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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 10.1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.13555#0133

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dem Künstler selbst zur freien und kritischen Beurtheilung
zu unterbreiten und aus dem weiten Streife wissenschaft-
licher und künstlerischer Netabilitäten wenigstens einigen
hervorragenden Persönlichkeiten Gelegenheck zu geben, über
den angeregten Grundgedanken im Ganzen und in seinen
einzelnen Bestandtheilen, über die verschiedenen Gruppi-
rungen im Zusammenhänge mit dem Ganzen und über
die Benutzung der vorhandenen Räume mit Rücksicht aus
die künstlerische Harmonie und Einheit ei» selbstständiges
und freies Urtheil zu fällen, die Schwächen und Mängel
anzudeuten und Vorschläge zu machen, in welcher Weise
das Ganze oder die einzelnen Theile eine andere, ästhetisch
gerechtfertigte Gestaltung gewinnen könnten. Wenn es
sich hierbei überhaupt um ein Projekt handelt, welches die
Aufmerksamkeit und das Interesse jedes Freundes der
Wissenschaft und Kunst zu erregen im Stande ist, so glau-
ben wir uns um so zuversichtlicher der Hoffnung hingeben
zu können, daß Ew. Wohlgeboren auch ans diesem Felde
bewährte Einsicht und Thätigkeit es sich nicht versagen
werde, unsere Wünsche zu erfüllen und das bedeutungsvolle
Unternehmen durch Ihren schätzbaren Rath und Beistand,
durch Ihr beachtcnswerthes und erprobtes Urtheil in der
oben angedeuteten Weise zu unterstützen und zu fördern.
In dieser Voraussetzung beehren wir uns Ew. Wohlge-
boren ein Exemplar des Waesemann'schen Programms
und die dazu gehörigen vollständigen Zeichnungen zur
gefälligen Durchsicht mit der ganz ergebensten Bitte zu
übersenden, dem Unterzeichneten das Resultat Ihrer Er-
wägungen und Prüfungen über die Beibehaltung des
Waesemann'sch,n Programms, dessen etwanige erforder-
liche Umgestaltung oder über die Nothwendigkeit eines
neuen Projektes gefälligst bald mittheilcn zu wollen, wobei
wir uns nur noch die Bemerkung erlauben, daß der Bau-
inspektor Waesemann sehr gern bereit sein wird, Ew.
Wohlgcboren, falls Sie dies wünschen sollten, an Ort und
Stelle mit den Räumlichkeiten, welche sich zur Ausschmückung
durch Bildwerke jeder Art eignen, mit der Lage derselben
mit der Beschaffenheit des Lichts re. bekannt zu machen
und diejenigen Erläuterungen daran zu knüpfen, die etwa
zum Verständniß seines Programms nothwendig erscheinen
sollten. — Mit besonderer Hochachtung im Namen der De-
putation zur Vorberalhung über die Ausschmückung des
Rathhauses, der Oberbürgermeister Seydel."

„Es lag — fügt jener officielle Referent hinzu —
in der Natur der Sache, daß man sich bei der großen
Anzahl von Gelehrten und Notabilitäten in der Kunst
nur an wenige und solche Persönlichkeiten wenden konnte,
deren besonderes Interesse zur Sache (?) eine baldige Er-
füllung des in dem Schreiben ausgesprochenen Wunsches
erwarten ließ. Die Angelegenheit ist aber von so allge-
meinem Interesse, daß es nur erwünscht sein kann, wenn
dieselbe auch in weiteren Kreisen Anklang finden und eine
Betheiligung aller Derer Hervorrufen sollte, welche be-
fähigt sind und sich berufen fühlen, ein großartiges
Werk mit ihren Kenntnissen und Erfahrungen zu fördern."

Gegen letztere Bemerkung fühlen wir uns veranlaßt,
eiuen bescheidenen Protest einzulegen. Wenn bereits eine
bestimnite Anzahl von „Sachverständigen" zu der Abgabe
eines Gutachtens officiell aufgefordert wurden, so dürf-
ten sich diejenigen, welche sonst noch über die Sache
uachgedacht, umsoweniger Lust spüren, unberufen ein Vo-
tum' darüber abzugeben, als sie in die Nothwendigkeit
gesetzt wären, beini Herren Oberbürgermeister um die
Vorlage des Projekts zu petitioniren. Warum überhaupt
hier eine Bevorzugung? Warum sich nicht öffentlich und
ganz allgemein an Diejenigen wenden, welche sich befähigt
glauben, in der Sache ein Wort mitreden zu dürfen?
Möglicherweise würden in solchem Falle grade die meisten
derjenigen Herren, welche bas besondere Vertrauen des
Herrn Oberbürgermeisters zu genießen scheinen, sich nicht
dazu berufen gefühlt haben, eine Ansicht über diese Sache

auszusprechen; während Andere, welche sich wirklich dafür
interessiren und dies Interesse bereits belhätigt, sich nun-
mehr davon znrückziehe» werden. Wir wollen nur einen
Namen nennen. Warum ist der geniale Baumeister
Adler, der ein ebenso gründlicher Kenner der Geschichte
Berlins, wie feinfühlender Künstler und ohnehin prakti-
scher Architekt ist, übergangen worden? Wenn irgend
Einer zur Abgabe eines Votums über das Projekt be-
fugt war, so war eS wohl Adler. Aber wie eS scheint,
ist der Herr Oberbürgermeister der Ansicht, daß Herr
Eggers — um doch auch einen Namen aus den Er-
wählten zu nennen — mehr von der Sache versteht, als
Herr Adler.

— — Abermals hat der Tod anö der Reihe der
Künstler hierorts ein Opfer gefordert. Der anögezeich-
uetd Medailleur Prof. Karl Fischer ist am 27. v. M.
an Gchirnverweichung gestorben.

— — Seit voriger Woche ist hier (unter den
Linden 68a.) durch den bekannten Kunst...ndler Wilh.
Hagen eine Ausstellung von „300 Stück Oelge-
mäjden der Düsseldorfer Schule" (wie gewöhnlich
„nur kurze Zeit") eröffnet worden, zum Verkauf nämlich.
Die Bilder, gemischt mit Sophas, Lüstrcs, Spiegeln re.,
an denen die Auclionspreise aus großen Zetteln befestigt
sind, sollen ,,zu recht billigen Preisen" — wie es in der
Annonce heißt — verkauft werden, und „befinden sich"
— immer nach der Versicherung der Annonce — „darun-
ter vorzugsweise Werke der Herren Prof. A. und O.
Achenbach, Hans Gude, Sch euren, Hilgers,
Sell, Jungheim, v. Wille, Keßler, Schulz,
Lott, Nocken, Mevins u. A." — Wir sind hier in
Berlin — Dank deni ästhetischen Sparofen des Herrn
Schönau (vulgo „Preußischer Kunstverein") — sattsam an
Massens ch u n d in Oel gewöhnt, aber Das, was wir hier
bei Herrn Hagen sahen, übersteigt doch die Grenze des
Wahrscheinlichen. Als der freundliche Führer uns ans
unsere Anfrage nach einem Bilde von Osw. Achenbach
vor eine Leinwand führte, gegen welches der miserabelste
buntschillernste Farbendruck ein Kunstwerk ersten Ranges
genannt zu werden verdiente, und zum Ueberfluß noch die
Echtheit des Bildes mit einem eines besseren Zweckes
würdigen Pathos betheuerte, wurden tvir wie von unsicht-
barer Gewalt hinausgetrieben. Es ging wirklich nicht
länger: Zorn und Lachen kämpfen in unserer Seele, so
daß ein krampfhafter Ausbruch nickt mehr zu verhindern
war. Draußen, in der frischen Schneeluft, wurde uns
wohler und wir legten uns ernsthaft zwei Fragen vor:
1. „Welche Vorstellung muß Hr. Hagen von dem Kunst-
geschmack deö berliner Publikums haben, um mit einer
solcher Fre.. imüthigkeit dergleichen Schund nur auszu-
stellen, geschweige unter der Aegide geachteter Künstlerna-
men zum Kauf ausznbieten?" — 2. „Wie erklärt cs sich
bei der bekannten praktischen Energie der Düsseldorfer
Künstlerschaft, daß dergleichen Kunst... ndel ans Kosten
der geachtetsten Künstlernamen ungestraft getrieben wer-
den kann". —

Hamburg. — Der hiesige Kunstverein hat seine bis-
herige Verbindung mit den andern zum „Norddeutschen
Gesammtverein" gehörigen Vereinen .gekündigt, so daß
wahrscheinlich der Gesammtverein sich eine neue Konstilui-
rung geben oder vielleicht als Ausstellungscyklus ganz zer-
fallen wird.

Paris. — Wenn der Kaiser Napoleon in den vom
gesetzgebenden Körper gewünschten Ankauf der Morny-
schen Geniälde-Gallerie einwilligt, so wird dieselbe in
drei Theile zerlegt werden und der eine Theil in die
Samnilungen des Luxembourg für moderne Malerei und
der zweite in den Louvre kommen, der dritte Theil aber,
wie gegenwärtig, der Schmuck der Festgalerie des gesetz-
gebenden Körpers bleiben, deren Herstellung 400,000 Frs.
gekostet hat.

_ (Fortsetzung in der Beilage.)
 
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