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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 17.1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.13553#0370

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zu wünschen, daß dieses edle Unternehmen sich einer lebhafteren Be-
theiligung erfreute als sich bis jetzt zeigte. Namentlich dürfte das
im Interesse der jüngeren Künstler liegen; denn es ist sehr zu be-
zweifeln, daß die Erwerbsverhältnisse, dermal so überaus günstig
und zu luxuriösem Leben reizend, für alle Zeiten unverändert bleiben.

F. K. München, Ende November. (Ausstellung des
Kunstvereins. Forts.) „Hafen von Genua" von G. Schönleber
zeigt eine sonnige Vormittagsstimmung. Den Vordergrund füllen
malerische Segelboote aus, während ein Theil der Stadt im Nebel-
rauch der Ferne liegt. Das Bild ist glücklich komponirt und von
klarer schöner Lokalfarbe. — Eine ebenfalls der Marine sich zu-
neigende „Strandpartie" war von v. Malchus ausgestellt, die,
obschon sie nicht das Interesse wie Schönleben's Bild besitzt, doch
sehr anziehend vorgetragen und ebenfalls gut kolorirt ist. Nur wollte
es uns scheinen, als ob die Luft etwas skizzirt behandelt war, sehr
schön dagegen waren Meer und Strand gemalt.

W. Wex's „Gebirgslandschaft" möge denjenigen gefallen,
welche für recht schön grüne Bäume, blaue Berge, Gletscher und
andere Zuthaten einer Gebirgslandschaft Interesse haben. Wir können
solchen Dekorationen, zumal wenn sie so hart wie das Wex'sche
Bild gemalt sind, nicht den allergeringsten Beifall spenden. — Mit
dem Bilde von Ludw. Neubert geht es uns kaum anders, das-
selbe mag sich freilich ganz gut für den Farbendruck eignen und
würde wahrscheinlich als solcher sehr viele Liebhaber finden, uns
können so abgeschmackt konventionelle Alpenbilder aber nicht erfrischen.
Entschieden glücklicher war derselbe Künstler mit seiner Flachland-
schaft, in der sich eine hübsche Stimmung ausspricht. — G. See-
berger's „Partie bei Reutlingen" ist ein ganz nettes Bildchen,
aber auch nichts weiter. Die Lichter auf den Wolken sind zu hart.
— F. Ortlieb's „Rückkehr vom Jahrmärkte" zeigt einen sehr be-
merkenswerthen Fortschritt und tüchtiges Streben. Das Bild ist
gut gezeichnet und fleißig gemalt, auch in Ton klarer behandelt, als
die früheren Bilder des Künstlers. — Robiczek's „Stillvergnügt"
ist ein ansprechendes Genrebildchen von geschicktem Vortrag, das
Motiv ohne wesentlichen Inhalt. Sehr anspruchsvoll tritt die
„Lautenschlägerin" von Anna Schleh ans. „Weßhalb der große
Rahmen — möchten wir die Künstlerin fragen — bei einer einzelnen
Figur, die wenig Interesse besitzt?" Dieser Mißgriff siel uns schon
bei einem anderen vor kurzer Zeit hier ausgestellt gewesenen Bilde
derselben Künstlerin auf.

„Gestrandete an der Nordsee" von Frau B aumann-Jerichau
ist ein großes, viel gewandertes Bild. Der Stoff wird sehr leben-
dig geschildert, so daß das Gemälde nicht ohne Ergreifung wirkt.
Besonders schön ist die weibliche Figur behandelt, auf der sich denn
auch das Interesse koncentrirt. Der Vortrag läßt nichts von einer
Frauenhand sehen, zeigt sich vielmehr sehr energisch und männlich.
Kompositionell macht das Bild den Eindruck, als hätte oben die
Leinwand nicht gereicht. Der zur Thüre hereintretende Strand-
bewohner muß sich sehr bücken, einmal weil die Thüre zu niedrig,
dann, weil der Rahmen ihm beinahe unmittelbar über dem Kopfe
sich ausdehnt.

D euch ert's „Partie bei Dachau" zeigt ein sehr oft dagewese-
nes Motiv aus Münchens nächster Umgebung, das nicht ohne Ge-

schick behandelt ist und in Vortrag und Farbe entschiedenen Fortschritt
zeigt. — Louis Braun's „Ausfall vor Paris" und H. Lang's
„Attacke der Brigade Bredow in der Schlacht bei Vionville" sind
mit großem Fleiße behandelte, sehr anziehende Illustrationen aus
dem letzten Kriege. Da beide Bilder Skizzen zu größeren Bildern
sind, werden wir auf diese bei deren Ausstellung zurückkommen. —
L. Linder's „Stoffhändler auf dem Lande" ist ein sehr tiefes,
aber im Ton zu schwärzlich gehaltenes Bild. — Karge's „Allein zu
Hause" erscheint uns zu sehr auf den Verkauf gemalt, der Vortrag
ist roh, zu wenig durchgebildet. — A. Keller, einer der talent-
vollsten Schüler Romberg's, von dem wir bisher nur Bilder der
Salonmalerei sahen, stellte eine äußerst fein gestimmte Landschaft
„Seebad Wyk auf der Insel Föhr" aus. In zierlicher Silhouette
zieht sich im Mittelgründe der Badeort mit der Windmühle, bis
zum Vordergründe dehnt sich ein dürrer, trockener Grasteppich
aus, auf dem sich Badegäste in eleganter Toilette gelagert haben,
welche in außerordentlich kleinem Maaßstabe miniaturartig gemalt
und, wie es scheint, Portraits sind. Das Bild zeigt eine große
Feinheit des Gesammttones und wirkt innerhalb der hübschen
Stimmung licht und sonnig, so daß es als ein Stimmungsbild im
besten Sinne zu bezeichnen ist. — Olaf Winkler malte ein
Chiemsee-Bild und zwar ein Motiv, das wir schon unzählige Mal
von Andern dargestellt sahen. Das Laub wirkt zu grün, überhaupt
zeigt das Bad Härten im Kolorit. — Jeanne Bauck stellte eine
Winterlandschaft aus, die ganz hübsch gemalt war. — In Sommer's
„Eibsee" erblicken wir wieder eine Alpenlandschaft. Dieselbe ist besser
gemalt als frühere Bilder des Künstlers. Einen sehr stimmungs-
vollen „Spätherbst" stellte I. Wenglein aus, in dem neben
poetischer Empfindung sich zugleich das Streben nach schönem, har-
monischen Gesammtton zeigt. Ein zweites Chiemsee-Bild war von
Rud. Schiezold ausgestellt, das roh und konventionell gemalt
ist. Das Bild ist entschieden schwächer als frühere Leistungen des
Künstlers. — Als ein sehr launiges Bild ist Schaumann's „Wun-
derbar" zu bezeichnen, das noch zur größeren Geltung kommen
würde, wenn das Kolorit weniger farbig gestimmt wäre.

In der Thiermalerei war ein großes Bild „Idylle" von
R. Koller in Zürich ausgestellt, das wir besser gemalt erwartet
haben. Die Thiere sind von vorzüglicher, charakteristischer Zeichnung,
das ist aber eigentlich Alles, was wir Gutes an dem Gemälde zu
bezeichnen haben. Die Landschaft ist uninteressant, hauptsächlich
möchten wir dem Baumschlag und den Häusern einen andern Vor-
trag wünschen, die Farbe ist hart und schwer.

An Skulpturwerken ist ein „Entwurf zu einem deutschen
National-Denkmal" von Wagemüller, einem unserer talentvoll-
sten Bildhauer ausgestellt. Wenn wir recht unterrichtet sind, befand
sich derselbe bereits auf einer der berliner Ausstellungen. Ungemeiner
Reichthum der Phantasie läßt sich dem Entwurf nicht absprechen,
ebenso eine außergewöhnlich geschickte Behandlung, auch der Aufbau
des Ganzen gipfelt sich hoch und majestätisch. Als Entwurf zu
einem deutschen National-Denkmal, das den ganzen gewaltigen
Ernst, die schweren ungeheuren Kämpfe unserer jüngsten Zeit re-
präsentiren soll, können wir aber demselben ganz und gar keinen
Beifall spenden, dazu ist er mit einem Worte viel zu französisch,
zopsig und genrehaft. (Forts, folgt.)
 
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