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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 10.1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.13555#0256

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246

Diese aber ist hier die Plastik oder das Surrogat dafür,
die Carton-Zeichnung.

Immer und immer wieder müssen wir auf die ästhetische
Wahrheit zurückkommen, daß das Alterthum unmalerisch
ist; und zwar aus zwei Gründen: einmal aus dem ideellen
Grunde, weil die mythologischen Motive für die Hellenen
eine ganz andere Unmittelbarkeit poetischer Wahrheit hatten
als dies für uns möglich ist; sodann weil der ganze For-
menorganismus der Antike bis auf die kleinste Falte der
Gewandung herab ein plastischer ist, und zwar so sehr,
daß durch die Hinzuthat der Farbe die Darstellung zopfig
und unnatürlich erscheint, mag sie an sich noch so vollendet
erscheinen. — Man halte uns nicht entgegen, daß die
Alten ja selber Malerei gehabt, ja sogar ihre plastischen
Werke bemalt haben. Das letztere hat in der Blüthezeit
immer nur bei denjenigen Werken stattgefunden, welche
eine mehr ornamentale Bedeutung hatten, und was ibre
Malerei betrifft, so hat sich auch diese meist auf das Or-
nament und höchstens auf den äußerlichsten Realismus
beschränkt. Nichts ist von jeher dem Schreiber dieses ab-
surder vorgekommen als jene — vorgeblich für den hohen
Kunstgrad des Meisters Zeugniß ablegende — Erzählung,
die bald von Zeuxis bald von Apolles gefabelt wird, er
habe Weintrauben und Früchte von solcher Natürlichkeit ge-

malt, daß sogar die Sperlinge gekommen seien, um daran
zu picken. Herr Hofrath F. Förster theilte kürzlich in
einer Sitzung der phisolophischen Gesellschaft die Thatsache
mit, daß eine Stute, der man ihr Füllen genommen, ein
Wiegenpferd für dasselbe gehalten habe: die ästhetischen
Sperlinge des Zeuxis mögen sich auf einem ähnlichen
pferdemäßigen Standpunkt der Kritik befunden haben.

Es wurde schon früher erwähnt, daß Gen elli ursprüng-
lich bei seinen Kompositionen von der Farbe oder doch
von Dem, was man bei der Stasfcleimalerei Kolorit nennt,
gänzlich abstrahirte und sich fast ganz auf die Zeichnung
beschränkte, höchstens dann und wann das Aquarell anwandte.
Aus seiner früheren Zeit sind als bedeutendere Blätter dieser
Art namhaft zu machen: „Hochzeitzug des Bacchus", „Apollo
unter den Hirten", wozu er wohl durch Schick's gleich-
lautende schöne Komposition veranlaßt wurde, „Der Raub
der Europa", welche er später auch gemalt hat, „Aesop
unter den Landvolk", „Homer bei den Hellenen", u. m. a.;
wozu noch einige altbiblische Motive gehören, bei denen
aber nichts weniger als ein biblischer Charakter zum Vor-
schein kam, wie „Joseph und Potiphar's Frau", „Rebekka
am Brunnen", „Simson und Delila", ja sogar eine „Ver-
treibung aus dem Paradiese".

(Forts, folgt.)

Zur heutigen Illustration: K. Kitter.

IN Jahre 1855 ist ein Buch er-
schienen, welches den Titel trägt
Celeetions from the Works of
Washington Irving. Illustrated
by Henry Kitter and Wil-
liam Camphausen, wovon
bei F. A. Brockhaus eine deut-
sche Ucbersetzung erschien, wo-
rauf die Jllustrirte Zeitung im
Mai des folgenden Jahres eine
ziemlich ausführliche Lebens-
beschreibung sowohl des Schrift-
stellers alsderbeiden Illustratio-
nen nebst ihren Bildnissen brachte.

Indem wir die letzteren re-
produciren, namentlich Camp-
haus en's wegen, dessen neueste
Leistungen auf dem Gebiet der
Schlachtenmalerei, und nament-
lich sein großes Bild der „Erstürmung der Düppler Schanze
Nr. 2", die ungetheilte Anerkennung der Kunstfreunde ge-
funden haben, fügen wir einige biographische Notizen über
die beiden Künstler hinzu, welche im Leben — denn Rit-
ter ist bereits 1853 gestorben — durch warme Freund-
schaft verbunden waren.

Henry Ritter ist zu Montreal in Canada im Jahre

— W. Kamphausen. — Wash. Irving.

1861 geboren, wo sein Vater anfangs als Hanptmann in
englischen Diensten lebte und dann mit dem dreijährigen
Knaben nach London und später nach Hamburg übersie-
delte. Nachdem der Knabe seinen ersten Kunstunterricht
von den Portraitmalern Gröger und Aldenrath empfangen,
ging er 1836 nach Düsseldorf, wo er in das Atelier C.
Sohn's eintrat. Drei Jahre später wurde ihm von der
Akademie ein Meisteratelier überwiesen. Er hatte eine
entschiedene Neigung zur Schilderung des Fischerlebens
am Strande, wozu er die Studien auf öfteren Reisen
nach den Küsten der Normandie, Hollands, Englands und
Schottlands machte. Seine Konstitution war jedoch nur
zart, so daß er anstrengende Arbeiten vermeiden mußte.
Washingtons Sketchbook hatte ihn sehr interessirt, und
so faßte er den Entschluß (1848), Illustrationen dazu zu
entwerfen. Er zog deshalb nach dem einsam gelegenen
Seeligenthal bei Siegburg und kehrte gestärkt nach Düssel-
dorf zurück. Im Jahre 1853 machte er noch eine Reise
nach London, um Wilkins kennen zu lernen, kehrte auch in
scheinbar kräftiger Gesundheit zurück. Doch ein Brustlei-
den, das ihn schon lange gepeinigt, warf ihn gegen Ende
des Jahres aufs Krankenlager und am 21. December
machte ein Blutsturz seinem Leben ein Ende. Er war
nicht im Stande gewesen, seine Zeichnungen zu Irving
zu vollenden, und übertrug diese Aufgabe, als eine
Erbschaft, an seinen Freund Camphausen, welcher sich
derselben mit Hingebung unterzog und die noch fehlenden
Zeichnungen theils nach Ritters Entwürfen, theils, wo
diese fehlten, nach eigenen Kompositionen vollendete, wo-
durch das Erscheinen des Werkes ermöglicht wurde. Zu
den bekanntesten Bildern H. Ritter's gehört „Der ertrun-
 
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