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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 7.1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.13516#0283

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267

Diese philos.-konsiruirte Abhandlung, welche plastisch dar-
gestcllt ohne Kommentar ganz unverständlich ist, gehörte gar
nicht in die Reliefs, die obencin, was an sich schon schwer
genug zu verstehen ist, sy m bo l i sch ansdrücken sollen; näm-
lich : 1) Relief an der Vorderseite: „Venus Urania," als
Symbol aller menschlichen Thätigkeit, die auf das Schöne
und Wahre gerichtet ist. Schillcr's Leben ist ausgefüllt mit
dieser,Thätigkeit. —2) Relief an der rechten Seite: Ein
„Genius des Lichtes, den Pegasus bändigend." Schil-
ler hat mit seiner poetischen Kraft der Menschheit das Licht
gebracht. — 3) Relief an der Hinterseite: „Prometheus,
die Martern des Adlers erduldend." Schiller hat, ein neuer
Prometheus, allen Schmerz ertragen, gerade weil er,
wie dieser, der Menschheit das Licht gebracht. — 4) Relief
an der linken Seite: „Herkules, durch Flammen geläu-
tert, strebt zum Himmel." So ist auch Schiller nach un-
ausgesetztem Kampfe eingegangen in die Schaar geistiger
Heroen."

Dies lies't sich Alles sehr schön, aber wir würden
aufrichtig gesagt diese ganze philosophische Symbolik herz-
lich gern für ein paar lebendig geschilderte Scenen aus
dem wirklichen Leben Schillcr's hingegeben haben.
Unsrer Ansicht nach würden, wie wir schon bei der Be-
sprechung der Arnold'schen Skizze andcuteten, am passend-
sten die Reliefs so anzuordnen sein, daß die Vorderseite
weiter nichts als den Namen Schiller in großen goldenen
Buchstaben zeigte, die drei andern Seiten „Scenen aus
Schillers Leben" darstellten, und unter*) diesen Haupt-
darstellungen ein Kranz von kleineren Rcliefmedaillons sich
hinzöge, welche die Hauptfiguren aus den Dramen Schil-
lers zur Vorstellung brächten. Die Ecken könnten schließ-
lich dann vielleicht mit 4 symbolischen Figuren, etwa vorn
„Dramatik" und „Lyrik", hinten „Geschichte" und „Philo- *)

*) Unter, nicht wie bei Arnold über den Hauptreliefs, weil
sie zu klein und in der Höhe nicht mehr erkennbar werden würden.

D. V.

sophie", als denjenigen Gebieten, auf denen Schiller ge-
schaffen,geziert werden.

Schievelbein endlich hat Schiller in poetischer Begei-
sterung, jedoch allzu deklamatorisch, fast in der Haltung eines
Volksredners dargestellt, wie er mit der rechten Hand den
Griffel, mit der linken ein Buch zur Aufnahme eines
poetischen Gedankens hält. Die vier Ecken des Postaments
sind mit korinthischen Säulen geschmückt, zwischen denen
sich in Nischen sitzende Figuren, darstellend „(lyrische?)
Poesie," „Schauspiel," „Trauerspiel" und „Geschichte"
— eine nicht sehr logische Zusammenstellung, — befinden.
Aber abgesehen von der darin sich aussprechenden Inkon-
sequenz der Bedeutung — man könnte ihnen ja leicht andere
Namen geben; und das ist ein großer Vortheil der Sym-
bolik, bei der im Grunde Alles auf die Attribute und
schließlich auf die Namen der Figur hinausläuft — ge-
währt das Postament einen sehr harmonischen, statnarisch
bedeutsamen Anblick. Hier ist die edle Ruhe, welche der
Hauptfigur fehlt, in vollem Maaße vorhanden.

lind um nun schließlich auch noch unsere Ansicht über
den am meiste» praktischen Weg auszusprechen, der einzu-
schlagcn wäre für den Zweck, ein wahrhaft Schiller wür-
diges Werk zu erhalten, so möchte eine abermalige defini-
tive engere Konkurrenz zwischen den vier besten Modellen,
d. h. also etwa zwischen denen von Arnold, Sieme-
ring, A. Wolfs und Schievelbein in der Art einzu-
richten sein, daß die betreffenden Künstler aufgefordert
würden, ihre Modelle nach den Aeußerungen der Kritik,
sowie nach der von der Kommission gewonnenen Uebcr-
zeugung über die noch vorhandenen Schwächen der Skizzen
zu modificiren und abermals ausstellen zu lassen. Dies
würde namentlich dem Arnold'schen Modell zu Gute
kommen, welches in der gegenwärtigen Form allerdings
nicht ausführbar wäre, dagegen mit Leichtigkeit korrigirt
und dadurch zu einem wahrhaften Kunstwerk herausgebil-
det werden könnte. M. Sr.

Kunst-Literatur und Albuin.

Die schönsten Ornamente und merkwürdigsten Gemälde
aus Pompeji, Herculanum und Stabiae, nach den
an Ort und Stelle geniachtcn Originalzeichnungen
von Wilhelm Zahn. Mit deutschem und franzö-
sischem Text. Dritte Folge 9. nnd 10. Heft. Jmp.-
Folio. (Berlin bei Dietrich Reimer.)

Dies große, für die Kunst und Wissenschaft wichtige Pracht-
werk, an welchem Professor Zahn ein halbes Menschenleben,
nämlich 3b Jahre, gearbeitet hat, ist kürzlich mit dem 29. und
30. Heft ganz vollendet. Es enthalten diese letzten Hefte eben-
falls wie die früheren, iedes 10 Prachttafeln, großentheils in der
Farbenpracht der Originale, mit deutschem und französischem Text,
welcher die archäologischen Erläuterungen enthält.

Welchen bedeutenden Einfluß dieses in seiner Art unerreicht
dastehende Prachtwerk nicht nur auf die Förderung der archäolo-
gischen Studien und überhaupt der Keiintniß des Alterthums,
sondern auch auf die Entwickelung und Reinigung der modernen
Ornamentik und Kunstindnstrie, durch die in so reichem Maaße
dargebotenen, eben so mannigfaltigen wie schönen Zeichnungen
gehabt und hiermit einerseits durch seine zahlreichen Darstellun-
gen des antiken Lebens von Gegenständen der Mythologie, der
Geschichte nnd der Häuslichkeit die Kunstgeschichte bereichert, an-
drerseits zur Läuterung des Geschmacks in unserer Zeit beigetragen
haben mag, so hätte dieser Einfluß doch um ein Bedeutendes
erhöht werden können, wenn die Berlagshandlung mit demselben
Eifer für eine weitere Verbreitung gesorgt hätte, den sie bei der
Herstellung des Werkes bewiesen hat. Es ist freilich eiii^Werk,
das so zu sagen außerhalb der Zeit steht und nicht voni Strome
derselben gleich den meisten ephemeren Erscheinungen unsrer Tage
sortgeschwemmt werden kann. Aber soll die Gegenwart weniger
davon genießen als die Zukunft? Wo außer in den großen Bi-
bliotheken ist es zu finden, wie oft — außer z. B. in den Ver-
sammlungen des Wissenschaftlichen Kunstvereins, der Archäologischen

Gesellschaft u. s. f. und auch hier nur, weil Prof. Zahn selbst als
Mitglied derselben zuweilen einige Blätter mitbringt — ist davon
öffentlich die Rede? Um so mehr hat die Presse die Verpflichtung,
das Verdienst des Verfassers zu würdigen. Dies Verdienst desteht
nun zunächst i» dem unermüdlichen Eifer, mit welchem Prof. Zahn
eine Reihe von Jahren an den Ausgrabungen in Herkülanum lheit-
genommen, daselbst gesamnielt, studirt, Abgüsse und Kopien genom-
men, kurz den fortwährend wachsenden Stoff zusammengebracht hat,
sodann hauptsächlich in der Treue und Korrektheit, die er bei derAuö-
führnng der Zeichnungen bewiesen hat, und in der naturwahren
Wiedergabe der Farben, durch Anwendung des Farbensteindrucks,
einer Erfindung, die wir bekanntlich dem Verfasser verdanken.
Hierdurch allein schon steht das Zahn'sche Prachtwerk bedeutend
über den italienischen Werken von Rosini uud Piranesi, vor den
französischen von Roux und Bouchet und Barrö und vor den
englischen von Gell und Gandy, von Cooke und Donaldson, wie
es überhaupt das erste Prachtwerk ist, welches in einem so großen
Maaßstabe Denkmäler und Gegenstände des Alterthums in ihren
wirklichen Farben und in ihrer ursprünglichen Größe wicdergiebt.

Was nun den Inhalt der vorliegenden Hefte im Besondern
betrifft, deren erklärender Text von Otto Jahn geschrieben ist,
so lehnt sich der künstlerische Theil so eng an den archäologischen,
ja selbst an den technischen an, daß diese drei Momente nicht wohl
auseinander gehalten werden können. Rücksichtlich der Deutung
der Darstellungen können wir Herrn Jahn nicht überall bei
stimmen nnd möchten wir uns namentlich in Betreff der beiden
ersten Tafeln an den Erklärungsversuch des Berichterstatters der
Sternzeitnng (F. H.) anschließen, der init Recht bemerkt, daß
Jahn bei seinen Erläuterungen dieser Bilder außer Acht gelassen
hat, daß jedes derselben zu einem Hanptbilde gehört, welches an
derselben Wand zu sehen und, nach den, Inhalte seiner Ge-
genstände, mit den Seitengcmälden in Verbindung zu bringen ist.
lFortsetzung folgt*)
 
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