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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 33.1913-1914

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Servaes, Franz: Neue Theaterpuppen von Richard Teschner
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https://doi.org/10.11588/diglit.7011#0181

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RICHARD

TESCHNER-

WIEN.

MARIONETTE
»DIE ZAUBERIN«
IM »NACHTSTÜCK«

NEUE THEATERPUPPEN VON RICHARD TESCHNER.

Ein stiller künstlerischer Arbeiter, abseits
vom Ausstellungshumbug und Marktlärm,
hat Richard Teschner, ganz den Liebesgeboten
seiner schöpferischen Phantasie hingegeben, in
kaum zwei Jahren sein Indisches Puppentheater
sozusagen aus dem Nichts entstehen lassen.
Nicht ganz aus dem Nichts. Denn wie Hans
Effenberger im Juniheft dieser Zeitschrift be-
reits dargelegt hat, hat der Wajang, das java-
nische Schattentheater, dessen Bekanntschaft
Teschner vor zwei Sommern in Holland machte,
die entscheidende Anregung gegeben — doch
nicht etwa die erste, sondern, man darf es
ruhig sagen, die letzte. Die erste Anregung
und stille Sehnsucht stammt vielmehr aus den
Knabenjahren des Künstlers, als er wie mancher
andere deutsche Junge mit heißem Eifer sein
Puppentheater spielen ließ, allerhand dafür
zurecht bosselte und doch aus den leidigen
Schnüren einer ungeliebten Tradition sich noch
nicht herauswinden konnte. Aber die Idee
eines an Haupt und Gliedern zu reformieren-

den Puppentheaters nahm der Jüngling in die
Mannesjahre mit und mancherlei Träume span-
nen sich darüber hin. Bis endlich die javanisch-
indische Puppenwelt mit ihrer grotesken Stili-
sierung und rätselvollen Märchenseele und mit
ihren durch Stäbchen von untenher dirigierten
Bewegungen den Künstler entzückten, und ihn
sozusagen die Knöpfe von den Augen springen
ließ und seine eigene reiche Einbildungskraft
entfesselte. Unaufhaltsam, in kaum zu bändi-
gender Fülle, sproßten nun die eigenen Puppen-
gestalten aus dem so glücklich vorbereiteten
Phantasieboden hervor; erst noch im Banne
der empfangenen Anregungen, doch bald freier
und selbständiger.

Darum können wir heute schon eine zweite
Serie dieser Puppen hier reproduzieren. Wer
die Bilder der ersten Publikation hiermit ver-
gleicht, wird gewiß denselben Künstler und
denselben Stil sofort wieder erkennen, und
doch wird er der Wahrnehmung sich nicht ent-
ziehen können, daß etwas anders geworden ist.

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