Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 17.1872

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13553#0190

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
177

Wonnen hat, in diesem Buche eine unerschöpfliche Fundgrube für neue Auf-
schlüsse erblickt, und wer, ohne Italien gesehen zu haben, das Buch in die
Hand bekommt, von einer unwiderstehlichen Sehnsucht nach dem von Natur
und Kunst am reichsten ausgestatteten Lande der Erde ergriffen wird.
Was aber den Nutzen des Buches noch bedeutend erhöht, ist, daß während
bekanntlich Förster und Bädeker als veranschaulichende Beigaben nur

einige Karten und viele Stadtpläne haben, Gsell-Fels die Zahl der letzterem
zwar um einige weniger bedeutende vermindert, dagegen eine Menge sehu
nothwendiger Grundrisse von Kirchen und von Gemäldegallerien hinzugefügt
hat, und — was die Bücher zwar vertheuert, ihnen aber einen besonderen
Reiz und Werth verleiht — eine Menge von Veduten, theils als Holzschnitte
im Text, theils als Stahlstiche neben demselben. (Forts, folgt.)

Kunst-Institute und -Uereine.

Wclt-Äuöstcllnng 1873 in Dien.

(Fortsetzung.)

3. Spcclal-Z'rc'gramm für die Kruppe 22: Darstellung der ZSirksam-
kcit der Kunstgewerve-Mufeeu und verwandter Institute.

Zu den Bildungs-Anstalten der Neuzeit, die sich am schnellsten bewährt
haben, gehören unstreitig die Kunstgewerbe-Museen und fast jeder staatliche
Mittelpunkt besitzt schon ein derartiges Institut. Diese Thntsache allein dürfte
hinreichen, um den Versuch einer Darstellung ihrer Wirksamkeit zu recht-
fertigen.

Durch ihre Ziele sowohl als durch ihre Erfolge stehen diese Anstalten
mitten zwischen dem wirklichen Leben und den abstrakten Theorien; sie ver-
mitteln sozusagen die Vergangenheit und Zukunft unserer kunstgewerblichen
Entwickelung und mahnen unwillkürlich an die geistvolle Bemerkung eines
deutschen Gelehrten, der Ausdruck Kunst sei keineswegs aus Einer Wurzel
entstanden, vielmehr auf zwei Stammwörter zurückzuführen, auf: Kennen
und Können.

Die hervorragende Stellung, welche die moderne Kunstindustrie seit
wenigen Jahren einnimmt, liefert in der That den besten Beweis für die
Richtigkeit der angeführten Bemerkung. Wohl kann die sorgfältige Be-
handlung der verschiedenen Rohstoffe, die Verwendung sinnreich konstruirter
Maschinen Fachleute befriedigen und erfreuen; kommt aber bei all' den auf
solche Art entstandenen Erzeugnissen zur Technik nicht das Moment einer
geschmackvolleren Ausführung oder Ausschmückung hinzu, so ist man wohl
kaum berechtigt, von einer Veredlung des Gewerbes zu sprechen. Einer der
nennenswerthesten Fortschritte auf dem Gebiete des Gewerbes datirt von dem
Zeitpunkte, wo man darauf Bedacht nahm, den reichen, nur zu lange un-
benützten Kulturschatz früherer Jahrhunderte sorgfältig zusammenzustellen,
Mustersammlungen anzulegen, die von unseren emsigen Vorfahren in einzel-
nen Zweigen der Kunstindustrie und der so sorgsanr gepflegten Kleinkunst
erzielten Fortschritte wieder aufzunehmen und organisch fortzubilden.

Die technische Fertigkeit, mit der irgend ein Objekt erzeugt wird, genügt
eben nicht zur Herstellung eines den Anforderungen kunstsinniger Käufer
entsprechenden Gegenstandes; ein feines Verhältniß der zu lösenden Aufgabe,
ein richtiges Gefühl für die ihr am meisten entsprechende Form, kurz Ge-
schmack in Erfindung und Ausführung jedes Artikels sind für das gewerb-
liche Schaffen unbedingt maßgebende Faktoren geworden und ihre Berück-
sichtigung allein erhebt den Gegenstand zum Range eines kunstgewerb-
lichen, d. h. nicht blos zweckmäßigen, sondern auch den Geschmack be-
friedigenden Objektes.

Dieser Erkenntniß verdanken auch wohl zumeist jene Gewerbeschulen und
kunstgewerblichen Bildungsanstalten ihr Entstehen, welche, unter der Leitung
erprobter Kunstkenner mit stets wachsendem Erfolge dem ererbten Herkommen
gedankenloser Routine in der Thätigkeit der Gewerbetreibenden entgegen-
arbeiten.

In einem noch höheren Grade aber beruht die Gründung der Museen
für Kunstgewerbe, dieser kunstgeschichtlichen Schatzkammern, auf der richtigen
Erkenntniß des veredelnden Einflusses der Kunst auf die Industrie. Von
diesem Standpunkte aus wollen die Verdienste der ebenso reich bedachten, als
gemeinnützigen Kunstgewerbe-Museen in Paris, London, Edinburgh, Moskau,
Berlin, Stuttgart, München, Weimar, Gotha, Limoges, Lyon u. a. m. ge-
würdigt werden. An diese reihen sich dann passend jene Museen an, die
zwar nicht direkt Kunst und Kunstgewerbe fördern, die aber, indem sie wissen-
schaftliche oder statistische Zwecke verfolgen, indirekt gleichen Zwecken dienen.

Auch diese Institute sind ein Produkt der modernen Kulturbestrebungen, wie
z. B. das germanische Museum in Nürnberg, das römisch-germanische in
Mainz, das Museum Wallraff -Richartz in Köln, die Museen in Havre,
Amiens, Toulouse u. a. m.

Wie sehr diese Schöpfungen der Neuzeit dem Bedürfnisse unserer Gene-
ration entsprechen, braucht hier nicht eingehend hervorgehoben zu werden; ihr
zahlreicher Besuch, ihre eifrige Benützung, ihr bereits deutlich erkennbarer
Einfluß auf die moderne Industrie gehören zu jenen unleugbaren That-
sachen, die jeder Fachmann gern anerkennt.

Diese Museen nun werden ihrer wichtigen Aufgabe in mehrfacher Weise
gerecht.

Erstens, indem ihre mit Umsicht und Auswahl angelegten Sammlungen
dem Auge des Kundigen wie des Laien einen wahrhaft ästhetischen Anschauungs-
unterricht gewähren. In ihren Schränken, an ihren Wänden finden nur lehr-
reiche oder mustergiltige Objekte Platz. Da läßt sich die allmälige Entwick-
lung und der Fortschritt in der Erzeugung jeder Gattung von Artikeln histo-
risch verfolgen und der aufmerksame Beschauer gewinnt die Fähigkeit, den Ge-
setzen des industriellen Fortschrittes in der bezeichnten Richtung nachzugehen.
Für eitles Schaugepränge ist da kein Raum, wo, wie in diesen Anstalten,
Alles darauf hinzielt, darzulegen, wie der Werth jedes einzelnen Artikels
durch geschmackvolle Umformung des rohen Naturproduktes einer Er-
höhung fähig ist, die, weit entfernt seinen Absatz zu beeinträchtigen, diesen
im Gegentheile vermehrt.

Zweitens wirken diese Museen höchst ersprießlich durch die mit denselben
verbundenen kunstgewerblichen Fachschulen. Da findet sich das lebendige Wort
zur todten Vorlage, die Erklärung zunr Modell. Die hier beschäftigten Leh-
rer weisen ihren Schülern alle jene wesentlichen Eigenschaften nach, die jedes
Erzeugniß der Industrie, auch das zum alltäglichen Gebrauche bestimmte,
besitzen muß, um den Anforderungen eines geläuterten Schönheitssinnes zu
entsprechen. Hier lernen also die Zöglinge den Werth der in sich abge-
schlossenen Einfachheit schätzen, das Stylgesetz der Symmetrie verstehen und
anwenden und werden auf solche Weise zu Männern gebildet, die später den
Markt mit kunstgerechten Maaren versehen, d. h. mit solchen, die sich durch
verständige Gesetzmäßigkeit, durch maaßhaltenden Schmuck auszeichnen.

Alle diese so überaus nützlichen Arten der Wirksamkeit der Mu-
seen' für Kunstgewerbe nun sollen in dieser Gruppe dem großen Pu-
blikum zum ersten Male nahegelegt und dargestellt werden, und zwar in der
Weise, daß es jedem Museum überlassen bleibt, seine Ausstellung selbstständig
zu organisiren, wie der Vorstand der Anstalt es für nöthig erachtet, um das
Institut auf der Weltausstellung entsprechend zu vertreten.

Unr jedoch die Gesammtausstellung dieser Gruppe möglichst vollständig
und lehrreich zu gestalten, wäre eine vorläufige Andeutung über die Richtung,
in welcher die einzelnen Anstalten sich vorzugsweise betheiligen wollen, ebenso
zweckdienlich als erwünscht. Würde diesem Vorschläge ein geneigtes Entgegen-
kommen zu Theil, so dürste jeder Künstler und Industrielle für sein Fach
Anregung finden, und namentlich, um nur Eines hervorzuheben, die moderne
Ornamentik eine wichtige Bereicherung an neuen Motiven erfahren.

Um aber die praktische Wirksamkeit dieser Anstalten dem großen Pu-
blikum einleuchtend zu machen, ist es unerläßlich, daß die von den einzelnen
Museen veranstalteten Publikationen wenigstens in Proben, resp. einzelnen
Nummern ausgestellt werden. Wir fassen hier vorzüglich die Reproduktionen
(Gypsgüsse, galvanoplastischen Abdrücke, Photographien) und die literarisch-
 
Annotationen