
in würdiger Weise den großen Reigen der vielen Stand-
bilder, welche den Prachtbau zieren werden. —

Der Besuch der Ausstellung dürste dem früherer Jahre
ganz gleich kommen, vielleicht ihn noch um etwas übertreffen;
die Mitgliederzahl des Vereins ist wie bisher, so auch die-
ses Mal im Steigen begriffen, und was den Verkauf von
Kunstwerken während der Ausstellung betrifft, so bleibt,
dem Vernehmen nach, das Resultat dieses Jahr hinter denen
früherer Jahre nicht zurück.

München, Mitte Juni. (Ausstel l. d. Kunstvereins.
Sckl.) Pixis versetzt uns mitten in das „Corneliusfest" zu
München am 11. Juni v. I. und giebt uns damit eine
Reihe recht guter Männer-Portraits. Weit weniger ge-
langen ihm die Frauengestalten, an denen wir jenen Adel
der Erscheinung vermissen, den Schwind so meisterhaft
wiederzngeben weiß. Änlangcnd den zunächst festgehalte-
nen Moment, so sehen wir die Festrednerin des Abends,
Fräulein Emilie von Ringseis, dem gefeierten Meister
gegenüberstehen. Ans der Bewegung ihrer Rechten glaubt
man schließen zu dürfen, daß sie zu ihm spricht, ihre
sestgeschlossenen Lippen aber beweisen das Gegentheil, und
dadurch entsteht der Eindruck, als ob die Rednerin den
Faden ihrer Rede verloren und sich, von ihr ausgehend,
eine verlegene Stille über die ganze Versammlung ge-
lagert habe. Daß jenes Fest zur Nachtzeit gefeiert wurde,
wissen wir nur ans der Erinnerung, das Bild läßt uns
vollkommen im Unklaren darüber. — Muh r's „ Fischer-
frau am Strande des Meeres" begrüße ick als eine
tüchtige Arbeit dieses trefflichen Künstlers. — Albrccht
Adam brachte zwei ältere Arbeiten. Das eine führt
uns in bas Gewühl der „Schlacht an der Moskwa",
welche auch die von Borodiuo genannt wird. Als Haupt-
Episode zeigt er uns einen schwer verwundeten Offizier,
um den sich seine Umgebung theilnehmend bemüht. Im
Hintergründe sehen wir bayerische leicht« Reiterei sich in
den Kampf stürzen. Das zweite bringt uns neben dem
Bildniß eines bayerischen Obersten und seines Gefolges
auch das des damals — das Bild ist 1809 in Wien ge-
malt — noch jungen Künstlers, das Skizzenbuch auf den
Knieen. Beide Darstellungen zeigen das innere Leben,
das alle Arbeiten dieses großen Meisters charakterisirt. —

H. de Mare äs versetzt uns gleichfalls auf ein Schlacht-
feld. Ein preußischer Offizier entrinnt eben dem Feind,
in dessen Gefangenschaft er gerathen, indem er im ent-
scheidenden Augenblick den Mantel an dem ihn die Es-
korte festhält, abstreift und sein Roß in den Fluß treibt.
H. d e M a r <5 e 8 liebt einen breiten Vortrag, der nur hie und
da, namentlich auf kleineren Bildern, der Bestimmtheit der
Contonre zu nahe tritt. Dagegen sind seine Arbeiten von meist
trefflicher Haltung, was auch von der vorliegenden! gilt. —
Will ich stellte außer seiner „Psyche" noch eine „Italie-
nerin" aus, in der kaum etwas anderes zu finden ist,
als eines jener Modelle, denen wir auf der Piazza Na-
vona und auf dem Markte vor dem Pantheon täglich
zu Hunderten begegneten. — G eblcr's „Ruhe im Wald"
kann am füglichstcn als Uebergang zur Landschaftsmalerei
dienen und erfreut durch die Naivctät der Auffassung
wie durch die richtige Würdigung seines Stoffes, dem
er das passende Maaß zu geben verstand. —

Die Architektur malere! war durch ein sehr hübsches
„Rauchbild" von Resch vertreten, der meines Wissens
dieser Technik, die bisher fast ausschließlich von Thier-
malern benutzt wurde, mit großein Glücke ein neues
Gebiet eröffnete.

In der Landschaftsmalcrei begegneten wir einer
ausgezeichneten „Winterlandschaft" von Stademann,

welche sich getrost den besten ältern Arbeiten an die Seite
stellen kann. — Christian Mali behandelt ein überaus an-
sprechendes „Motiv von der schwäbischen Alp". Wir haben
es nicht mit einer Vedute zu thnn, deren Aufnahmspunkt
der „Tourist" von Fach mit dem Bädecker in der Hand
aufsuchen kann, um sich darin die Stelle mit dem Bleistift
als abgethan zu bezeichnen. Wir wähnen uns am Ein-
gang eines jener lieblichen von einer alten Burg überragten
Flecken des schönen Schwabenlandes zu befinden, welche,
zwischen Städtchen und Dorf die Mitte haltend, die Eigen-
thümlichkeiten beider zu dem liebenswürdigsten Ganzen
verbinden, aber wir überzeugen uns, daß der feinfühlende
Künstler in ebenso anmnthiger wie charakteristischer Weise
die Besonderheiten jenes Ländchens in einem Bilde zu-
sammcnsaßtc und so all' die freundlichen Erinnerungen
dort verlebter heiterer Tage in uns hervorzaubert. —
Teichlein, Karl Rottmann's Schwiegersohn, hat dem
großen Vorbilde deutscher Landschafter den Rücken gekehrt,
um bei den Franzosen in die Schule zu gehen. Der Er-
folg war leider nichts weniger als günstig, wenn auch
die Farbe wahrhaft plastisch aufgetragen ist, so daß ein
Blinder die Formen der Bäume mit dem Finger zu ver-
folgen im Stande wäre. — Rich. Zimmermann brachte
eine große „Dorfpartie im Winter", welche an einer ge-
wesen Flachheit leidet, die dem sonst guten Bilde starken
Eintrag thnt. — Morgenstern erfreute uns durch eine
treffliche „Partie bei Dachau" im vollsten blendenden
Sonnenlichte, das mit erstannenswcrther Sicherheit be-
handelt ist. — Bamberger führte uns an den „Strand
des Meeres bei Dower", das bei bewölktem Himmel seine
dunklen massigen Wogen schwer und träg heran wälzt. —
Loefflcr staffirte eine „Nilgegend" mit der Tochter der
Pharaonen, welche das Kind Moses auffindet. — Ein
„Herbstmvrgen" von Heilmayer darf als eine recht ver-
dienstliche Arbeit bezeichnet werden, welche durch wohlberech-
nete Vcrtheilung der Licht- und Schattenmassenj auf das
entschiedenste wirkt. — Schertl und von Hofstetten
brachten in ein paar kleinen, mit höchster Delikatesse dnrch-
aebildeten, an die alte Schule Dorncr's erinnernden
Bildern ebenso gefällige wie solide Arbeiten und ließen es
nur wünschenswcrth erscheinen, daß die flotte Mache der
modernen Richtung nicht die Sauberkeit und Gewissenhaf-
tigkeit jener Zeit und ihrer Produkte verdrängen möge. —
In Stelzncr lernten wir ein schätzbares Talent kennen,
das in seiner frischen und kräftigen Behandlung eines
höchst anziehenden „Motivs aus Oberfranken", in welchem
sich architektonische und landschaftliche Elemente ans das
glücklichste verbinden, eine Dosis gesunder Romantik ent-
wickelte. — Willroider's „Waldlandschast am Ostiachcr-
Sec in Kärnthen" gefiel durch gewählte Anordnung, ge-
sunde Farbe und eingehendes Verständniß der Natur.

Der greise I. A. Klein griff in den letzten Wochen
noch einmal zur geliebten Nadirnadel und brachte uns eine
„römische Scene" und „ungarische Heubauern" voll jener
fein charakterisirenden Schärfe und Klarheit, welche des
Meisters Arbeiten mit Recht so berühmt gemacht.

Im Gebiete der Plastik sahen wir ein treffliches Me-
daillonporträt von I. Hantmann und eine Reihe tüchtiger
Reliefs von Stanzer.

*** Königsberg, 30. Juni. Obgleich bereits am
20. d. M- der Kronprinz hier zur Jnaugnrationsfeier des
neuen Univcrsitätsgeb ändes eintrifft, so ist man
dock mit der letzten Vollendung des ebengenanntcn Stil-
ler'scheu Prachtbaues noch vollauf beschäftigt, im Aenßern
an der Hintcrfronte, im Innern in der Aula und fast
allen übrigen Räumen. Das so lange als Bauhütte noch
benutzte alte Exercierhans (1776 erbaut) ist verschwunden;
der Platz, ans dem es stand, und die ehemalige „Hintcr-
aasse", künftige Universitätsstraße, werden in Stand gesetzt.
Der alte Mühlgraben, der die Südseite des ehemaligen
„Kölligsgartens" durchschneidct, wird überwölbt und zwar
 
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