Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 10.1865

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13555#0230

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
120

nicht deutlich genug ausgesprochen, weil die ursprüngliche Natur
dieser Formen durch den Hinzutritt des Zufälligen" (richtig! da-
durch werden sie nämlich grade von der Naturidee entfernt, d. h.
gemein und häßlich) „oft unkenntlich geworden, weshalb er" —
sie von diesem gemeinen Zufälligen etwa befreite, d. h. sie idea-
listrte? mit Nichten — „auch die gemeinen Formen noch
übertrieb, (um dadurch) die Naturabsicht und mit
dieser die Ideen zu verdeutlichen, durch deren einheit-
liche lebensvolle Verbindung das Schöne erwächst". — Also,
die Absicht der Natur ist ursprünglich auf das möglichst Ge-
meine gerichtet, leider kann sie es niemals ganz erreichen und wird
dadurch meist etwas weniger gemein, «US sie möchte. Diesem
Mangel an Gemeinheit sucht nun, nach des Verf.'s Ansicht,
Rubens abzuhelfen. Ganz naiv versichert uns dann (S. 205)
der Vers.: „Beiden Meistern ist der höchste Zweck der Kunst

die Schönheit".und „aus der dargethanen Art und Weise

ihrer Auffassung der Natur geht hervor, daß ihre Kunstwerke
das, was sie sind, nur erst durch den klaren Begriff der
Idealität geworden sind, und daß es überhaupt ohne Idea-
lität, durch welche erst der Hauptzweck der Kunst erreicht wer-
den kann, keine Kunst giebt." Das Letztere ist allerdings richtig.

lieber das Voraufgehende ist wohl nicht nöthig Weiteres zu be-
merken. Auf die Gefahr hin, zu „jener Schaar von Schöngeistern
und Halbkennern" (S. 281) gerechnet zu werden, „die zwar die
Forderung der Idealität fortwährend im Munde führen, aber
nicht im Stande sind, in die Tiefe einer bildnerischen Idee ein-
zudringen" , fühlen wir uns gedrungen, diese ganze Phrasen-
kombination über die „Schönheit des Häßlichen und Gemeinen"
für eitel L-ophismus und die daraus gezogenen Schlüsse für
Widersinn zu erklären. Wir wissen sehr wohl, wo Hr. Unger
mit seinem „Häßlichen" hinanswill: er zielt auf das Charak-
teristische und will diesem gegen das hohle Pathos inhalts-
losen Jdealisirens, wie es sich im Elekcitismus der späteren
Italiener breit machte, zu seinem Recht verhelfen. Aber sein
Weg ist ebenso falsch, wie seine Darstellungsweise paradox und
prätentiös, ganz abgesehen von dem Mangel aller einfachster
Logik des Beweisens.

Wir wollen hiemit unsre Betrachtung seiner Gedanken über
die älteren Meister schließen und behalten uns für später vor, noch
einige Worte über seine Auffassung einiger neuerer Meister, die
den Schluß seines Buches bildet, zu sagen. Er bespricht dieselbe
in folgender Reihenfolge: Menzel, Feuerbach, Cornelius,
Karl Becker, Magnus, G. Richter, Ed. Hildebrandt,
L. v. Hagn und Wilhelm Gentz. Warum er gerade diese
.wählte, geht aus dem Schluß seiner Vorrede hervor, wo er
bemerkt, haß er sich „vorläufig nur auf diejenigen beschränke,
deren Werke ihm zugänglich waren", und daß „einer gleichen
Behandlung später nur diejenigen Vorbehalten sein können, die
ihm bei einer stilvollen Behandlung eine so weit reichende An-
schauung ihrer Werke gewähren, als es bereits bei jener der Fall
war." Ein eingehendes Urtheil über diese „Behandlung" wollen
wir, wie gesagt, bis jetzt noch zurückhaltcn, doch können wir nicht
umhin zu bemerken, daß wenn der Verf., u,ie nur cs mehrfach
nachgewiesen, sich mit dem Geist der a l t en M e ist er aufs Innigste
befreundet und sich in denselben eingelcbt hat, ein gleiches Ver-
ständuiß in Bezug auf die neueren Meister im Allgemeinen bei
ihm nicht vorhanden ist. Dr. Max Schasler.

Lehrbuch der Perspektive für bildende Künstler. Von

Otto Gennerich. Mit 101 in den Text gedruckten

Holzschnitten und einem Atlas, 28 lithvgraphirte Tafeln

enthaltend. (Leipzig, F. A. Brockhaus 1865.)

Das vorliegende Werk faßt — im Unterschiede von den bis-

herigen Lehrbüchern —^seinen Gegenstand insofern tiefer, als eö
die Hülfswissenschaften der Perspektive, namentlich die Optik,
welche cs im Gegensatz zur Linear-Perspektivc mit dem
Ausdruck „Luft-Perspektive" bezeichnet, sehr ausführlich, nämlich
auf 76 S. behandelt. Der Vers, entwickelt darin einerseits die Ge-
setze der Lichtwirkung, andrerseits die des Sehens. Dieser Um-
stand, und sodann die weniger die Praxis als die abstrakte
Theorie berücksichtigende Darstellungsweise des Ganzen verleiht
gewiß dem Werke einen in's Gewicht fallenden wissenschaftlichen
Werth. Ob aber damit der Titel „Lehrbuch der Perspektive für
bildende Künstler" stimmt, möchten wir fast bezweifeln.
Schwerlich möchte sich ein Künstler, außer wer die Perspektive
als Wissenschaft zum Gegenstände eines specicllen Studiums
macht, dazu entschließen, dies Werk durchzustudircn, noch viel we-
niger wäre er im Staude sein, es zu verstehen, weil es vor allen
Dingen eine so bedeutende Menge mathematischer Vorkenntnisse
voraussetzt, wie sie wohl kaum Einem unter Tausenden zu Ge-
bäre steht.

In der Vorrede bemerkt der Verf., daß seit Lamb ert's in
der Mitte des vorigen Jahrhunderts erschienenen Buche: „Per-
spective affrancMe de l’embarras du plan geometral“ nichts
erschienen sei, welches ihm Bedenken zur Abfassung eines
neuen Werkes hätte geben können; eher Ermuthigung. Indessen
hatte er immerhin, theils der Billigkeit halber, theils um zu
beweisen, daß ihm die Literatur in diesem Fache nicht fremd
geblieben, die neuesten Hauptwerke über Perspektive anführen
können.

Eine eingehende Kritik seines Werkes liegt außerhalb unserer
Absicht, und würde uns viel zu weit führen. Wir hätten Manches
in Betreff seiner „Optik" zu bemerken, wollen uns jedoch auf
ein paar Bemerkungen über einzelne Punkte des Hauptinhalts
seines Werkes beschränken. — Auf S. IX der Vorrede äußert der
Verfasser, daß „die Hülfskonstructionen, welche es ermöglichen,
daß man die perspektivische Konstrnction durchaus innerhalb der
Grenzen der gewählten Bildfläche, ohne Benutzung außerhalb
derselben liegender Hülfspunkte, ausführen kann, und auf deren
praktische Anwendung in einem neueren Werke das Hauptgewicht
gelegt ist, ihm (dem Verf.) nur als weniger wesentliche Hülssmittel
erscheinen können. Denn da ein gewissenhafter Künstler die
Grenzen seiner Bildfläche überhaupt erst nach der Konstrue»
tion der Perspektive ihres Inhaltes definitiv festzustellen vermag,
ist er schon dadurch in dem Falle, die Konstrnction zuvor auf
einer andern als der eigentlichen Bildflüche vornehmen müssen,
und hat er es dabei in der Hand, durch Ausführung derselben
im kleineren Maaßstabc, einem großen Theile jener keineswegs
schwer aufzufassenden, wohl aber außerordentlich umständlichen
Hülfskonstruction aus dem Wege zu gehen." Von dieser Ansicht
geleitet, geht nun der Vers, zu den alten Konftructionen, welche
die Bildfläche beliebig überschreiten, zurück, indem er nicht in
Betracht zieht, daß die meisten Bilder unserer jetzigen Künstler
ganz anders entstehen wie er voranssetzt, da sie in Wirklichkeit
meist ohne voransgehenden Carton gleich auf der Leinewand ent-
worfen, die perspektivischen Linien flüchtig angedcutet und dann
erst auf der Bildfläche berichtigt und den Figuren angepaßt
werden. Die Konftructionen müssen also auf dem Bilde selbst
vorgenommen werden, Da nun die außer dem Bilde liegenden
Hülfspunkte dem Künstler große Schwierigkeiten darbieten, so
müßte in einem neuen perspektivischen Lehrbuch gerade ein Haupt-
gewicht darauf gelegt werden, zu zeigen, wie die Konftructionen
innerhalb des Bildes zu machen seien, und es genügt nicht, zu
diesem Zwecke nur nebenbei einige Mittel anzugeben.

(Schluß folgt.)

In der permanenten Hemätde-Uusstellung v°» Sachse & Ho.,

Berlin, befindet sich jetzt eine der schönsten Arbeiten des verstorbenen Alex. Calamc,
das große Gemälde: „Der Montblanc vom Chamounythale aus", zum Verkauf. Kunst-
Vereine und Inhaber von Galerien, für welche dieses Hauptwerk eine höchste Zierde
stets sein wird, sind eingcladeu, Kaufgebote an die obengenannte Firma zu richten.

Als Kunstwerke ersten Ranges für Galerien geeignet, werden ferner offerirt:
Professor Ed. Ender, Wien: „Das Ei des Columbus"; E. Bodom, Düsseldorf:
l,Norwegische Landschaft"; Eugene Jfabey: „Mittelalterlicher Ritterhof." [256]

W. A. Lantz & Co.

Depositeurs des couleurs de Mss. Clieual
ä Paris et Windsor & Newton äLondres

— 22. Leipziger-Straße 22. —
empfehlen ihr aufs Beste assortirtes Lager
von Maler- und Zeichnen-Utensilien, Bu-
reau- und Luxus-Gegenständen, sowie
aller auf die Kunst bezüglichen Artikel.

[1051 Commission & Exportation.

Kommissions-Verlag der Nicolai'scheu Verlags-Buchhandlung in Berlin. ((6. Parthey) — Druck von G. Bernstein in Berlin.
 
Annotationen