Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 10.1865

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13555#0212

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
202

demischen Hegemonie Bresche zu legen und die Kunst von
den verlebten Formen jenes Instituts zu befreien; es ist
nicht mehr eine kleine Kaste von Künstlern einer und der-
selben Richtung, welche die Interessen der Kunst wahr-
nimmt. Die nach manchen Richtungen hin demokratisiren-
den Tendenzen des zweiten Kaiserreichs haben auch hier
Eingang gesunden: die Jury wird jetzt zu ^ von der Re-
gierung ernannt und zu f von den ausstellenden Künstlern,
welchen eine öffentliche Anerkennung bereits zu Theil ge-
worden, erwählt. Das Mißtrauen, welches früher gegen
die Unparteilichkeit der Jury in der öffentlichen Meinung
herrschte, ist durch den Versuch, auch die refüsirten Werke
dem Urtheile des Publikums zu übergeben, so gründlich
beseitigt worden, daß man in diesem Jahre hat darauf
verzichten können, jene Mißgeburten der Kunst noch ferner
auszustellen. Es läßt sich leider nicht verläugnen, daß
der Salon trotzdem noch Manches enthält, was den An-
forderungen einer künstlerischen Leistung nicht genügt; es

trifft dieser Vorwurf indeß in einzelnen Fällen nicht die
Jury, sondern solche Künstler, welche in Folge früherer
Auszeichnungen durch Medaillen oder Verleihung der Eh-
renlegion der Kontrolle der Jury nicht mehr unterliegen
und sich dieser Bevorzugung unwürdig zeigen. Wenn das
Auge des Besuchers indeß in geringerem Maaße als in
früheren Jahren durch geradezu Schlechtes verletzt wird,
so zeigt sich nach der entgegengesetzten Seite hin auch eine
Abnahme von besonders hervortretenden Leistungen; das
Princip der Mittelmäßigkeit, gegründet auf eine gewisse
Routine in der Mache, ohne Tiefe und Selbstständigkeit
der Konception des Gegenstandes, und befördert durch die
jetzt jährlich sich wiederholenden Ausstellungen, gewinnt
immer mehr die Oberhand: die Kunst ist im Allgemeinen
für die Künstler nicht mehr Zweck und Ziel, sondern nur
das Mittel für Anerkennung, Ehren und Gewinn; es ist
dies eine der traurigen Erscheinungen des Zeitgeistes.

(Fortsetzung folgt.)

Kunst-Chronik.

Berlin. — Hiesige Blätter bringen die Nachricht, daß
„Der Beirath des Kultusministeriums in Bezug auf die
Verwendung der 25,000 Thaler zu künstlerischen Zwecken"
zur Konferenz zusammen getreten ist. An derselben neh-
men Theil: aus Königsberg Direktor Rosenfelder, aus
Düsseldorf Direklor Bendemann und Professor Karl
Hübner. Von den hiesigen Künstlern sind Mitglieder
die Professoren Steffeck, Wolfs rc. — Wir können nicht
umhin, daran die Bemerkung zu knüpfen, daß uns die
Zusammensetzung dieses Beiraths verfehlt scheint. Hätte
die berliner Akademie einen Direktor, auf den sie seit des
alten Schadows Tode wartet, so wäre nichts dagegen
zu sagen, wenn die drei Direktoren der drei preußischen
Akademien unter dem Vorsitz des berliner Direktors zu
einer Berathung zusammenträten. Denn wenn eine solche
Frage wie die der Verwendung der 25,000 für Kunstzwecke
ausgesetzten Thaler nicht Sache der obersten Kunstb ehörd e
des Staats ist, dann haben diese überhaupt gar keinen
anderen Zweck als bloße Lehranstalten zu fein. Privat-
künstler aber nach willkürlicher Wahl zu solcher Kommission
hinzuzuziehen, scheint nicht nur ungeeignet, sondern auch
bedenklich. Die Resultate der vorjährigen Konferenz haben
dies gezeigt. Wer sollte es wohl einem Künstler verden-
ken, wenn er solche Gelegenheit ergreift, um zunächst für
sich selber zu sorgen. Ob aber dies dem Zweck der Ver-
wendung entspricht, möchte sehr fraglich sein. Außerdem
scheint es uns durchaus nicht vor das Forum von Künst-
lern zu gehören, darüber zu entscheiden, w i e die 25,000Thlr.
zu verwenden sind. Sie mögen malen und bildhauern,
was ihnen in Auftrag gegeben.wird, aber welche Aufträge
zu geben sind — dies zu entscheiden, ist Sache der Kunst-
wissenschaft und der Kunstbehörde, aber nicht der
ausübenden Kunst.

— — Das Geschenk, welches die Wittwe des verstor-
benen Profesior Kiß mit dem von demselben hiuterlasse-
nen Kunstwerk: „Der heilige Georg mit dem Lindwurm",
welches bekanntlich im Bronceguß in feiner Cisielirung im
Gewerbe-Institut ausgeführt worden ist, dem Könige ge-
macht hat, soll vorläufig auf dem hiesigen großen Schloß-
hofe aufgestellt werden.

-Der Ober-Baurath Hesse ist zum Geh. Ober-

Baurath und zum Direktor der Schloß-Bau-Kommission
ernannt worden. Früher hatte der verstorbene Geh. Ober-
Baurath Stüler diese Stellung inne.

Düsseldorf. Dem Maler, Professor Ittenbach Hie-
selbst ist von dem Könige der Belgier das Ritterkreuz des
Leopold-Ordens verliehen worden.

Nürnberg. — Der Vorstand des hiesigen Germanischen
Museums kündigt an, daß er die in den Sammlungen

befindlichen Schätze deutschen Kunstfleißes, wie auch di
vorzüglichsten archäologischen Gegenstände, an denen Nürn-
berg so reich ist, photographisch vervielfältigen lassen werde.
Dieselben sollen in zwölf Serien getheilt werden, deren
jede wieder zwölf Blätter enthält: vierteljährlich sollen
drei Blätter jeder Serie ausgegeben werden, sodaß die
ganze Jahresausgabe 144 Blätter umfaßt.

Meißen. — Dom und Schloß sollen einer gründlichen
und würdigen Restauration unterzogen und namentlich
letzteres seiner früheren Bestimmung gemäß wieder herge-
stellt werden. Der Dom, ein Meisterstück altdeutscher
Baukunst, dessen Grund Kaiser Otto L gelegt haben soll,
wird unter Leitung des Professors Arnold restaurirt
und die Herstellung der 1471 gegründeten Albrechtsburg
besorgt Oberlandbaumeister Hänel. Als künstlerischen
Beirath für beide Architekten hat das Kultusministerium
den Oberbaurath Professor Schmidt aus Wien berufen,
der beide Bauten gründlich besichtigt und ein Gutachten
über die im Laufe der Zeit entstandenen Schäden abge-
geben hat.

Kiel. Vom 18. bis 20. Juli, wird die deutsche
Kunstgenossenschaft hieselbst tagen. Ein Comitö zum
angemessenen Empfang der Künstler ist bereits hier in der
Bildung begriffen. Die Kunstgenoffenschaft tagte zuletzt
im Jahre 1863 in Weimar. Wenn nur bei diesem „Ta-
gen" etwas mehr als bisher herauskommen möchte!

Kopenhagen. An, 21. März verstarb bier, man kann
wohl sagen, eine europäische Berühmtheit, der Konserenz-
rath Thomseu, der Konservator der Museen, Galerieen
und des Münz-Kabinets. Mit einer tiefen Kenntniß des
Werthes der ihm untergebenen Sammlungen verband er
alte Herr eine Liebenswürdigkeit, die sich jedem Fremden
seit Decennien gefällig zeigte. Er hat die Sammlungen
Kopenhagens erst auf die hohe Stufe gehoben, deren sie
sich jetzt erfreuen. Th o msen war Junggeselle. Der Dich-
ter Andersen war sein Hauptpfleger in der Krankheit,
und ihm bis zu seinem Ende nahe.

London. Im Juli soll im Süd-Kensington-Mnseum
eine Ausstellung von Miniaturgemälden stattftn-
den, und zwar soll dieselbe die letzten Jahrhunderte um-
fassen. Wenn eine zahlreiche Betheiligung, der in- und
ausländischen Kunstfreunde und Galerien die Ausstellung
zu einer möglichst vollständigen macht, so kann sie sehr
interessant werden. ,, o , ,

London. — Das Denkmal, welches dem Prinzen
Albert im Hyde-Park errichtet wird, scheint auf gewaltige
Dimensionen berechnet zu. sein; wenigstens laßt hierauf
nicht nur der gewaltige Ziegelunterbau, der schon rüstig
in Angriff genommen worden ist, sondern noch mehr die
 
Annotationen