Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 10.1865

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13555#0180

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
168

Stofflichen, und seine Gestalt wird für den Ausdruck der Idee
um so unbrauchbarer, je realer es in der Darstellung erscheint.
Das Kreuz z. B. als Symbol des christlichen Glaubens drückt
die Idee um so schärfer aus, je mehr es sich auf das blos Linea-
rische beschränkt; je stofflicher dagegen, z B. als stilllebenartig
gemaltes Eichenholzkrenz, es dargestellt wird, desto mehr büßt es
an seiner ideellen Kraft ein. In seiner Abstraction vom
Stofflichen liegt also gerade seine Kraft und Wahrheit, und
eben hiedurch wird es für die Malerei ungeeignet, weil diese
das stofflichste Darstellungsmittel ist, >vas die Kunst kennt. Der
Redner stellt hier die Kaulbach'sche Symbolik der Symbolik
Raphael's gegenüber, wie sie sich in der „Schule von Athen"
offenbare, und weist nach, daß bei Raphael der Schwerpunkt der
künstlerischen Wirkung und Bedeutung nicht in das symbolirende
Moment falle, sondern lediglich in der Großartigkeit der Kom-
position an sich und in der Schönheit der Farbe beruhe, und
zwar der Art, daß es in der Thal fast indifferent sei, ob diese
oder jene Figur diesen oder jenen Philosophen bedeute, und
daß hievon das Urtheil über die Größe des Werkes nicht im
Geringsten bedingt sei. Gerade das Entgegengesetzte findet bei
Kaulbach statt. In Komposition und Kolorit durchaus modern,
tragen seine Gemälde den vorwaltenden Charakter des Symbo-
lischen, so daß auf dieses Moment der Schwerpunkt der ganzen
Bedeutung fällt. Besonders augenfällig wird der innere Wider-
spruch der symbolischen Malerei in seinem neuesten großen Bilde
der „Reformation." Sämmtliche Figuren darauf in porträt-
mäßiger Realität dargestellt, entbehren der für jede geschichtliche
Persönlichkeit durchaus uothwendigen lokalen und zeitlichen Rea-
lität, d. h. sie schweben in der Luft. Wie wäre es wohl sonst
denkbar, daß „Guttenberg" und „Gustav Adolph" sich mit einander
unterhalten können, daß „Kolumbus" und „Elisabeth" II. in dem-
selben Raum sich befinden u. s. f. Statt wirklicher ideeller Reprä-
sentation der weltbewegenden Gedanken der Reformationszeit haben
wir hier also eine ganz willkürliche, unhistorische, jeder Raum-
und Zeiteinheit hohnsprechende Kombination von Personen und
und Gruppen, deren innere historische Beziehung durch eine ganz

äußerlich anordnende Zusammenstellung abstrakt fymbolisirt wer-
den soll. — Weder also die religiöse Malerei, welche ihre Pfeile
bereits verschossen hat, noch die symbolische Malerei, welche über
das der Kunst naturgemäß vorgesteckte Ziel weit hinausschießt,
ist für die Entwicklung der Kunstgeschichte der Gegenwart und
Zukunft irgendwie als fruchtbringend zu betrachten, sondern —■
und dies ist die Beantwortung unserer Frage — die künstle-
rische Darstellung der ,veltgeschichtlichen Personen
und Thaten. Die alten Meister haben auch Geschichtsbilder
gemalt, d. h. beliebige Scenen aus der Geschichte, aber von Dem,
was wahrhaft historisch, d. h. geschichtlich bedeutsam ist, haben
sie nichts gewußt. Die Philosophie der Weltgeschichte ist eine
Errungenschaft der neueren Zeit, mit ihr der Begriff des Histo-
rischen, welcher auf der Voraussetzung eines inneren organischen
Zusammenhangs der geschichtlichen Thatsachen und auf einer
stetigen Fortbildung des menschlichen Geistes beruht. Ans dieser
großen Kette der Thaten des Geistes diejenigen Momente her-
auszufinden, welche einen Blick auf diesen inneren Organismus
gewähren, also diejenigen Männer, welche Träger der geschicht-
lichen Entwicklung sind, und die Großthaten der Geschichte ihrer
innerlichen Bedeutung nach künstlerisch zu sixiren und in drama-
tischer Lebendigkeit uns vor Augen zu führen, das ist die wahre
Aufgabe der heutigen Historienmalerei. Nur auf diesem Gebiete
ist — wenn die Uebergangsperiode, in der sich die heutige Kunst
befindet, und in welcher sie sich mit der Bewältigung der tech-
nischen Schwierigkeiten abarbeitet, um dem nachkommenden Ge-
schlecht die technische Meisterschaft als ein Gegebenes zu verer-
ben — eine wahrhafte, originale Reorganisation der Kunst, und
insbesondere der Malerei, möglich. Einzelne Anfänge, wie die
Hußbilder von Lessing und Anderes, weisen daraus hin, daß
die Morgenröthe dieser großen Zeit nicht fern ist, wenn auch
wir, die wir gegenwärtig schaffen und streben, den Glanz der
neuen Zeit vielleicht nicht mehr erleben werden.

Zu einer Diskussion war der Abend bereits zu weit vorge-
rückt. Dieselbe wird in der nächsten Versammlung eröffnet werden.

F. F.

Ausstellunaskalender.

Deutsch er Ausstellungskalender.

Für 1864/65.

Kesterreichischer Kunstocrein in Wien. Wechsel der Bil-
der am chsten jedes Monats. (Siehe die Ankündigung in dieser
Nummer.)

Kunstverein für Ml,men. Die Ausstellung in Prag wird
eröffuet am 23. April. Einsendungstermin 9. April. Dauer bis
zum 11. Juni. (Bedingungen s. in Nr. 6 d. I.)

Alldeutscher Kyklns. Eröffnung am 15. December 1864
zu Danzig. Es folgen Königsberg (2. Febr. 1865), Stet-
tin und Elbing <1. April), Breslau (1. Mai), Görlitz.
Schluß Mitte August.

Süddeutscher Kyklns. Eröffnung im April 1865 zu Re-
gensburg. Es folgen Fürth, Bamberg, Würzburg und
Wiesbaden. Schluß im August 1865. (S. Nr. 14 d. Diosk)

Westlicher Hl,Klus. Eröffnung in Hannover (16. Febr.).
Es folgen Magdeburg (2. April), Halberstadt (4. Mai),
Halle (10. Juni), Gotha (16. Juli), Kassel (30. August).
Schluß im Oktober.

Würingischer Hyklus. Eröffnung am 15. April zu Erfurt.
Es folgen die Städte Zeitz, Jena, Gera, Greitz, Plauen,
Hof, Sondershausen, Nordhausen und Weimar. Schluß
im November.

Kieler Knnstverein. Gemälde-Ausstellung im Juni und
Juli d. I. (siehe Chronik in Nr. 17 d. Diosk.)

Ausländische Ausstellungen.

Allgemeine schweizerische Knnstansstestüng. Oestlicher
Turnus. Eröffnung in Zürich (16. April). Es folgen Basel
(21. Mai), Schaffhausen (25. Juni), Konstanz (30. Juli),
St. Gallen (27. August), Winterthur (24. September).
Schluß 8 Oktober. Einsendungstermin 1. April (nach Zürich
an das Comits).

pariser Salon von 1865. Die Ausstellung beginnt am
1. Mai und schließt am 20. Juni.

Houlouse. Kunst- und Kunstindustrie-Ansstellung. Eröff-
nung im Jnni.

Wesanyon. Kunstausstellung des Kunstvereins. Eröffnung
am 15- März mit zweimonatlicher Dauer. Einsendungstermin
vom 15. Februar bis 1. März.

Wmsterdam- Akademische Ausstellung für Künstler aller
Nationen. Eröffnung am 4. September, Schluß 9. Oktober.
Einsendungstermin vom 4. bis 18. August. Keine Frankatur.
Sechs goldene Medaillen.

Hcnt. Eröffnung der Ausstellung am 15. August. Ein-
sendungen bis 1. August an die Kommission directrice de l’ex-
position nationale des Beaux-Arts ä Gand, au palais de
l’Universite.

Sydeilham. Internationale Ausstellung im Krystallpalast.
Eröffnung am 14 April. Dauer 6 Monate.

Duölin. Internationale Kunst- und Industrieausstellung.
Eröffnung am 9. Mai, Dauer 6 Monate.

Polygrades-Bleistifte

für

Künstler, Kunstschulen und Bureaux in
4 Sorten von 4 bis 16 Bleihärten.

Künstler stifte t104!

mit Neusilberspitze, elegant und praktisch
mit feinstem Polygrades-Blei in 5 Blei-
härten.

Oelkreidestifte

in 48 Farben, für Dilettanten u- s. f. Zu
beziehen durch alle renommirte Zeichnen-

materialien-Handlungen.

Grossberger & Kurz in Nürnberg.

Verlag von S. Ä. Lrockhans in Leipzig.

Lehrbuch der Perspektive

für bildeude Künstler. [255]

Von Otto Gennerich.

Mit 101 in den Text eingedruckten Holz-
schnitten und einem Atlas, 28 lithographirte
Tafeln enthaltend.

8. Geh. 4 Thlr. 20 Ngr.

W. A. Lantz & Co.

Depositeurs des couleurs de Mss. Cheual
ä Paris et Windsor & Newton äLondres

— 22. Leipziger-Straße 22. —
empfehlen ihr aufs Beste assortirtes Lager
von Maler- und Zeichnen-Utensilien, Bu-
reau- und Luxus-Gegenständen, sowie
aller auf die Kunst bezüglichen Artikel.

[105] Commission & Exportation.

Kommissions-Verlag der N i c o l - i 'schen Verlags-Buchhandlung in Berlin. (G. Parthey) — Druck von G.Bernstein in Berlin.
 
Annotationen