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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 5.1899

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Heft 2 (November)
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Wilser, Ludwig: Germanischer Stil und deutsche Kunst, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6697#0134

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Germanischer Stil und deutsche Kirnst.

10g

J. REUTERS—BERLIN-WILMERSDORF. Skizze.
Brücken-Thor mit Thurm.

heit in Kraft zu erhalten«. Der nordische
Holzbau eignet sich trefflich für Garten-
und Landhäuser, Wartehallen, Aussichts-
häuschen, Bergwirthschaften und — unser
Kaiser ist darin in Rominten mit gutem Bei-
spiel vorangegangen — Jagdschlösschen, der
normannische Dachstuhl, den man der Neu-
zeit entsprechend mit Eisenwerk verbinden
könnte, ganz ausgezeichnet für Festsäle und
- der guten Akustik wegen — für Ton-
hallen. In geschmackvoller Weise bemalt,
gewährt ein solch offener Dachstuhl einen
prächtigen und stimmungsvollen Anblick.
Der romanische Steinbau empfiehlt sich für
Kirchen, besonders protestantische, und
grössere öffentliche Bauten; er ist ganz
geschaffen dazu, sich mit dem Reiz der
Farbe zu verbinden. Der Gothik würden

die Gotteshäuser vorbehalten bleiben. — In
germanischem Stil bei moderner Neudeutung
lassen sich reizvolle Kleingeräthe, Schmuck-
sachen, Stickereien herstellen.

Wir sind selbstverständlich nicht der
Ansicht, unsere Künstler und Kunsthand-
werker sollten gedankenlose, sklavische
Nachahmer des alten Stils werden. Sie
sollen an ihm nur lernen, aus seiner Formen-
fülle schöpfen und ihre Erfindungskraft
üben. Hat doch unsere altehrwürdige Volks-
kunst den grossen Vorzug, dass sie nicht
in starre Formen, in enge Schranken bannt,
sondern der Einbildungskraft, dem Geschmack
des Einzelnen volle Freiheit lässt. In einem
romanischen Dom ist kein Säulenknauf, kein
Thürbogen dem andern gleich, und doch

J. REUTERS—BERLIN-WILMERSDORF, Skizze.

1900. II 7.
 
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