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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 17.1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.13553#0160

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(Redaction und Expedition der Dioskuren: Berlin, Landgrafenstr. 7.)

Inhalt.

Abhandlung: Wie beurtheilt man Kunstwerke? (Forts.) Lnnst-Chroriik: Lokal-Nachrichten aus Berlin, Wien, Florenz.

Korrespondenzen: 8. Wien, Ans. Mai. (Die Ausstellung des österreichischen Kunst-Institute nnd -Vereine: Welt-Ausstellung 1873 in Wien.
Kunstvereins.) — -e- Dresden, 20. April. (Der sächsische Alter- Ausstellungskalender,

thumsverein; das alte Portal der Sophienkirche u. s. f. Schluß.) — Briefkasten.

f Rom, 22. April. (Ausgrabungen.) Illustrationen: „Der Haß" und „Die Begeisterung" von K. Rahl.

Wie beurtheilt man Kunstwerke?

Eine ästhetische Studie.

(Fortsetzung.)

n Gegensatz zu der allgemeinen Berechtigung
des „Laien" zum Urtheilen kommt es nun
aber weiterhin auf die Begründung und den
.Inhalt des Urtheils an; und da stellt es sich
denn heraus, daß der Laie, weil er sich durch-
aus innerhalb der ursprünglichen, durch das
allgemeine Kunstbedürfniß angeregten Empfin-
dung hält, sich nur auf sein „Gefühl" selber
stellen kann. Sein Urtheilen beschränkt sich
also lediglich aus einen mehr oder weniger klaren Ausdruck
seiner unmittelbaren, des Grundes der Erregung sich unbewuß-
ten Empfindung. Soweit diese Empfindung sich nun rein und
unbefangen erhält, besitzt solches Empsindungsurtheil, wie schon
bemerkt, eine oft staunenswerthe Sicherheit des Taktes und trifft
oft gleichsam instinktiv das Richtige und Wahre, wenn es dieses
Wahre auch meist nur in aphoristischer Weise, so zu sagen in
der Form von Jnterjectionen kundzugeben vermag. Allein diese
Treue und Unverfälschtheit der Empfindung ist — in diesem unter
der Herrschaft der Reflexion und der Berechnung überhaupt

stehenden Zeitalter — nur bei bevorzugten Naturen zu suchen,
sie gehört der „goldnen Zeit" an, von welcher Schiller singt:

„Da nicht irrend der Sinn und treu, wie der Zeiger am Uhrwerk,

Auf das Wahrhaftige nur, nur auf das Ewige wies!"

Allein auch er setzt schon hinzu:

„Aber die glückliche Zeit ist dahin! Vermessene Willkür
Hat der getreuen Natur göttlichen Frieden zerstört.

Das geweihte Gefühl ist nicht mehr Stimme der Götter

Und das Orakel verstummt in der entarteten Brust. -

Nur in dem stilleren Selbst vernimmt es der horchende Geist noch,

Und den heiligen Sinn hütet das mystische Wort.

Hier beschwört es der Forscher, der reinen Herzens herabsteigt,

Und die verlorne Natur giebt ihm die Weisheit zurück."

Solche instinktive Sicherheit des unbefangenen Gefühls-
Urtheils — und dies liegt auch in den Schiller'schen Worten —
hat deshalb auch eine viel größere Verwandtschaft mit dem des
vernünftigen Denkens als mit dem Reflexionsurtheil des Ver-
standes, welches immer in der Auseinanderhaltung der Entgegen-
gesetzten stecken bleibt, ohne zu einer Einheit derselben zu ge-
langen; einer Einheit, welche die unbefangene reine Empfindung
 
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