Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 17.1872

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13553#0377

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
364

zweckmäßigen Ateliergebäudes zu bewilligen. — Zu erwähnen ist noch,
daß der dresdener Stadtrath kürzlich die Errichtung eines Sieges-
denkmals in Vorschlag gebracht hat. Dieses Monument soll auf
dem Albertsplatze zu stehen kommen und in einem 23 Meter hohen
Obelisken bestehen, der von vier großen, mit Trophäen gekrönten
Eckpyramiden umgeben ist, auf denen die Namen der dresdener
Gefallenen verzeichnet sind. Die Kosten des Denkmals sind auf
22,700 Thaler veranschlagt.

0 Brüssel, Anfang December. (Kunst-Ausstellung.
Forts, u. Schluß.) Verzeihen Sie, geehrter Herr Redakteur, daß
ich bis heute zögerte, Ihnen meinen letzten Bericht, die Skulpturen
der hiesigen Ausstellung betreffend, zu senden. — Im Vergleich zu
dem reichen Zusammenstuß der Gemälde in den oberen Sälen er-
schien Das, was an Skulpturen eingesandt war, nur gering, wenig-
stens der Zahl nach. Wie auf unseren berliner Ausstellungen er-
scheint auch hier die Theilnahme des Publikums für die Werke der
Plastik nur als eine stiefmütterliche. Das Thema, daß die Skulptur
für die Anschauung unserer modernen Zeit nichts Analoges Hervor-
bringen könne, hörte ich von verschiedenen Seiten auf die verschie-
denste Weise variiren, und sonderbar genug von Personen, die über
andere Gattungen der Kunst zu urtheilen als maaßgebend betrachtet
werden können.

Und doch boten einige Werke der Ausstellung der Skulpturen
einen Beweis gegen diese vorgefaßte Stimmung.

Drake's herrliche „Statue Rauch's" bot wahrlich die schönste
Verkörperung des Beweises, daß die Plastik, ist sie ihres idealen
Berufs nur getreu eingedenk, das Vollendetste leisten kann trotz der
Koncessionen, die diese abstrakte Kunstweise den realen Anforderungen
unserer realen Welt gegenüber machen muß. Wenn nun zwar die
Ausstellung kein zweites Werk bot, das dem Meisterwerke Drake's
in jeder Beziehung gleich zu stellen wäre, so ist doch noch als ein
Werk ersten Ranges die außerordentlich schöne, in der Weise unseres
Begas gearbeitete „Statue des Faunes" von Camille de Vercy
aus Paris zu rühmen. Ferner giebt Van derLinden de Big ne
aus Löwen in seiner Marmorstatue „Le refus“ das reizende Bild
eines nackten Knaben und in ihm, trotz des individuell Portrait-
mäßigen, das allgemein Charakteristische solchen Kindeslebens. Un-
endlich fein gefühlt ist der Trotz, welcher bei maaßvoller Bewegung
den ganzen Körper des Kleinen erfüllt. Der wahre Ausdruck dieser
einen Empfindung vom Scheitel herab zu den Füßchen erhebt dies

Kinder -Figürchen zu klassischer Wirkung. Die Behandlung des
Fleisches im Marmor ist eine bewunderungswürdige. — Von
schöner Arbeit und lieblicher Wirkung ist auch Ducaju's „A la
garde de Dieu“, Statuette in Marmor. Das Unbewußte des
Schlummers so zarten Alters ist meisterhaft gegeben. Die genre-
mäßige Beigabe des Briefes, des Päckchens, auf dem der Kopf des
Kindes ruht, das uns so als einen Findling vorgestellt wird, wünschte
ich fort. Als plastisches Werk würde es an Größe und Ein-
fachheit nur gewinnen ohne diesen Anspruch an das Mitgefühl. —
De Haen's Marmorstatue „La paix“ giebt desgleichen den Schlaf
eines schönen Knabens. — Mehrere italienische Bildhauer, vorzugs-
weise Mailänder, sandten ihre fein behandelten Marmorarbeiten
ein. Warm pulsirendes Leben vermisse ich in diesen schönen Mäd-
chen-Köpfen und -Statuen, hingegen thun diese Künstler ein Uebriges
an detaillirter Ausführung des Stofflichen, z. B. eines Tuches, eiues
Gewandes, dessen zuweilen ganz moderner Schnitt in seiner Natur-
wirklichkeit das Publikum zum Entzücken veranlaßt.

Zu diesen Künstlern zählen, durch Naivetät seiner hübschen
Kinderstatue besonders hervorragend, Pereda's „La premiere
le^on“, Kind tut Hemdchen mit Buch, das sich großer Theilnahme
zu erfreuen hatte, ferner Monzini mit seiner „Meditation“,
Argenti mit seiner Marmotstatue „Le sommeil de l’lnnoeence“,
mit seinen Büsten „La Modestie“, „l’Esperance“, so Rizzardi
mit „La Modestie“, „La Friere“.

Dieser Art der modernen Skulptur verwandt ist auch die vom
Publikum leider nur allzusehr bewunderte Gruppe Fratkin's „Un
premier enfant“. Die delaillirle Ausführung aller Nebendinge läßt
die Arbeit nicht zu einfacher plastischer Wirkung und Größe gelangen.

Man hat hier viel Rühmms von einer allerdings originellen
Statue in Gyps von van der Stappen, „La Charmeuse“, ge-
macht. Für mich blieb sie bis zunt letzten Augenblick das unendlich
sinnlich und realistisch erfaßte und wiedergegebene Portrait eines
Modells. Geschickt zu modelliren versteht van der Steppen. Carlier
Belleuse's „Büste des Exkaisers der Franzosen" in bronzirtem
Gyps ist eine gediegene Arbeit des renommirtem pariser Künstlers.

Wenn ich es bei Aufzählung dieser Werke hiermit bewenden
lasse, so ist der Grund davon der, daß ich das Hervorragendste
hiermit genannt habe. Sußmanu's „Fecheur napolitain avant
le ehaut“, Statue in Gyps, wäre allenfalls noch zu erwähnen, doch
leider als ein nur allzu konventionell gehaltenes Werk.

KunA-Hhronik,

erlin. Nach althergebrachter Gewohnheit hat auch in
diesem Jahre der hiesige „Künstler-Unterstützungs-Verein"
zu Gunsten seiner hilfsbedürftigen Mitglieder und deren
Hinterbliebenen im langen Saal des Akademiegebäudes
eine Weihnachtsausstellung von Transparent-
gemälden mit Gesangbegleitung des königlichen Dom-
chors veranstaltet, welche folgende Darstellungen enthalten: 1) „Ver-
kündigung Mariä" nach Baroccio, gemalt von C. Arnoldt;
2) „Anbetung der Hirten" (Die Nacht) nach Correggio, gemalt von
E. Bublitz; 3) „Der Traum der heiligen drei Könige" nach C.
Begas; 4) „Ruhe in Aegypten" nach Correggio, gemalt von E.
Hancke; 5) „Die heilige Familie" (Die Perle) nach Raphael, ge-
malt von C. Breitbach; 6) „Die heilige Drei-Einigkeit" nach
Murillo, gemalt von G. Feckert.

Köln. Die Antikensammlung des städtischen Museums ist vor
Kurzem durch den Torso eines Skulptur-Werks bereichert worden,
welches unter den am Rhein ausgegrabenen römischen Bildhauer-

arbeiten einen hervorragenden Platz einimmt. Wenn die Arbeit
sich auch nicht durch künstlerische Vollendung, meisterhafte Durch-
führung, Feinheit des Siyls und edle Auffassung auszeichnet, so be-
kundet doch die Behandlung der Gewandung und des Faltenwurfs
die Hand eines Meisters, bei dem die Traditionen und die Erinne-
rungen der guten klassischen römischen Kunst noch lebendig waren
und dessen Meißel von guten Vorbildern geleitet wurde. Die Figur,
die etwa einen Meter hoch war, besteht aus feinem Jmakalk. Der
Kopf und der rechte Arm fehlen. Mit dem linken Fuß tritt die
weibliche Gestalt auf einen Ochsenkopf; in der linken Hand trägt
sie eine Schale mit Früchten. Die Schlange, welche sich um den
linken Arm windet, scheint mit ihrem Kopfe bis zu der Schale,
welche die Figur wahrscheinlich in der rechten Hand trug, gereicht
zu haben. Die Skulptur ist an der Altenburg, wo man im ver-
flossenen Sommer die Substructionen des südlich vor der colonia
Agrippinensis gelegenen castrum aufgedeckt hat, ausgegraben worden.
Sie scheint als Dekoration des Außeubaues in einer Nische gestanden
 
Annotationen