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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 10.1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.13555#0035

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gerechnet werden muß. Hier herrscht in kleinen Dimen-
sionen eine Größe des Stils, eine Lebendigkeit und Wahr-
heit der Darstellung, und zugleich eine Freiheit und Voll-
kommenheit der Zeichnung, wie sie selbst bei Roger und
Memling, die nicht ganz frei von steifen und eckigen Be-
wegungen und von mageren Fornien bleiben, nicht ange-
troffen werden. Einige dieser Darstellungen erinnern an
bekannte Werke, ohne Kopien davon zu sein; so eine „Ma-
donna mit Katharina und Agnes" an Memling's Altar-
bild im Johannes-Hospital zu Brügge; eine „heil. Bar-
bara" an jene von Jan van Eyk im Museum zu Ant-
werpen; ja jene „Anbetung der Könige", die einmal im
Berliner Museum, einmal in der Pinakothek zu München
(wo sie van Eyk zugeschrieben ist) und ein drittes Mal
im Museuni zu Brüssel vorkommt, ist mit geringen Ab-
weichungen hier, vielleicht als Original. — Der Anony-

Knnst-

Berlitt. Unter den öffentlichen Denkmälern, deren

Ausführung sehr lange auf sich warten läßt, gehören die
vier symbolischen Kriegergruppen, welche die Victoriasäule
des BelleallianSplatzes umgeben sollen. Irren wir nicht, so
sind die Modelle bereits seit achtzehn Iah reu (!) in Arbeit
und einige davon wenigstens schon vor 15 Jahren im
großen Gypsmodell fertig. Denn schon im Jahre 1850
fand sich eine Abbildung von der Gruppe „England" in
der von dem Redakteur unsers Journals herausgegebeucn
„Deutschen Kunstzeitnng." (Verlag von Ed. Kretschmer in
Leipzig). Was der Grund dieser Verzögerung sein mag, ist uns
unbekannt, allein es wäre doch wünschenswerth, wenn
mau etwas darüber erfahren könnte. Vielleicht, daß Prof.
A. Fischer, dem die Modellirung dieser Gruppen über-
tragen ist, darüber Auskunft zu geben nicht nur im Stande,
sondern auch gewillt sein möchte. Um inzwischen die
Sache wieder einmal anzuregcn, bringen wir heute eine
Abbildung der Gruppe „Preußen," deren energische Kom-
position von bedeutender Wirkung ist.

— — Wie wir hören, ist eine Kommission niedergesetzt,
welche über die malerisch e Ausschmückung des Rath-
hauses, namentlich der Wände des großen Treppenhauses
berathen und demnächst Vorschläge machen soll. Wie weit
die Ansichten über das Princip dieser Ausschmückung aus-
einandergehen, beweist der Umstand, daß von einer Seite
gewünscht wird, man möchte die Wände in mehre Ab-
theilnngcn zerlegen und an verschiedere Künstler zur Aus-
malung mit einzelnen Gemälden aus der Geschichte der
Stadt Berlin vertheilen, während andererseits auf Kaul-
bach als denjenigen hingedeutet wird, dem das Ganze
übertragen werden solle. Das wäre allerdings das
Schlimmste, was dem Rathhanse passiren könnte, denn
an philosophisch-kulturhistorischer Symbolik hat Berlin,
dünkt uns, in den Malereien des neuen Museums mehr
als genug. Was aber den ersten Plan betrifft, so fehlt
demselben jede principclle Grundlage und künstlerische
Einheit, und cs stände, wenn er zur Ausführung käme,
zu befürchten, daß die schönen großen Wände mit einer in
keinem Zusammhange stehenden Reihe von Darstellungen
bedeckt würden, welche weder koloristisch noch geschichtlich
irgend einen harmonischen und klaren Gesammteindruck
machen könnten. Was uns betrifft, so haben wir unsere
ganz bestimmte Ansicht über die allein passende Gesammt-
form und die Gliederung derselben nach einzelnen Moti-
ven, welche, aus der so reichen und pittoresken Geschichte
der Stadt geschöpft, dem Rathhause nicht nur zur künst-
lerischen Zierde gereichen, sondern auch zu mannigfacher
Belehrung und Anregung dienen würde. Indessen wollen
wir Niemandem unfern guten Rath aufdringen.

Berlin. — Eine Ausstellung von photographi-
schen Erzeugnissen aller Länder soll im großartigsten

mus des Morelli, eine sonst nicht leicht anfechtbare Auto-
rität, nennt als die vornämlichsten Maler dieser Minia-
turen Memling, Lievin von Antwerpen und Otta-
vianus von Gent. Von beiden Letzteren ist nichts bekannt,
und Memlings Weise spricht weder aus Darstellung,
noch Zeichnung, noch Farbengebung von irgend welchen
der Bilder, wenn auch einige, wie die Madonna am Schluß,
seiner Gefühlsart nahe kommen. Immer auch bleibt bei
ihm die Zeit der Entstehung zu berücksichtigen. — Die
photographischen Nachbildungen, welche sich auch auf den
Text beziehen und in der Größe des Originals auSgeführt
sind, erscheinen klar und bestimmt; auch sind einige Blät-
ter nach dem Original kolorirt, so daß man eine fast voll-
ständige Anschauung jenes seltenen Werkes haben kann,
was um so anerkennenswerther ist, als das Original seiner
hohen Kostbarkeit wegen nicht leicht gezeigt wird.

Chronik.

Maaßstabe im April oder Mai 1865 in Berlin stattfindcn
Dieselbe war schon im vergangenen Frühjahre projectirt,
konnte jedoch in Folge der Kriegsverhältnisse nicht zur
Ausführung kommen.

Hamburg. — Hier ist durch die nunmehr geschlossene
Sammlung zur Deckung der Kosten für das Schiller-
Standbild, daß der verstorbene Bildhauer Julius Lip-
pelt ziemlich vollendet hinterlassen hat, die Summe von
14,379 Mk. zusammengebracht worden, während schon
früher ein Kapital von 15,000 Thlrn. für diesen Zweck
vorhanden war. Diese Gesamnitmittel reichen hin, das
Kunstwerk, welches im Jahre 1865 anfgerichtet werden soll,
vollends herzustellen.

Weimar. Professor Ferd. Pauwels hat im Verein
mit von Ramberg den Auftrag erhalten, das Innere der
Wartburg mit Wandgemälden zu schmücken. Ein großer
Theil der leeren Wandflächen, sowohl des großen Saales,
wie der Korridore, ist bekanntlich mit Malereien von M.
von Schwind geziert, deren Motive der Legende der
heiligen Elisabeth entnommen sind. Die Sujets, welche
Pauwels und Ramberg behandeln werden, beziehen
sich dagegen ans die Hauptfakta der Refonuationszeit.

Dresden. — Die große Lotterie von Kunstwerken zur
Erbauung eines Künstlerhauses hier wird im be-
vorstehenden Frühjahr stattsinden. Das Unternehmen bietet
mindestens 1300 Gewinne in Gesammtwerthe von 30,000
Thlr., darunter 230 Oelgemälde, 150 Aquarellen und
Handzeichnungen, 650 Kupferstiche und andere Kunstblätter,
270 größere Photographien, 220 Prachtwerke und Kunst-
hefte, 50 plastische Werke, Cartons, Pastellbilder rc. In
allen Abtheilungen finden sich trefflicke Kunstwerke, darunter
Beiträge der Knustgenossenschaft in Düsseldorf, München,
Hamburg, Frankfurt, Karlsruhe, Stuttgart, Berlin u. s: w.
sowie von vielen Kunstverlegern und Kunstfreunden.

Nürnberg. Am 6. Januar, Mittags gegen 1 Uhr
entlud sich über unserer Stadt unter heftigem Schneetrei-
ben plötzlich ein starker Blitz mit unmittelbar daraus fol-
gendem Donner. Eine halbe Stunde später züngelte ans
dem Dache des nördlichen Thurmes der Lorenzkirche,
fast zunächst der Spitze, eine Flamme hervor. Bald dar-
auf stürzte die oben angebrachte Kugel mit dem großen
Wetterhahn zusammen. Das Dach des Thurmes ist voll-
ständig vom Feuer verzehrt; die Spitzen des Achteckes,
aus denen heraus es sich erhoben hatte, ragen brandge-
schwärzt in die Luft. Das Thürmerstübchen ist ausge-
brannt; die zwei über demselben angebracht gewesenen,
von Peter Bischer gegossenen Thnrmglocken, deren obere
auf die untere herabgestllrzt war, sind zum Theil geschmol-
zen und zerstört.

Trier. — Der Verein von Alterthumsfreundeu
im Rheinlande hat vom König von Preußen 800 Thlr. als
 
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