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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 10.1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.13555#0213

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203

Fülle dekorativer Statuen, welch? das Piedestal schmücken
sollen, schließen. Jede der vier Seiten ist 56 Fuß lang,
die Höhe der Figuren, welche in sicilischem Marmor aus-
geführt werden, erhebt sich bis *u 6 Fuß. Die südliche
Seite, welche der „Musik", und die östliche, welche der „Male-
rei" gewidmet ist, sind dem verdienten Bildhauer Am sie ad
übertragen worden, welcher mit der Modellirung seiner achtzig
Figuren schon gute Fortschritte gemacht hat. In der alle-
gorischen Darstellung der Musik nimmt „Homer" (!), die
Lyra in der Hand, den Mittelpunkt ein und um ihn grup-
piren sich — Musik und Poesie ist der eigentliche In-
halt des Feldes — Dichter und Musiker Englands, Deutsch-
lands, Italiens, Frankreichs: Shakspeare, Milton,
Chaucer, Göthe, Bach, Händel, Mendelssohn,
Dante, Racine u. A.; in angemessener Draperie dient
als Repräsentant der Malerei Raphael, welcher
sitzend und eine Skizze in der Hand haltend dargestcllt
ist, um ihn Michelangelo, Leonardo da Vinci,
Tizian,Velasquez,Murillo, David, Delacroix,
ferner die Brüder van Eyck, Rubens, Hogarth,

Kunst

Berliner

Es tritt nun für das berliner Kunstleben bald jene
Zwischenzeit ein, welche man als saison morte zu bezeich-
nen pflegt. Künstler wie Kunstfreunde gehen in die weite
Welt, die Ersteren auf Reisen nach dem gelobten Lande der
Kunst oder in's Gebirge, die Andern ziehen in die Bäder
oder auf's Land, und wär's auch blos nach einer Sommer-
wohnung in Schöneberg oder Pankow. Seit die Natur mit
ihrem ewig jungen Reiz sich stets wieder erneuernder
Jungfräulichkeit Herz und Sinn zu fesseln beginnt, ver-
liert die Kunst, wenigstens wie sie.heute im Großen und
Ganzen geübt wird, einen großen Theil ihrer Anziehungs-
kraft. Auch wir, die wir an die Kette unsrer wöchentlichen
Pflicht gefesselt sind, möchten lieber den grünen Wald durch-
streifen und den frischen Duft der Wiesen einathmen,
als nach dem K un stv er eins l okol oder dem Salon
Sachse's wandern. Ist eS da einem armen Kritiker zu
verdenken, wenn er mit einem gewissen Groll auf die
Werke Derer blickt, welche ihm solche Tortur auferlegen
und eine doppelt ernsthafte Kenner- und Richtermiene auf-
steckt, sobald er nur die Schwelle genannter „Kunsttempel"
überschreitet? Glücklicher Weise ist der erstere Kunsttem-
pel geschloffen, und der zweite der Art ausgestattet, daß
er vielfach Entschädigung bietet. Selbst der Humor findet
dabei seine Rechnung, und das ist am wenigsten gering
anzuschlagen.

Namentlich hat diesen erheiternden Eindruck ein Bild
von Schwcmminger auf uns gemacht, das den Titel
führt „Wie Siegfried von Chriemhilden Abschied nimmt";
ein gar rührhaftes Stückchen gemalter Sentimentalität, die
lebhaft an die gute alte düsseldorfer Romantik erinnert,
nur noch süßlicher, glatter, flacher — und ohne Spur von
jener treuherzigen Naivität, welche „Goldschmied's Töch-
terlein" und ähnliche Bilder der damaligen Zeit charakte-
risirt. Dabei tritt dies Bild mit einer gewissen Präten-
sion auf, welche sich schon in der Disposition zeigt, indem
das Mittelbild von acht kleineren Darstellungen umgeben
und das Ganze in einen schön gegliederten Rahmen mit
betreffenden Emblemen eingeschlosien ist. — Bon den übri-
gen Figurenbildern erwähnen wir nur ungern Hüntcn's
„Erstürmung der Düppeler Schanze No. 6". Denn wenn
wir, unserm Standpunkt gemäß, welcher sich nur mit dem
Darstellungsgegcnstande als künstlerischem Vorwurf zu
beschäftigen hat und für den die patriotische Pointe kein
Gewicht in die Waaschaale der Beurtheilung legen darf,
uns nur auf eine Abschätzung des künstlerischen Werthes
beschränken, so ist zwar zu bemerken, daß bei der Schwie-
rigkeit, solchen rein militairischen Motiven eine künstlerische

Wilkie, Turner und andere ältere und neuere Meister
der italiänischen, deutschen, englischen und französichen
Malerei. Das nördliche Feld ist der „Architektur",
das westliche der „Skulptur" gewidmet mit deren deko-
rativer Ausführung Bildhauer Philipps betraut worden.
Die Königin ninimt an dem Fortgange des großen Werkes,
welches das Andenken betrauerten Gemahls ehren soll,
innigen Antheil und stattet den Künstlern von Zeit zu
Zeit Besuche in ihren Ateliers ab. —

Rom. — In der hiesigen Künstausstellung ist gegen-
wärtig eine im Aufträge des Marchese Pepoli für den
Kirchhof von Bolognna vom Bildhauer Vela gefertigte
Statue Joachim Murat's ausgestellt, welche als eines
der besten Meisterwerke der modernen Bildhauerkunst be-
zeichnet wird. Vela hat nicht ganz fünf Monat daran
gearbeitet.

-Auf einer Besitzung des Prinzen Tvrlonia im

Kirchenstaate sind zwei überlebensgroße Statuen, eine
Muse und ein Aesculap, ausgegraben worden, die man
als vortreffliche Kunstwerke rühmt.

-Kritik.

Kunstschau.

Seite oder überhaupt Geschmack abzugewinnen, immerhin
die Geschicklichkeit der Disposition und die Solidität der
Durchführung große Anerkennung verdient, jedoch darf
auch nicht verschwiegen werden, daß der Werth eines sol-
chen Bildes als Kunstwerks immerhin nur ein sehr rela-
tiver sein kann. Hier zum Beispiel würde jedem Unbe-
fangenen, der von Düppel nichts weiß oder der sich nicht
dafür interessirt (was allerdings ein großes patriotisches,
nicht aber ein künstlerisches Vergehen wäre), der geschil-
derte Vorgang als ein ziemlich zusammenhangsloses Durch-
einander von Soldaten, die sämmtlich in einem mehr oder
weniger nngraziösen Wettlauf nach der Spitze eines kleinen
Hügels begriffen sind, erscheinen. Ob dies nun ein bloßes
Scheinmanöver oder bitterer Ernst ist, würde man an sich
nicht erkennen, wenn nicht hie und da Blutflecken am Bo-
den und Getödtete das letztere andeuteten. Aber die furcht-
bare Wirklichkeit, mit welcher die Action selbst, einschließ-
lich des Wuthgeschrei's der Stürmenden und der Verthei-
diger, des Knatterns des Gewehrfeuers und des Gebrülls
vom schweren Geschütz — denn Alles dies gehört zum
Totaleindruck — auf den Theilnehmer wirken würde, kann
auf solchem Bilde nicht im Entferntesten zum Ausdruck kom-
men. Im günstigsten Falle^ und wenn das Bild selbst mit
stereoskopischer Treue eine Schilderung des Vorgangs (was
bekanntlich nie der Fall ist, weil cs einfach unmöglich wäre),
gäbe, bleibt es doch ein Duodez - Erinnerungsblättchen
für Den, welcher die Wirklichkeit mit erlebte, erregt aber
bei jedem Andern eine bis zur Schattenhaftigkeit abge-
schwächte und darum unrichtige Vorstellung von der Sache
selbst. — Man komme uns nicht mit dem Einwurf, daß
der Künstler einen Auftrag erfüllt habe, an den in Bezug
auf den Moment der Handlung, auf die anzubringenden
Portraits u. s. f.. Bestimmungen geknüpft waren, nach
denen er sich zu richten hatte.' Dies mag den Künstler,
wenn man will, nimmermehr aber das Kunstwerk rechtfer-
tigen. Hiezu kommt, daß gerade durch solche Bestimmun-
gen die Aufmerksamkeit des Künstlers von dem künstlerisch
Wesentlichen ab auf das militärisch Wesentliche gelenkt,
und er außerdem in der Freiheit der Konception auf fühl-
bare Weise beschränkt wird. — Folgt nun hieraus, daß
militärische Motive, Schlachtscenen und dergleichen, über-
haupt keine Vorwürfe für die künstlerische Darstellung ab-
geben? Wenn sie gewissermaaßen nur porlraitartige Pro-
spekte der Action und der daran Betheiligten sein sollen,
gewiß. Aber es giebt noch eine andere Weise, dergleichen
Motive zu behandeln, — nämlich in der Form einer
prägnanten Episode. In solcher Episode, welche ir-
 
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