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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 36.1915

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Esswein, Hermann: Frühjahrs-Ausstellung der neuen Münchner Secession
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https://doi.org/10.11588/diglit.8676#0092

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FrühjaJirs-Ausstellung der Neuen Münchner Secession.

WALTER TEUTSCH- MÜNCHEN.

GEMÄLDE »VORFRUHLINOc

sondern fast die Pflicht, sich mit starken Zeit-
einflüssen auseinander zu setzen, und der Be-
trachter hat nicht die Anregungensphäre zu
beurteilen, aus der ein Werk stammt, sondern
ganz einfach dessen Qualität. Da fand sich
denn immerhin soviel des Guten geboten, daß
ich mich angesichts des knappbemessenen
Raumes auf eine notizenhafte Erwähnung der
wichtigen Erscheinungen beschränken muß.

Bekanntlich gehen einige ältere Künstler die
Wege unserer fortschrittsfrohen Jugend mit,
ohne deshalb von eigener Art und selbständigem
Wollen abzulassen. Durch Jahre hindurch blieb
sich Max Feldbauer gleich in den Bestre-
bungen seiner malerischen Analyse, die ihm die
realistische Form seiner Bilder zerrüttet, ohne
ihm eine neue Form anderen Wertes dagegen
zugeben. Walther Pü 11 n e r dagegen zeigt
sich durch die Berührung mit der Jugend selber
verjüngt. Sein kleines Bild, das man in diesem
Hefte reproduziert findet, ist ungemein frisch
in der Farbe, auch weit straffer und, was die

Hauptsache ist, mehr von innen heraus aufge-
baut als so manches frühere Werk Püttners,
dessen ernste kräftige Art sich in letzter Zeit
mehr und mehr vergeistigt.

Auch Karl Caspar zählt heute bereits zu
den Älteren, doch scheint mir seine Form nicht
so organisch und notwendig entstanden zu sein
wie die Püttners. Sein siegflehender Moses mit
zwei brav hinzukomponierten Beiständern ist
rechtschaffen leblos und als Farbenerscheinung
eine einzige große Zufälligkeit. Die hier abge-
bildeten Mädchen am Brunnen teilen diesen
Fehler nicht. Das dumpfe Rot der Krüge und
eines Rockes, das Gelb und Grün in der Kleidung
der sich Entfernenden, die Landschaft und die
Luft der linken oberen Bildecke sind echte stark
ausgesprochene Malergedanken, denen leider
an gewissen Stellen, die sich auch in der Re-
produktion gut unterscheiden lassen, nichts
Ebenbürtiges zur Seite steht. Frau M. Caspar-
Filser gab diesmal ihr bestes mit der gold-tonig
funkelnden San Gaggio- Ansicht. Eine andere

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