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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 10.1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.13555#0171

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doch "passen sie mehr für die Jugend und namentlich das
weibliche Geschlecht."

„Die Schleife mag hier und da angebracht werden, doch
ist sie unter Umständen das Häßlichste, was es auf diesem
Gebiete giebt. Knöpfe, Schnallen und dergl. sollen auch
nur sparsam angebracht werden; ebenso der eigentliche
Schmuck, den man auf der Kleidung trägt. Er soll der

Das

Schließlich sei noch die Frage aufgeworfen, wie lange
wohl die Wirkung einer durchgreifenden Regeneration nach-
halten wird. Wer die Frage ganz empirisch beantwortet
haben will, der wird sagen, daß hierüber nur die Zeit
entscheiden kann. Für diesen reichen, die Erfahrungen
allerdings nur bis zum Mai 1863 zurück, von welcher
Zeit die Lautenspielerin von Dorn er vorliegt. — Dieses
Bild ist an den regenerirten Stellen gegenwärtig noch
so klar, wie es Anfangs war, ebensowenig bemerkt man
an andern Bildern, die seit einem und seit anderthalb
Jahren regenerirt sind, einen augenfälligen Rückschritt.
Für Leute, welche keinen weiteren Gründen zugänglich
sind, würde die Regeneration also jedenfalls eine Dauer
von 21 Monaten beanspruchen können. Wenn solche Bilder
wieder trüb werden, müssen die vorsichtigen Richter eben
abzuwarteu sich gedulden. Wer aber auch nach andern
Gründen, als dem geduldigen Abwarten der Entscheidung
durch die Zeit zugänglich ist, wird aus der Natur der
Sache den Wirkungen des Regenerationsverfahrens die
gleiche Zeitdauer, wie den Wirkungen der besten bisherigen
Methoden der Restauration zuschreiben müssen. Es ist
kein Zweifel, daß jedes regenerirte Bild mit der Zeit wie-
der trüb werden, wieder seinen molekularen Zusammen-
hang verlieren wird, wenn es darnach unter denselben
Umständen wie zuvor aufbewahrt wird, denn es erleidet
ja durch das Verfahren keine wesentliche Aenderung in
seiner Substanz: aber eben so sicher ist es auch, daß das
Bild mit derselben Leichtigkeit und mit demselben Erfolge
dann wieder regenerirt werden kann. Die Kommission
darf somit die Entscheidung dieser letzten Frage getrost
von der Zukunft erwarten.

Nachdem die Kommission sich nun fast zwei Jahre
lang mit der Prüfung des Pettenkofer'scheu Verfahrens
an einer Anzahl von mehr als 50 Gemälden der ver-
schiedensten Schulen und Zeiten befaßt, auch alle Ein-

höchste Licht- und Glanzpunkt derselben sein und im Ver-
eine mit dem unmittelbar auf dem Leibe getragenen
Schmucke den höchsten Licht-und Glanzpunkt der ganzen durch
Kunst hervorgebrachten Erscheinung des Menschen bilden.
Eine Anhäufung von vielen Ordenszeichen macht deshalb
auch einen schlechteren Eindruck, als ein paar derselben."

(Fortsetzung folgt.)

(Schluß.)

würfe, die sowohl von Mitgliedern der Kommission als
auch von Personen außerhalb ihres Kreises erhoben wor-
den sind, auf das Sorgfältigste geprüpft und unbegründet
gefunden hat, ist sie zu der Ueberzeugung gelangt, daß es
unverantwortlich wäre, daß Pettenkofer'sche Regenerations-
Verfahren, wie es von Konservator Frey bereits praktisch
gehandhabt wird, nicht für die rationelle Grundlage der
künftigen Restauration und Konservation für die bayeri-
schen Staatsgemäldegalerien zu erklären.

Insofern die Wirkung der Zeit mit jedem Jahre nicht
nur in gleicher, sondern sogar in beschleunigter Bewegung
vorwärts schreitet, wenn ihr nicht Einhalt gethan wird,
muß die Kommission, um ihrer Pflicht zu genügen, dring-
lichst beantragen, daß alle Staatsgcmälde, welche Kunst-
werth besitzen, und an welchen der Verlust der molekularen
Kohäsion bereits einen sichtbaren Grad erreicht hat, mög-
lichst bald regenerirt werden. Pettenkofer hat nicht ver-
säumt, hiefür einen thatsächlichen Beleg beizubringen.
Ein Bild von Dominique Quaglio in der neuen Pi-
nakothek Nro. 169 Kabinet rc. wurde im Jahre 1859
genau photographirt. Pettenkofer ließ dasselbe Bild in
derselben Größe von demselben Photographen (Hofphoto-
graphen Albert) im Jahre 1864 wieder photographiren.
Beim Vergleiche der beiden Photographien ergibt sich,
daß gewisse Veränderungen am Original in den letzten
fünf Jahren größere Fortschritte gemacht haben müßten,
als in den vorausgegangenen zehn Jahren.

Es ist überhaupt jetzt an der Zeit, die Konservirung
der Staatsgemäldegalerien auf Grund der gemachten
Erfahrungen und der gewonnenen Einsicht zu regeln.

München, den 23. Februar 1865.

Joh. von Schraudolph. — Karl Piloty. —
Eduard S ch l e i ch. — vr. I. H. v o n H efn er-Altencck.

— M. Carriere.

Das Pettenkofer'sche Regenerationsverfahren.

Die Fluchtpunktschiene.

Eine neue Erfindung zur Zeichnung perspektivischer Parallelen von Wilhelm Streckfuß.

Seit langer Zeit hat man Versuche gemacht, ein Instru-
ment zu erfinden, welches geeignet wäre, die lästigen Kon-
structionen zu beseitigen, welche entferntliegende Verschwin-
dungs- oder Fluchtpunkte bei perspektivischen Zeichnungen
verursachen. Keines derselben jedoch hat sich einer allge-
meinen Anwendung zu erfreuen gehabt. Lahure erfand
zu Paris im Jahre 1790 das erste derartige Instrument,
ihm folgte Thibault in Paris im Jahre 1798 mit einem
neuen, diesem etwas später Nicholson in London mit
einen dritten und Castellan erfand das vierte. Das
Thibault'sche Instrument bestand aus einem Parallel-
Lineal, woran eine Schiene befestigt war, welche in die
Lage der fliehenden Linie gebracht wurde und bei dem
Zusammenschieben des Parallel-Lineals immer die Richtung
nach einem Punkte des Horizontes hatte. Im Jahre 1858
gab ich in meinem „Lehrbuch der Perspektive" eine Abbil-
dung und Beschreibung dieses Instrumentes mit kleinen,
von mir angebrachten Verbesserungen. Da dieses Instru-
ment nur bei kleinen Bildern anzuwenden war, so veröf-
fentlichte ich im Jahre 1863 durch die „Diosküren" ein
neues Verfahren, perspektivische Parallellinien mit einer
Reißschiene zu zeichnen. Ich betrachtete den Fluchtpunkt
als Mittelpunkt eines Kreises, schnitt von fester Pappe

einen Bogen, welcher an den Rand des Bildes geheftet
wurde und welcher der Schiene immer die Richtung nach
dem Mittelpunkt dieses Kreises gab. Dieses Verfahren
zeigte sich, sobald die Bogen gut geschnitten waren, bequem
und sicher, aber das jedesmalige Schneiden der Bogen
mochte abschrecken, und so kam es nicht zur allgemeinen An-
wendung.

Um die Mühwaltung des Bogenschneidens zu vermeiden,
erfand Herr Professor L. Boustedt in Gotha ein Jnstru-
ment und veröffentlichte die Beschreibung und Zeichnung
desselben am 4. Oktober 1864 durch die „Diosküren." Dies
Instrument bestand aus vier Metallschienen und einem
Lineal und wurde später noch durch eine Schiene, welche
auf den Horizont gelegt wurde, vervollständigt. Obgleich
ich das Sinnreiche dieses Instrumentes anerkenne und es
den Architekten vielleicht gute Dienste leistet, so wird es
doch bei Oelgemälden mit weniger Erfolg angewendct
werden können, da es einen großen Theil des Bildes be-
deckt und fest auf die Leiuewand geschraubt werden muß.

Bestrebt, die Mängel der vorhandenen Instrumente zu
beseitigen, übergebe ich nun heute der Künstlcrwelt ein
neues Instrument, welches mit Sicherheit geht, mit
Leichtigkeit sich bewegen und einstellen läßt und von jedem
 
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