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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 10.1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.13555#0155

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weggegeben'*). So geht zunächst vor ihr ein junges
Mädchen, das mit Inbrunst einen kleinen Amor, der sie
umfaßt hält, an die Brust drückt, aber nach ihr eine andre,
die der Liebe Freuden schon erfahren und, den gefügigen
Amor bei den Flügeln haltend, etwas nachdenklich davon-
geht. Weiterhin sitzt eine kräftige Männergestalt, die, den
Kopf in die Hand gestützt und von einem im Nacken
sitzenden Amor niedcrgebeugt, das volle Joch der Liebe
trägt; an Herkules könnte man dabei denken, den Ompha-
le's Amor bezwungen. Zuletzt sehen wir die auf den
Stab gestützte Gestalt eines Greises; verlangend streckt
er die Hand nach einem flatternden Amor aus, aber
schon hat der sich wieder abgewendet und sieht über die
Schulter scheu und verächtlich zurück: bei dem hinfälligen
Alten macht die Liebe keine Wohnung mehr.. So wird
der Meister der Plastik zum lyrischen Dichter, und beson-
ders ist es ihm hier im Ausdruck der Züge gelungen
mit großer Feinheit die Stimmungen des Herzens zu
zeichnen.

Hier besiegte „Amor" die Menschen; aber auch als
Sieger über die Elemente finden wir ihn dargestellt, und
wenn irgendwo, mußte da der Künstler symbolisch werden.
Der Adler des Zeus, von dem er sich in die Lüfte
heben läßt, der Löwe, als das stärkste Thier der Erde,
das ihm schmeichelnd folgt, der Delphin, auf desien
Rücken er die Finthen durchschneidet, ja der Cerberus
sogar, der seine Fesseln trägt, sollen den Sieg über Luft
und Erde, Wasser und Feuer veranschaulichen. Während
die ersten drei leichter verständlich sind, gelangt man auf
etwas schwierigerem Wege zum vierten, worin heidnische
und christliche Anschauungen durcheinander spielen. Aber
da Cerberus, als Wächter der Unterwelt, auch den Tartarus
hütet und dieser mit unserer Hölle ziemlich gleichen Rang
hat, für welche wieder die Vorstellung des Feuers obli-
gat ist, glaubte der KWstler es sich erlauben zu dürfen,
jenen Höllenhund zum Repräsentanten des Feuers zu
machen, den ja einst auch Orpheus Spiel bezwungen, als
ihn die Sehnsucht nach der ihm entrisienen Eurydice zur
Unterwelt hinab führte. — Anderen Reliefs liegt die tro-
janische Sagengeschichte zu Grunde und zwar beginnt
auch unser Künstler mit dem Zorne des Achill, (1805)
d. h. der Scene, worin ihm durch die beiden Herolde

*) Es ist diese reiche und zartsinnige Kompvsition osienbar
eine Illustration zu Göthe's Gedicht „Wer kauft Liebesgötter",
welches auch von andern Künstlern, z. B. von Kaulbach —
von diesem freilich in einer Weise, gegen welche die obscönsten
Kompositionen eines Giulio Romano als unschuldige Spielereien
betrachtet werden können — illustrirt worden ist. D- Red.

V. Köln am 15. April. (Entgegnung in Betreff
der Dom baulotter ie-Ausstellung). In Nr. 15 der
Dioskuren fanden wir einen Bericht des Journal des
Beaux-Arts über die kölner Ausstellung zur Beschaffung
von Gewinnen für die Dombau-Lotterie, dem wir um so
mehr uns veranlaßt sehen entgegen zu treten, als derselhe
mehr einem bösen Willen und der Unkenntniß, als einem
besonnenen Urtheile entsproffen zu sein scheint. Gehen wir
von dieser Ansicht aus, so finden wir in dieser Nachricht
nichts als dieselbe seltsame Stimmung, welche sich aussprach,

Agamemnons seine geliebte Briseis weggeführt wird,
während er selbst, von dem leidenschaftlichsten Schmerz
ergriffen, mit abgewandtem Gesichte dasitzt und Patroklus
die betrübt uund sehnsuchtsvoll nach dem Peliden sich
umschauende Gefangene zum Folgen ermuthigt. Hektor
(1837) sodann, im Moment, da er Abschied nimmt von
dem kleinen Astyanax, zur Linken Andromache, Thränen
vergießend, rechts der Waffenträger, so daß man das
Schiller'sche: „Horch der Wilde tobt schon an den Mauern"
hier zu hören glaubt. In einem andern sehen wir den
greisen Priamus bei Nacht im Zelte des Achilles, die-
sem zu Füßen, um die Auslieferung von Hektors Leiche
von ihm zu erflehen und hinter ihm Knaben, die reiches
Lösegelv tragen. Aber auf einer ferneren Darstellung ist
auch Achill von seinem Schicksal erreicht. Denn trauernd
sitzt auf seinem Grabhügel die Mutter Thetis, wäh-
rend in der Mitte des Reliefs gewappnet Pallas Athene
steht, die eben den Streit über die Waffen des Todten
entschieden hat und sie ihrem Liebling Odysseus von
Knaben zutragen läßt; auf der andern Seite zeigt sich in
wahnsinnigem Schmerze der getäuschte Ajas.

Durch ein andres Relief werden wir auf den Par-
naß versetzt. Mit dem göttlichen Sängerantlitz sitzt zur
Linken der Leyer spielende Apollo, umgeben von den
neun sich vor ihm im Tanze bewegenden Musen, jede
einzelne mit Rücksicht auf Bewegung und Gewandung
vortrefflich komponirt. Wo aber die Musen sich freuen,
fehlen die Grazien nicht; und so sehen wir auch hier
etwas höher gestellt hinter jenen die drei sich umarmen-
den Schwestern, das Fest zu vollenden. Die ganze
Poesie wollte Thorwaldsen in einem nur im Abguß vor-
handenen Werke, (das unseres Wissens auch nicht in
Marmor ausgeführt ist) verherrlichen als „Weg zum
Parnaß". Vollendet ist nur der Cither spielende Apollo,
der auf einem Siegeswagen voranzieht, Pegasus und der
Genius des Lichtes, die Grazien und Musen, von Liebes-
göttern begleitet, und zuletzt der blinde Sänger Homer,
von dem Genius der Poesie geführt. „Homer" ist auch
allein in einem Relief verherrlicht, auf dem er vor dem
Volke die Thaten der Heroen singend dargestellt ist, gleich-
falls eine sehr lebendige Komposition. Während ein jun-
ger Mann hinter ihm die Lieder aufjchreibt, wecken sie
in einem auf den Stab gestützten Alten durch die Erin-
nerung nochmals jugendliches Feuer. Aber die Rührung
in den Augen zweier Frauen zeigt, daß der ehrwürdige
Sänger auch manche Töne seiner Leyer entlockt, welche
sanftere Gefühle Hervorrufen.

(Schluß folgt.)

ehe die Hälfte der Bilder ausgestellt war. Man hatte es
sich zur Norm gemacht, die Ausstellung schlecht zu finden,
und dazu bot die gar zu traurige Aufstellung der Bilder,
die mit wenigen Ausnahmen in einem unrichtigen oder
schlechten Lichte hingen, Gelegenheit. Leider war es durch
den Raum bedingt, dieselben in einer so miserablen Weise
zu arrangiren, wie sie uns vielleicht noch nie zu Gesichte
kam. Die Bilder sind zu einer erstaunlichen Höhe aufge-
speichert und der Raum zwischen den Stellagen oft so eng,
daß nur die untere Reihe leidlich, insofern dies überhaupt

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