Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 12.1903

DOI article:
Greiner, Daniel: Joseph Sattler und seine Werke
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.6693#0145

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
436

Dr. Danfei örefner-Berlin:

Jofepb Saftler.

Bücber=3eicben.

gäbe an bas Kleine, ihre intime Sorgfalt ber
Darfteilung, ihr köftlicrjer fjumor, ihre Innig-
keit, alles bas mußte Sattler ganz befonbers
anziehen, ereil biefe 3üge feinem eigenen
TOefen enffpradjen.

Sehr günftig für biefe Anlehnung an
bie alten JTleifter roar Sattler's entfehiebene
TTeigung zu hiftorifchen Stubien. Der Künftler
hat etroas uon einem 6efchichts=For(cher in
fich. ITIit emfigem Fleiß unb anfcljeinenb
großer Freube roeiß er fich zu uertiefen in
alte Chroniken unb Folianten. Cr ift babei
nicht Dilettant, fluch hierin leiftet er fjer-
norragenbes. Cs ift roohl kein Künftler ber
Gegenwart fo innig Dertraut mit ben Kultur-
Uerhältniffen bes beutfehen Mittelalters unb
ber Renaiffance roie ber Schöpfer ber „Bilber
aus bem Bauern=Krieg", ber „IDiebertäufer"
unb ber glänzenben llluftrationen zu „fj.Boos,
Gefdjichte ber rheinifchen Stäbte = Kultur".
Dabei intereffiert ihn hauptfächlich ber TFIenfch
jener Tage, fein Denken unb Cmpfinben, bie
Sitten unb Gebräuche, in benen er fiel] äußert.
Das Thun unb Treiben Dergangener Tage
tritt mit creifbarer Deutlichkeit nor fein
fchauenbes Künftler=fluge. Buch nicht bie

kleinften 3üge entgehen ihm unb roie oer-
fteht er es, fie treffenb bem großen öefamt-
Karakter als notroenbigen Bau=Stein ein-
zufügen. Zs zeigt fich babei ber benkenbe
Künftler, bem bas Denken, Grübeln unb
Forfchen, bie innere Cogik ber Dinge unb
bes Gefchehens aufzubecken unb ficher zu
erfaffen zur zroeiten natur geworben ift.
Darum hat alles fjanb unb Fuß, roas aus
feiner Feber heroorgeht. TDer Sinn unb
Gebanken=Inhalt in einem Kunft=TDerke fucht,
roirb non bem TDerke Sattler Diel Genuß
haben. Bloße finien unb Strichzieherei ift
ihm einfach unmöglich, obwohl es ihm
große Freube macht, z. B. fich in bas Einien-
6eroirre eines wahren Berges oon fjobeh
Späljnen zu uertiefen, um baraus z. T. ent-
zückenbe Ornament = Tnotiue zu geroinnen,
roie in ben bekannten 3eichnungen ber
Fliegenben Blätter „Gebanken = Splitter",
„Gebanken = Späne" ober in bem Blatt
„JTTabonna mit ben fjobel = Spänen" aus
feiner früheren 3eit. nie zeichnet er etroas
Sinnlofes, roenn auch manchmal ber Gebanke
uerfteckt erfcheint unter kraufen finien unb
Strichen, roie bie Seiben = Raupe in ihrem
6efpinnfte. Selten verfällt er babei in un-
künftlerifche Bllegorifiererei. DaDor beroahrt
ihn feine fjaupt=Tugenb, feine tiefe künft-

Jofepb Sattler.

Bücben=3eicben F. C. fjaupt.
 
Annotationen