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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 36.1915

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Maasz, Harry: Lübecks Ehren-Friedhof im Walde
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https://doi.org/10.11588/diglit.8676#0381

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HARRY MAASZ—LÜBECK.

BELDENGRABER IN LÜBECK.

LÜBECKS EHREN-FRIEDHOF IM WALDE.

Schon um die Wende des vorigen Jahres be-
schäftigten sich Lübecks Stadtväter mit der
Errichtung einer Ehrengrabstätte für die gefallenen
oder in hiesigen Lazaretten ihren Wunden erlegenen
Krieger. Mein erster Gedanke, eine vor den Toren
gelegene Eichengruppe dem Qestaltungsgedanken
zu Grunde zu legen, mußte nach dem Wunsche der
Mehrheit der Bevölkerung zurücktreten. Es wurde
nunmehr ein Wäldchen im Weichbilde der Stadt
für die Aufnahme des Ehrenfriedhofes ausersehen.

Zwiefach war die Möglichkeit der Lösung der
gestellten Aufgabe. Einmal forderten Bodenwellung
und Baumbestand die Behandlung der Frage in
freier ungebundener Ausdrucksform, in der Art
kleiner Friedhöfe, wo in mehr oder weniger durch-
geführter Gesetjmäßigkeit die Gräberfolge ange-
ordnet ist, wo malerische Gesichtspunkte in Rück-
sichtnahme auf den Waldbaumbestand und auf die
technische Möglichkeit der Einfügung von Gräbern
zwischen Hochstamm und Unterholz den Leitfaden
geben. Ein andermal gebot dieselbe Bodenwellung
und derselbe Baumbestand ein Schaffen nach archi-
tektonischen Gesichtspunkten-Raumbildung, Raum-
gliederung! Aus Waldboden und hochragenden
Stämmen können gewaltige Raumwirkungen ent-
stehen, die voll wunderbarster Schönheit sind, wenn

während der Holzung zwischen Höhe und Raum-
fläche in vorsichtigster Weise abgewägt wird.

In Anbetracht einer geschlossenen Wirkung,
welche die Kriegergräbergemeinschaft zu tragen
bestimmt ist, entschloß ich mich zur raumbildenden
monumentalen Ausdrucksform ; und schon die ersten
Lichtungsarbeiten im zeitigen Frühjahr, wo noch die
Bäume laublos waren und infolgedessen in ihrer Er-
scheinung an Geschlossenheit zu wünschen übrig
ließen, bestätigten mir die Richtigkeit meiner Auf-
fassung. Nachdem nunmehr die Anlage in ihren
Grundzügen fertig gestellt und die Zahl der Helden-
gräber auf 65 angewachsen ist, tritt klar hervor, daß
hier mit der Zeit im Werden und Wachsen der pflanz-
lichen Baumaterialien, aus Gräbern, Pflanzung und
Waldwänden ein einzig gewaltiges Denkmal in der
Waldesruhe erwächst. Den nachfahrenden Geschlech-
tern ein ergreifendes Erinnerungsmal aus großer
Zeit der Not und Tapferkeit und deutscher Siege.

Beim Anschauen des Grundplanes treten 3 Räume
deutlich in die Erscheinung. Der Vorhof, von
einzelnen Eichen leicht beschattet und von einer
Hainbuchenhecke umgeben; dient den Vereinen
und der Bevölkerung zur Abhaltung von Feierlich-
keiten und Zusammenkünften an vaterländischen
Gedenktagen. Der zweite ovale Raum nimmt die

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