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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 17.1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.13553#0371

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358

Aunst-Ghronik.

erlin. Im Ausstellungslokal des Künstlervereins ziehen
besonders die Portraits von Lenbach die Aufmerksam-
keit des kunstverständigen Publikums in hohem Grade
auf sich: es sind die Bildnisse von Richard Wagner,
Franz Liszt und zweier Damen, sämmtlich in jenem etwas
O'(o lederfarbenen Ton gehalten, welchen die Portraits der
älteren italienischen Meister durch die Länge der Zeit angenommen
haben. Sie erhalten dadurch neben der höchst interessanten Cha-
rakterisirung der Persönlichkeiten einen besonderen Reiz, der, gleich-
sam als haut-goüt der Malerei, für verwöhnte Geschmacksnerven
seine große Annehmlichkeit besitzen mag; was uns betrifft, so finden
wir darin mehr Künstelei als eigentliche Kunst. — Außerdem nennen
wir noch als bedeutende Werke: Gaul's „Portrait der Tragödin
Sophie Schröder", A. Weber's „Männliches Bildniß", Kauff-
mann's „Violinspieler in der Theaterschänke", Jebens „Luther"
(für die Königsstädtische Realschule gemalt), Crola's „Spielge-
fährten", Kolitz' „Landwehrmann auf Wacht"; unter den Land-
schaften: Koerner's in Hildebrandt'scher Manier gemalte „Ansicht
von Capri mit den Faraglioni-Felsen", Max Schmidt's „Abend-
landschaft", Ludwig's „Schmugglerpserd im Hochgebirge", Knab's
„Römische Landschaft", Gebhardt's „Am Stareuberger See",
G. Richter's „Sommertag" und das „Stillleben" von Auguste
Schepp.

Leipzig. Von der talentvollen Blumenmalerin Marie Remy,
Tochter des verstorbenen Prof. Remy, ist kürzlich das erste Heft
einer Folge von „Vorlagen für Blumenmalerei", zum Uebertragen
auf Papier, Holz, Marmor, Alabaster, Elfenbein, Pergament u. s. f.
(in der Arnoldischen Buchhandlung) erschienen, welches sechs Blätter
von durchweg künstlerischer Schönheit enthält: 1) Veilchen, 2) Pfir-
sich- und Aprikosenblüthen, 3) Vogel- und Kirschenzweig, 4) Nest-
und Apfelblüthenzweig, Stiefmütterchen, 5) Feldblumenstrauß, Wald-
beeren, wilde Rosen, 6) Vergißmeinnicht, Schneeglöckchen, Erdbeeren,
Wald- und Wiesenblümchen. — Sehr daukenswerth sind die auf
dem Umschlag hinzugefügten „Winke zur geeigneten Verwendung der
Vorlagen", welche die Nachbildung wesentlich erleichtern. Wir kom-
men später ausführlicher auf das hübsche Werk zurück.

Köln. Die kürzlich erschienene I-XXIVste Abtheilung des uns
vorliegenden Heberle'schen Katalogs für Kulturgeschichte und Kurio-
sitäten enthält in 2390 Nummern eine außerordentlich reiche Aus-
wahl von Druckschriften, fliegenden Blättern, Bildern, Autographen
und Monumenten. Wir lassen, da ein näheres Eingehen in das
142 Seiten umfassende Bändchen durch den Reichthum des Stoffes
unmöglich gemacht wird, hier wenigstens eine Uebersicht der einzel-
nen Unterabtheilungen der Abtheilung T, Kunst und Kunstindustrie
folgen; die Titel derselben lauten: a) Der Kaufmann, Handel, In-
dustrie, Finanzwissenschaft rc. — b) Die Hanse, die Verkehrsmittel,
die See, Schiffe, Post, Geld, Banken. — c) Erfindungen, Hand-
werk rc. — d) Die Goldschmiedekunst, Edelsteinkunde rc. — e) Das
menschliche Auge, Optik, Brille, Teleskop rc. — f) Aesthetik, Ver-
mischtes über Kunst. — g) die Malerei, das Zeichnen. — b) Die
Skulptur. — i) Die Architektur. — k) Die vervielfältigenden Künste:
Buchdruckerei, Holzschnitt, Kupferstich, Photographie rc. — 1) Orna-
mentik. — m) Anhang: Sklaverei, Armenwesen, Waisen rc. rc. (S.
auch das Inserat in dieser Nr.)

Straszburg. Wer von den vielen Besuchern des Elsasses
und seiner Hauptstadt erinnert sich nicht des bis auf die Außen-

mauern zerschossenen Museums am Kleberplatz; dessen Trümmer,
heut noch wie vor zwei Jahren in demselben Zustande, moosbe-
wachsen, vielleicht der einzig übrige Zeuge des Bombardements zu
sein scheinen! Wer fragte sich nicht, weshalb mit dem Wiederaufbau
des schönen Gebäudes, des großen Platzes beste Zierde, so lange
gezögert wird, und wie viele mögen nicht dem Munizipalrath die
Schuld daran zugeschoben haben und damit das gewiß nicht vor-
handene Bestreben, die Spuren des Bombardements zu konserviren.
Es ist Zeit, daß von geeigneter Seite Aufklärung hierüber gegeben wird.

München. Der Nestor der deutschen Kupferstecher, Johann
Adam Klein aus Nürnberg, hat am 24. Novbr. hier im Kreise
der Künstler seinen achtzigsten Geburtstag festlich begangen. Von
dem Könige wurde dem Jubelgreise die goldene Medaille für Wissen-
schaft und Kunst verliehen, und seine Staatspension von 300 auf
600 Fl. erhöht. Das freie deutsche Hochstift ernannte Klein zum
Meister, und der als Kunstfreund bekannte Kaufmann Arnold aus
Nürnberg hatte zur Feier des Tages in den Räumen des hiesigen
Kunstvereins eine in ihrer Art einzige Sammlung aller Blätter
Klein's in vorzüglichen Abdrücken ausgestellt. (Vergl. die bezügliche
Korrespondenz.)

— — Die hiesige königliche Glasmalerei-Anstalt soll aus-
gehoben werden. Diese Absicht dürfte schon längere Zeit bestehen, da
die Direktorstelle nach Ainmüller's Tode nur provisorisch besetzt
worden ist. Man läßt sich von der Ansicht leiten, daß die Glas-
malerei, die anderswo von Privaten mit bestem Erfolg betrieben
werde, auch in Bayern der Hülfe des Staats nicht mehr bedürfe.
Der Beitrag, welchen derselbe der Anstalt leistet, ist übrigens un-
bedeutend und bei gehöriger Einrichtung ließe sich sogar ein Ueber-
schuß für den Staat erzielen. Zurückgegangen ist die Anstalt in der
letzten Zeit keineswegs, wie die von ihr ausgeführten Arbeiten be-
weisen. Ein erst kürzlich vollendetes großes Gemälde für die Pauls-
kirche in London, „Die Frauen am Grabe Christi", nach einem
Carton von Schnorr, sowie das in der Ausführung begriffene
Bild „Kreuzigung Christi", nach Fortner, entsprechen dem alten
Ruhm der Anstalt in jeder Weise. (Vergl. den abhandelnden Artikel
in dieser Nro.)

Rom. Der Unterrichts-Minister beabsichtigt eine Reform der
alten päpstlichen Kunstakademie (Accademia di 8. Luca). Ursprüng-
lich im Sinne ihrer Stiftung (1478) eine Brüderschaft der Maler,
die nach dem Evangelisten Lucas den Nanien führte, nahm sie nach
der von Gregor XIII. gegebenen neuen Verfassung auch die Bild-
hauer in sich auf. Die Reform will den alten Organismus des
Instituts fortbestehen lassen, ihn aber mit einer Anzahl von akade-
mischen Lehrstühlen umgeben, auf welche die bedeutendsten italienischen
Künstler berufen werden sollen.

London. Die Königin hat dem Bildschnitzer W. G. Rogers
in Anerkennung des Einflusses, den er zum Beginn dieses Jahr-
hunderts auf die Wiederbelebung der Holzbildhauerkunst in England
ausübte, eine jährliche Pension von 50 Lstr. aus der Civilliste be-
willigt. Roger befindet sich nun in seinem 81. Lebensjahre. Sein
letztes Werk von Bedeutung war die Verzierung des Innern dev
St. Michaelskirche in Cornhill, London. Die prachtvolle Wiege,
welche Rogers auf Befehl der Königin als Symbol der Vereinigung
des Hauses Braunschweig mit dem Hause Hannover aus Buchs-
baumholz schnitzte, war auf der Londoner Ausstellung von 1851
ausgestellt.
 
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