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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 10.1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.13555#0194

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Dimensionen des Marmorwerks ausgestellt, und hat man
sich überzeugt, daß die Statue an dieser Stelle von guter
Wirkung sein wird, so Laß nunmehr definitiv bestimmt ist,
daß die Reiterstatue Friedrich des Großen auf dem ge-
wählten Platz ausgestellt werde. Die bisher auf diesem
Platze befindliche Büste des Herzogs von Bracciano wird
in ein gegenüberliegende BoSquet versetzt werden. — Ob
für 12,000 Thlr. nicht ein einheimischer Bildhauer etwas
Originaleres und namentlich künstlerisch Gediegeneres her-
zustcllen im Stande gewesen wäre, ist eine Frage, deren
Entscheidung jetzt post kdstum kommt.

— Karlsruhe, den 15. Mai, (Permanente Aus-
stellung im Prophyrsaale des Gr. Winter-
gartens). Unter allen Bildern ist in erster Reihe
Schrödler's „Hans Sachs", zu nennen, worüber ich in-
dessen in einer frühern Nummer dieses Blattes bereits
berichtet haben. Bon dem an hiesiger Kunstschule als
Lehrer wirkenden Maler Schick sind 2 Genrestücke mit
lebensgroßen Figuren ausgestellt. Das eine, ein Höhen-
bild, stellt ein Mädchen dar, das vor dem Spiegel ihr
reiches Haar ordnet. Graziös und leicht streift die
schlanke, weiße Hand durch die aufgelösten braunen Flech-
ten, die in wellenförmigen Linien um die nackten Schultern
liegen, während sich der schöne Kopf mit dem lieblichen
Gesichte träumerisch zuni Spiegel herabneigt. Auf der
blanken Platte des Schmucktisches liegt das reiche Ge-
schmeide, und wohl erkennen wir an der Lust am glänzen-
den Golde die sinnliche Tochter des Südens. Das leuch-
tende Inkarnat verräth ein großes Berständniß in der
Behandlung der Farbe, auch ist die Stimmung des Kolo-
rits den Forderungen des Gegenstandes in einer Weise
angepaßt, die die Wirkung des Ganzen ungemein erhöht.
Die Technik gleicht derjenigen der Venetianer, von deren
größtem Meister wir ein ähnliches Gemälde kennen, das
als In maitresse du Titien bekannt ist und eine Zierde
der Galerie des Louvre bildet. — Das zweite Bild von
Schick stellt eine junge Frau am Nähtische dar, während
ihr ein kleiner Knabe, das liebliche Köpfchen auf den Arm
gestützt, zusieht. Die Aufmerksamkeit der anmuthigen, le-
bensvollen Frauengestall theilt sich, wie wir aus dem Aus-
drucke des seinen Gesichtes von entschieden individuellem
Gepräge entnehmen, zwischen der Arbeit und dem lieben
Geplauder des Kleinen. Der Kopf des letztern ist außer-
ordentlich plastisch behandelt und verdient alle Anerkennung.
Auch in diesem Bilde ist die Stimmung der Farben von
entschiedener und großer Wirkung.

Unter den Landschaften nenne ich zuerst ein sehr
verdienstvolles Bild von H. Gude: „Gegend aus Wales
am Convay". Im Vordergrund Fels, Baum und Ge-
sträuch, üppige Vegetation neben steinbedeckten Flächen
nach dem eigenthümlichen Charakter dieser Gegend. Mitten
durch das Bild drängt sich der Convay zwischen felsigen
Ufern, hindurch rauschend, kühl und frisch. Ein Fischer
angelt an dem starken Bache. Den Hintergrund bildet Fels,
zum Theil gedeckt durch eine nebelhafte Luftschicht, wie sie
England so eigen ist, und welche das Durchdrungen des
farbigen Lichtes verhindert, doch Alles hell erleuchtet läßt.
Eine bestimnite Tagesstimmung ist nicht ausgesprochen.
Der nach links liegende Theil des Bildes erscheint ganz
licht, während die rechte Seite dunkel gehalten ist. Mit
großem Geschick hat der Künstler diese Gegensätze behan-
delt und ihnen eine so harmonische Lösung gegeben, daß
sie wohlthuend auf das Auge des Beschauers wirken. —
Von Härter ist ein kleines aber sehr entsprechendes Bild
vorhanden, eine Landschaft mit bewegter Luft darstellend,
das verdienten Beifall findet; von Schnee: „Ein ver-
lassenes Haus in herbstlicher Gegend" und „Der heilige
See bei Potsdam". An dem Letzteren haben wir gleich
den begabten Schüler Gude's erkannt, dem er mit' ent-
schiedenem Talent für die Farbe eifrig nachstrebt. Die
Wirkung des Abendlichtes auf den See und die Schiffer

im Nachen ist besonders brillant, die leuchtende Färbung
des Himmels voll Effekt. — Ein zweites Bild von
Schnee stellt ein altes, verlassenes Jagdschloß im Walde
vor. Zunächst dem Gebäude weidet das Wild, längst
nicht mehr gewöhnt, von dort aus Schaden zu leiden.
Das Motiv ist gut gedacht und die Detailbehandlung, be-
sonders des Terrains im Vordergründe, sehr anerkennens-
werth. — Eine Landschaft von Reichmann nach einem
anspruchslosen Motive ist liebevoll behandelt und macht
einen guten Eindruck. Die Staffage bildet ein kleines
Mädchen, das eben im Begriff ist, über den Bach zu
schreiten; die Beeren, die es im Walde gesammelt, trägt
es im Körbchen am Arme. Der mittlere Theil des Bil-
des, das über Steine und liegende Baumstämme stürzende
Wasser, wird wohl am meisten gefallen. — Echt dichterische
Empfindung und feinen Sinn für die Natur zeigt ein
Gemälde von Voßberg. Durch eine verlassene, baum-
lose Landschaft treibt ein Schäfer seine Heerde. Ein Theil
der Schaafe labt sich an dem Wasser im Vordergründe.
Die Haltung des Ganzen ist so, daß ungeachtet der reichen
Staffage das Landschaftliche nicht in den Hintergrund ge-
drängt ist. — Mit Bedauern sehen wir, daß ein treffliches
Bild von Thoma, eine Landschaft von dramatischem Cha-
rakter und von bedeutender Wirkung durch die Kraft der
Darstellung und die Energie der Farbe, der Ausstellung
bereits entzogen ist. (Fortsetzung folgt.)

A Weimar im Mai. (Alk- und Jung-Weimar;
die „Ruhmesh alle" von Wisli ceuus). Ich habe
die Bemerkung gemacht, daß die Nachrichten, welche von
hier über das hiesige Leben und Schaffen unsrer Kllnstler-
schaft in auswärtigen Blättern gebracht werden, meist eine
einseitige Färbung haben. Man liest fast nur von den
Arbeiten Preller's, Geuelli's, Martersteig's,
Schwerdtgeburth's, u. s. f., während von den viel
produktiveren Künstlern neueren Datums, wie Pauwels,
R a m b e r g, S ch l i ch t, H a r r a ch, K a l k r e u t h, M i ch e -
lis selten genug die Rede ist. Diese beiden Reihen, deren
ersterer ich noch den Namen Hummel hiuzufügen könnte,
bilden nun in der That zwei verschiedene Lager, die sich
zwar nicht befehden, aber doch auch nicht immer mit gün-
stigem Auge betrachten. Man könnte das eine als das
Lager des konservativen, das andre als das des liberalen
Kunstelements bezeichnen, wovon das erstere einen starken
Anhang in der Bürgerschaft besitzt, während das zweite,
Lessen Existenz erst seit Gründung der neuen Kunstschule
Latirt, ziemlich auf sich selbst und seinen Anhang von etwa
40 Schülern angewiesen ist. Dies ist jedoch nicht gering
anzuschlagen. Denn die frische Kraft der unter der per-
sönlichen lebendigen Theilnahme des Großherzogs empor-
blühenden Kunstschule ist ihrer selbst gewiß und schaut
daher mit einer gewissen Unbekümmertheit in die Zukunft,
weil sie sich als eigentliche Trägerin des hiesigen Kunst-
lebeus fühlt, und auch auf die Gegenwart und ihre Interessen.
Dies nun ist, was ich ihr zum Vorwurf machen möchte.
Sie muß sich ebenfalls, schon des Gleichgewichts halber,
zur Geltung zu bringen suchen, und wäre es auch nur
aus Rücksicht darauf, daß die Interessen der Schule nicht
durch diese Indifferenz leiden. Dem „Blühen im Ver-
borgenen", was man den bescheidenen Veilchen nachrühmt,
möchte ich den bekannten Göthe'schen Kernspruch von der
„Bescheidenheit" gegenüber setzen, den das konservative
Lager auf seine Fahne geschrieben hat. Soviel wenigstens
kann iä> versichern, daß in den hiesigen Kunstschulateliers
eine außerordentliche Thätigkeit und eine Freudigkeit des
Schaffens herrscht, die über kurz oder lang ihre Früchte
tragen wird. Ich hoffe Ihnen in Kurzem einen Bericht
über diese Thätigkeit in den verschiedenen Ateliers senden
zu können. Für diesmal beschränke ich mich auf eine
Mittheilung über den großen Carton von Wislicenus,
betitelt „Ruhmeshalle deutscher Dichter," welcher von dem
bekannten Kunstverleger Bruckmann bestellt und zur Nach-
bildung in Photographie bestimmt ist. (Schluß folgt.)
 
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